AK-Chef Wieser: "Arbeit weniger besteuern"

AKNÖ-Chef Markus Wieser: "Es funktioniert nicht, dass die Abgabenlast nur am Faktor Arbeit liegt. Jeder Arbeitnehmer zahlt bis zu 46 Prozent Abgaben."
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  • AKNÖ-Chef Markus Wieser: "Es funktioniert nicht, dass die Abgabenlast nur am Faktor Arbeit liegt. Jeder Arbeitnehmer zahlt bis zu 46 Prozent Abgaben."
  • hochgeladen von Martin Rainer

Derzeit geistert ein Gespenst in den Köpfen der Menschen herum: Werden uns Roboter bald die Arbeit wegnehmen?
Überall, wo ich hinkomme, ist das ein riesen Thema. Die Leute fragen sich, ob sie da mit ihrer Qualifikation mithalten können. Sie fragen sich, ob in ihrem Alter eine Weiterbildung noch Sinn macht. Und natürlich sorgen sie sich um ihre Pensionshöhe, wenn sie am Ende nicht mehr mithalten können.

Wie kann man Angst nehmen?
Erstens muss man zuerst sagen: Jawohl, das wird so sein, dass sehr viel Neues entsteht. Das kann man nicht wegdiskutieren, das beginnt nicht morgen, das findet bereits statt. Man kann das auch nicht aufhalten. Bei dieser Entwicklung ist wichtig, dass man wirklich alle mitnimmt. Niemand darf zurückgelassen werden. Man muss für alle Jobs bereitstellen, oder eine soziale Absicherung, wenn das nicht geht.

Was sind die größten Herausforderungen dabei?
Einerseits muss man sich fragen, wie man die Menschen, die jetzt im Arbeitsprozess sind, mitnimmt. Andererseits muss man dafür sorgen, dass jene, die jetzt ins Leben treten, auf diesen Prozess vorbereitet sind. Es wäre sinnvoll, schon im Kindergarten die Neigungen, die jeder mitbringt, zu entdecken und zu entwickeln. Damit ich bereits ab der Volksschule schon weiß, in welche Richtung sich der Mensch entwickelt.

"Wenn ein Kind heute auf die Welt kommt, wird es im Schnitt über hundert Jahre alt"
-Markus Wieser

Welche Berufsgruppen werden auch in Zukunft gebraucht?
Nehmen wir Bereich Sanitär, Installation oder Elektrik. Natürlich wird es da neue Geräte geben, aber den Handwerker werden wir brauchen. Auch in der Industrie werden die Roboter nicht alle Arbeitsplätze wegrationalisieren. Es wird Bereiche geben, wo sogar mehr Arbeitskräfte gebraucht werden. Das heißt, ich habe Roboter im Einsatz und kann sogar zwei, drei Arbeitnehmer mehr einsetzen.

Was ist die Branche mit den größten Zukunftschancen?
Wenn ein Kind heute auf die Welt kommt, wird es im Schnitt über hundert Jahre alt. Dazu kommt, dass wir mehr Menschen werden. Das heißt, es sind mehr Menschen länger da. Es wird sich der Zeitraum erhöhen, wo man zum Beispiel Pflege braucht. Der Bereich Gesundheit und Pflege wird exorbitant zunehmen. Da werden Arbeitskräfte enorm gefragt sein.

Pflegekräfte sind schon gefragt, der Job ist aber unattraktiv...
Darum müssen wir schauen, dass hier nicht Arbeitszeitverdichtung und Druck zunehmen, sondern vernünftige Arbeitsbedingungen schaffen. Denn der Beruf ist an sich schön, wenn die Rahmenbedingungen passen und man ein Lächeln in die Gesichter der alten Menschen zaubern kann.

"Wenn jeder die Steuern bezahlen würde, die er muss, wär das Problem schon kleiner"
-Markus Wieser

Wie soll man das finanzieren?
Meiner Meinung nach funktioniert es nicht, dass die Abgabenlast der Finanzierung nur am Faktor Arbeit liegt. Jeder Arbeitnehmer zahlt schon jetzt 40 bis 46 Prozent Abgaben. Auch die Umsatzsteuer müssen die Konsumenten zahlen.

Also, wer soll bezahlen?
Wenn jeder die Steuern bezahlen würde, die er muss, wär das Problem schon kleiner. Was an Lohnsteuer ausständig ist, was an Sozialversicherungsbeiträgen nicht gezahlt wird, da hätten wir schon einen großen Brocken. Dann kommen jene dazu, die Lohnsteuer mit Tricks verlagern. Und jene, die aufgrund der Automatisierung eine Wertschöpfung haben, weil sie weniger Beschäftigte brauchen, die sollen höhere Abgaben zahlen.

Heißt das Maschinensteuer?
Nein, Wertschöpfungssteuer. Wenn ein Unternehmen mit 300 Arbeitsplätzen 36 Millionen Euro erwirtschaftet, hätte ich gerne, dass dieses Unternehmen weniger Abgaben zahlt, weil es Arbeit schafft. Ein anderes, das genauso 36 Millionen mit fünf Leuten erwirtschaftet, kann natürlich mehr beitragen.

Das heißt, die Multis kommen ungeschoren davon, heimische Betriebe nicht?
Nein, man muss natürlich den Druck auf die EU erhöhen. Wir erleben in Niederösterreich, dass Beschäftigung über die Ostgrenzen hinweg passiert. Das führt bei uns zu Arbeitslosigkeit. Solange es innerhalb der EU Sozialdumping gibt, wird das so sein.

"Von 100 neuen Arbeitsplätzen in Niederösterreich kommen nur acht Personen aus der Arbeitslosigkeit."
-Markus Wieser

Zuletzt gab es aber weniger Arbeitslose. Woran liegt das?
Schon in den letzten Jahren hatten wir immer mehr Jobs, aber trotzdem mehr Arbeitslose. Genau deshalb, weil es zum "Hereinarbeiten" aus dem benachbarten Ausland gekommen ist. Dass jetzt auch die Zahl der Arbeitslosen sinkt, ist sehr positiv. Trotzdem legt die Zahl der Arbeitsplätze schneller zu, als die Zahl der Arbeitslosen sinkt.

Warum ist das so?
Seit 2009 gibt es einen Trend zur Teilzeitarbeit. In der Krise haben viele Firmen auf Teilzeit umgestellt, um besser "jonglieren" zu können. Es gibt Handelsketten, die gar keine Vollzeitkräfte außer dem Filialleiter mehr haben. Das Zweite ist, in allen anderen Bundesländern gelingt es besser aus dem Arbeitsmarkt heraus die Arbeitslosigkeit zu senken.

Das verstehe ich nicht, können Sie das erklären?
Von 100 neuen Arbeitsplätzen, die in NÖ entstehen, kommen nur acht Personen aus der Arbeitslosigkeit heraus. Im Burgenland sind es 41 von 100. Die haben auch eine Grenze. Unsere Schlussfolgerung ist, dass es in Niederösterreich auch zur Verdrängung durch ausländische Arbeitskräfte kommt. Sonst könnte es nicht so sein, dass man Beschäftigung schafft, aber die Arbeitslosigkeit nicht spürbar sinkt.

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