Wolfgang Sobotka: "Würde Grenzkontrollen am liebsten morgen wieder entfernen"

"Es kann nicht sein, dass die Schlepper bestimmen, wer nach Europa kommt. Wir wollen selbst bestimmen wen wir herholen, wer Asyl braucht.", Wolfgang Sobotka im Interview mit den Bezirksblättern Niederösterreich | Foto: Markus Berger
10Bilder
  • "Es kann nicht sein, dass die Schlepper bestimmen, wer nach Europa kommt. Wir wollen selbst bestimmen wen wir herholen, wer Asyl braucht.", Wolfgang Sobotka im Interview mit den Bezirksblättern Niederösterreich
  • Foto: Markus Berger
  • hochgeladen von Oswald Hicker

Herr Minister, Sie fordern mehr Möglichkeiten zur Überwachung. Will man uns jetzt alle bespitzeln?
Wir brauchen die Möglichkeit, so wie wir die Telefonie überwachen, auch Internet-Kommunikation abzuhören. Wir überwachen ja auch nicht jedes Handy. Aber wir wollen im Anlassfall, und nur bei Kriminellen, die verschlüsselte Kommunikation auch überwachen können.

Warum ist das so wichtig?
In 80 Prozent der jüngsten spektakulären Fälle werden neue Techniken benutzt. WhatsApp oder Skype können nicht entschlüsselt werden. Inzwischen nutzen Terroristen sogar Spielzeug, wie Playstations, zur Kommunikation. Das nicht zu entschlüsseln, ist ein Anschlag auf die Sicherheit Österreichs.

Warum ist die Aufregung Ihrer Meinung nach so groß?
Weil es in Zeiten des Wahlkampfes bewusst missinterpretiert wird. Ich habe mit dem Kollegen Doskozil darüber längst eine Einigung erzielt. Aber offenbar scheint es dem SPÖ-Parlamentsclub nicht so ernst gewesen zu sein.

"Österreich hat Besseres verdient, wenn es um Sicherheit geht."
-Wolfgang Sobotka, ÖVP

Wie sind die Regelungen im Rest Europas?
Wenn wir das nicht durchsetzen, dann bleiben wir mit Staaten wie Moldawien, Bosnien und Mazedonien über. Überall anders ist es entweder bereits Standard, in der Einführungsphase oder in der Gesetzwerdungsphase. Nur bei uns nicht. Und ich denke Österreich hat Besseres verdient, wenn es um die Sicherheit geht.

Auch über die Grenzkontrollen zu den Nachbarstaaten gibt es Diskussionen. Überwiegen die Vor- oder die Nachteile?
Solange die EU nicht die Schengengrenzen sichert, braucht es nationalstaatliche Maßnahmen. Das große Defizit der Jahre 2014 und 2015 war, dass die Menschen ihr Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit verloren haben. Wenn Hunderttausende illegal kommen, durch Schlepper transportiert werden und hier ein Milliardengeschäft entsteht, dann versteht das niemand. Auch wenn wir heuer rückläufige Zahlen feststellen, dann ist das im europäischen Vergleich noch immer sehr viel. Bis August waren es 14.000 Asylanträge in Österreich, 5.000 davon sind mit Schleppern direkt hierher gekommen. Es kann nicht sein, dass die Schlepper bestimmen, wer nach Europa kommt. Wir wollen selbst bestimmen wen wir herholen, wer Asyl braucht.

Sie haben in der EU durchgesetzt, dass Österreich weiter die Grenzen sichern darf. Der politische Mitbewerb hat gesagt, das wird nicht möglich sein.
Das ist ja schon lange so. Seit Jahren fordert Sebastian Kurz Aufnahmezentren außerhalb Europas, die Schließung der Balkan- und der Mittelmeerroute. Da hieß es auch, das ist unmöglich. Und was ist passiert? Italien hat die libysche Küstenwache gestärkt. Und im Sommer gab es plötzlich wochenlang keine Toten mehr im Mittelmeer. Ich frage mich: Wo ist der Applaus all jener, die damals gesagt haben, das ist unmöglich und menschenverachtend?

Wie lange wird Österreich die Binnengrenzen noch kontrollieren?
Solange illegale Migration in erhöhtem Ausmaß stattfindet, werden wir alles daransetzen unsere Grenzen zu schützen.

"Ich würde die Grenzkontrollen am liebsten morgen wieder entfernen."
-Wolfgang Sobotka, ÖVP

Niederösterreich ist ja ein Grenzland. Viele Gebäude bei Grenzübergängen wurden verkauft. War das ein Fehler?
Keineswegs. Wir haben nicht vor, nachhaltig Binnengrenzen aufzuziehen. Wir haben nachhaltig vor, dass die EU den Schengenraum ernst nimmt und die Außengrenzen sichert.

Aber Eiserner Vorhang soll kein neuer aufgezogen werden?
Überhaupt nicht. Ich würde die Grenzkontrollen am liebsten morgen wieder entfernen und zum alten Zustand kommen.

Ist es richtig, dass Sie in Ihrer Jugend selbst gegen den Eisernen Vorhang aktiv waren?
Es war die Grenze eines Unrechtsregimes mit vielen Toten. Ich habe das selbst einmal hautnah erlebt. Ich bin irrtümlich auf tschechisches Gebiet gekommen und war 24 Stunden inhaftiert. Da weiß man wie das ist. Das hat aber mit der derzeitigen Situation nichts zu tun. Jetzt wollen wir nur wissen, wer auf unser Staatsgebiet kommt und wie der beleumundet ist.

SPNÖ-Chef Franz Schnabl war selbst Chef der Wiener Polizei. Er sagt, dass es in Niederösterreich zu viele Postenschließungen gab und dass zu viele Planstellen nicht besetzt sind...
Niederösterreich ist ein sehr gut gesichertes Land. Dass die Motivation der Polizisten hoch ist, sieht man daran, dass die Aufklärungsrate sehr hoch ist. Wir haben mehr Dienstposten als in der Vergangenheit. Und wir werden 2018 kein Ende setzen mit der Aufnahme. Ganz im Gegenteil. Alle Schulen sind voll, wir haben gerade eine Schule in St. Pölten eröffnet. Wir haben noch nie so viele Polizisten in NÖ gehabt wie zu diesem Zeitpunkt.

Konrad Kogler, der Ex-Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit ist nun Landespolizeikommandant in Niederösterreich. Warum?
Er hat vier Kinder und in seiner bisherigen Funktion war er viel im Ausland. Das war der Grund, warum er sich für den Posten in NÖ beworben hat. Wenn das für Führungskräfte gilt, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, dann gilt das auch für junge Polizisten. Auch die sollen die Möglichkeit haben, etwa wenn die Frau ein Kind bekommt, vorübergehend auf 30 Stunden zu reduzieren. Diesen Wünschen muss man Rechnung tragen. Denn diese Mitarbeiter sind dann mit besonderer Freude dabei.

Alle Infos und aktuelle Nachrichten zur Nationalratswahl 2017 findet ihr in unserem Themen-Channel.

4 Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.