Der Bau sucht Fachkräfte mit zahlreichen Kampagnen

Die "Erlebniswelt Baustelle" machte in Kufstein Station – 500 Kinder kamen.
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  • Die "Erlebniswelt Baustelle" machte in Kufstein Station – 500 Kinder kamen.
  • hochgeladen von Sebastian Noggler

BEZIRK/KUFSTEIN (nos). Drei Klassen der NMS Kufstein 1 sowie Volksschüler aus Ellmau, Scheffau, Radfeld, Kirchbichl, Mariastein, Kundl sowie der VS Kufstein-Zell und Kufstein-Stadt waren am 23. und 24. Mai an der Kufsteiner Wirtschaftskammer in die "Erlebniswelt Baustelle" eingetaucht. Spielerisch wurden ihnen an mehreren Stationen die vielfältigen Berufsbilder des Bau- und Baunebengewerbes vorgestellt. Bereits zum zweiten Mal ging die "Erlebniswelt" auf Tour durch die Bezirke, bei einer Maximalteilnehmerzahl von 500 Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren sei die Warteliste groß, so die Organisatoren. Nach dem Motto "wer zuerst kommt, malt zuerst", werden die Plätze vergeben.

Die Erlebniswelt Baustelle" ist dabei nur eine der vielen Kampagnen, mit denen die Wirtschaftskammer auf den herrschenden Fachkräftemangel reagieren will. Besonders im Bau- und Baunebengewerbe sei, trotz positiver Trendumkehr in den letzten Jahren, der Bedarf hoch, wie Landesinnungsobmann Anton Rieder erklärt. Jeder zweite Lehrling in Tirol werde in Betrieben der Sparte "Gewerbe und Handwerk" ausgebildet, gerade "der Bau" brauche aber ständige "Imagepflege".
"Wir brauchen eine hohe Qualität an Facharbeitern", so Rieder, "zudem stoßen nicht alle Bauprojekte auf positiven Widerhall." Darum versuche man mit Kampagnen wie der "Erlebniswelt Baustelle" bereits Kinder im Volksschulalter "für den Bau zu sensibilisieren". "In weiterer Folge haben wir intensive Kampagnen für die Mittelschüler", führt der Innungsobmann weiter aus, "und eine starke Kampagne für HTL-Absolventen. Wir brauchen auch gute Techniker!"

Das Personalthema überrage alle anderen Probleme der Sparte, wie Rieder aus zahlreichen Unternehmergesprächen mit auf den Weg bekam. Zwar konnten 2017 erstmals seit Jahren in Tirol wieder mehr neue Maurerlehrlinge eine Ausbildung beginnen und damit der Trend gedreht werden,  doch die Facharbeitersorgen beschäftigen die Unternehmer nachhaltig.
1.400 Mitgliedsbetriebe, davon 700 Ein-Personen-Unternehmen, zählen Bau- und Baunebengewerbe in Tirol, gleichzeitig würden, so Rieder, nur rund 80 Betriebe Lehrlinge ausbilden. Die Hauptlast tragen dabei die großen, so Rieder: "Rund 20 Betriebe in diesem Sektor bilden in Tirol etwa drei Viertel der Lehrlinge aus!"
Die Lehrbetriebe tun sich dabei nicht nur schwer überhaupt Nachwuchs zu finden, besonders an der Qualität hapere es oft gewaltig:

"Wenn ich heute einen Aufnahmetest machen lassen würde, hätte ich gar keine Lehrlinge mehr! Das war vor zehn Jahren noch anders. Es wird für uns nicht leichter in den Betrieben."

Insgesamt zählt der Bezirk Kufstein aktuell 567 Lehrbetriebe mit 1.568 Lehrlingen. 43 Lehrstellensuchende stehen dabei 66 offenen Stellen gegenüber, so WK-Bezirksobmann Martin Hirner.

Der Zweite Bildungsweg wird stärker

Die "klassische Lehrlingsausbildung" geht auch am Bau immer wieder zurück, weiß Rieder. "Von neun Lehrlingen, die bei uns im Betrieb aktuell in der Lehrlingsausbildung sind, kommen nur fünf über den 'klassischen' Weg'", so der Unternehmer. Der Zweite Bildungsweg bekommt immer mehr Gewicht, bringe aber auch neue Herausforderungen mit sich: "Den Zweiten Bildungsweg betreut momentan nur das BFI. Das ist uns eigentlich zu schmalspurig aufgesetzt. Wir müssen beginnen, hier selbst Programme zu entwickeln!", erklärt Rieder. Besonders bei Über-18-Jährigen habe die Sparte "ein Problem, das gelöst werden muss". "Ein über-18-jähriger Lehrling kostet mich im Unternehmen mehr als ein Polier, da hier der Hilfsarbeiter-Lohn gezahlt wird, aber gleichzeitig durch die Berufsschule hohe Ausfallzeiten anfallen. Damit habe ich um 50 Prozent höhere Lohnnebenkosten."
Gerade Schulabbrecher oder Absolventen von AHS und BHS für eine Lehre zu begeistern, sei der Sparte allerdings wichtig. "Für meinen Geschmack bekommen wir die Lehrlinge etwas zu früh in die Betriebe, ein Abschluss wie die 'mittlere Reife' wäre sehr wünschenswert", sagt Rieder.

Die gute Konjunktur und rascher steigende Löhne in Osteuropa sowie "die massiven gesetzlichen Restriktionen" sorgen dagegen am Bau auch für einen Rückgang osteuropäischer Facharbeiter, so Rieder. In manchen Gewerken tun sich damit echte Probleme auf:

"Ich bekomme keine einheimischen Eisenleger mehr, auch Trockenbauer sind in Österreich selten."

Die gängige Praxis einiger heimischer Bauunternehmer, sich über Subunternehmer günstige Fachkräfte aus Osteuropa zu besorgen, sei "eine blöde Gratwanderung", "da haben wir eine Grauzone". "Mafiöse Praktiken" seien auch in Österreich vorhanden, allerdings sei die Sache "im Westen besser". In Wien, so Rieder, würden Aufgaben wie Schalen und Betonieren zu fast 100 Prozent an Osteuropäische Trupps ausgelagert. "Die massiven gesetzlichen Restriktionen und Kontrollen greifen immer mehr", weiß Rieder.

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