Hiegelsberger: Gemeindeübergreifende Bau- und Standesämter für 10.000 Einwohner

Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern werden künftig kein eigenes Bau- oder Standesamt mehr führen, bzw. werden sie sich diese Ämter mit anderen Gemeinden teilen, kündigt Landesrat Hiegelsberger an.
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BezirksRundschau: In Oberösterreich gab es große Schäden durch den Sturm. Gibt es dafür jetzt Geld aus dem Katastrophen-Fonds oder nicht?

Max Hiegelsberger: Es gibt für die Aufarbeitung Geld, aber keine Flächenentschädigung – so wie bei der Hochwasserentschädigung. Das ist volkswirtschaftlich wesentlich, weil damit das Holz rasch aus dem Wald kommt und so anderen Gefährdungen wie Borkenkäferbefall vorgebeugt wird. Daher haben wir den Katastrophen-Fonds aufgestockt.

Die Betroffenen bekommen also Geld vom Land?
Nicht generell. Nur wenn eine erschwerte Bedingung in der Bringung gegeben ist. Jeder Fall wird bei der Bezirksforstbehörde gemeldet und einzeln angeschaut.

Wie betrifft der Klimawandel die Landwirtschaft?
Der Klimawandel betrifft die Landwirtschaft auf zwei Seiten. Einerseits haben wir eine völlig andere Verteilung der Niederschläge. In der Menge und auch zeitlich. Andererseits damit einhergehende länger andauernde Trockenheitsphasen. Diese beiden Punkte wirken sich enorm auf die Landwirtschaft aus. Die Fichte beispielsweise kommt aus höheren Lagen und kann mit den Klimaveränderungen sehr schwer leben. Mit dem Klimawandel gehen auch häufigere Stürme einher – obwohl wir da in den vergangenen Jahren wirklich verschont blieben. Räumlich begrenzt hatten wir heuer zwar schwere Schäden, aber im Gesamten keine Katastrophe. Anders ist das bei der Käferproblematik. 2003 wurde eine Karte erstellt, die zeigt, wie sich die Erwärmung auf die Wälder der Bezirke auswirken wird. Die Entwicklung entspricht eins zu eins dieser Karte. Wir wissen genau, wann und wo die nächsten Gebiete betroffen sein werden.

Wird es einen Masterplan zum Thema Flächenversiegelung in OÖ geben, wie von Rudi Anschober gefordert?
Es gibt ja von Minister Andrä Rupprechter den Masterplan für die ländliche Entwicklung. Da muss man sich auch gesamtheitlich dem Thema Flächenverbrauch zuwenden. Im öffentlichen Verkehr ist das Versiegelungsthema ja ziemlich finalisiert. Spannend wird es bei den Industriebaugebieten und bei der Landbewirtschaftung. Studien aus Deutschland besagen, dass der Boden ab 100 Millimeter Niederschlag nichts mehr aufnehmen kann – egal ob Wald, Wiese oder Acker. Das Thema Bodenversiegelung ist daher gesamtheitlich zu sehen, Einzelmaßnahmen wären hier nicht sinnvoll.

Genügt demnach der Masterplan des Bundesministers?
Es sind davon für jedes Bundesland Ableitungen zu treffen.

Bringt der Klimawandel auch Chancen für die Landwirtschaft?
Ganz eindeutig. Wir gehören so gesehen zu den Verlieren auf der einen Seite, aber auch zu den Gewinnern auf der anderen. Wir haben jetzt Niederschlagsmengen, die sehr viele Kulturen bevorzugen und trotzdem höhere Wärmesummen. Wir haben inzwischen 70 Hektar Wein und das kann sich ausweiten. Wir haben aber auch wieder 80 Hektar Nüsse. Das war lange gar nicht möglich bei uns. Es gibt also auf jeden Fall Kulturen, die durch den Klimawandel erst möglich werden.

Wie ist das im Wald?
Es geht darum, durch Mischung der Baumarten gesündere Kulturen aufzubauen. Das wird durch uns in der Beratung sehr gut unterstützt.

Ist die Digitalisierung in der Landwirtschaft bei uns ein Thema, sprich, wird es zu einer zunehmenden Automatisierung im Kuhstall kommen?
Es wird garantiert auch in der Landwirtschaft zu mehr Daten und besserer Auslese kommen müssen. Und ganz wesentlich ist, wer die Datenhoheit hat. Es kann nicht sein, dass diese dann bei Firmen hängen bleibt. Jeder Landwirt muss für sich entscheiden können, was mit den Daten geschieht. Da gibt es einen ökologischen Aspekt, nämlich weil viel genauer über die Ausbringung von Dünge- oder Pflanzenschutzmitteln entschieden werden kann.

Können da die kleinen Bauern mithalten?
Wenn wir die Landwirtschaft in dieser Struktur erhalten wollen, in den bäuerlichen Familien, dann brauchen wir Produktionsgrundlagen, die auch ein Wirtschaften ermöglichen, Stichwort Pflanzenschutz, etwa Glyphosat. Wir brauchen ein Marktgeschehen, das dem entgegenkommt. Rein liberalisierte Märkte im Lebensmittelbereich werden auf Dauer die Familienbetriebe zerstören. Ein Punkt ist auch das mentale Thema. Permanente globale Aufregung um Themen wie Pflanzenschutz oder Tierschutz sind dahingehend eine Belastung für Familienbetriebe, denn sie kommen ihren Pflichten nach und werden trotzdem kritisiert. In der Tierhaltung haben wir die Verpflichtung, die Tiere gesund zu erhalten. Beim Pflanzenschutz ist das ähnlich. Wenn mit den Pflanzenbeständen etwas passiert, hat der Landwirt die Verpflichtung, in vernünftiger Art einzugreifen und diesen Bestand gesund zu erhalten.

Ist Glyphosat notwendig?
Glyphosat hat bei uns einen ganz anderen Hintergrund. Bei der Bewirtschaftung unserer Flächen muss dafür gesorgt werden, dass nicht zu viel Abschwemmung passiert. Daher sind bei uns die Flächen inzwischen fast dauerhaft begrünt. Jetzt gibt es aber Kulturen, wo man im Frühjahr überlegen muss, ob man den Boden umbricht und pflügt, mit der Gefahr, dass man wieder größere Abschwemmungen hat, oder ob man Glyphosat einsetzt, weil man den Bestand, der über den Winter gewachsen ist, sonst nicht wegbringt. Und nur in solchen Fällen wird Glyphosat bei uns eingesetzt und das auch sehr vorsichtig. Der Landwirt muss aufgrund einer guten landwirtschaftlichen Praxis entscheiden, wie er damit umgeht.

Das heißt Landwirtschaft ohne Glyphosat wäre für Sie nicht denkbar?
Im allgemeinen Denken ist es so: „Wenn wir das wegnehmen, wird alles gut.“ Das ist aber nicht richtig. Denn was heißt das dann im Gesamten? Ein Beispiel: In den Nordländern wird das Glyphosat vor der Ernte eingesetzt. Dort würde es in gewissen Jahren keine Ernte geben, weil sie nicht rechtzeitig reif wird. Und da wird eben volkswirtschaftlich gedacht. Bei uns ist dieser Einsatz untersagt. 

Brauchen wir irgendwann keinen Bauern mehr, sondern einen Programmierer? Sprich: Ändert sich das Berufsbild?
Das Berufsbild hat sich seit Ende des Zweiten Weltkriegs permanent verändert. Die Vielfalt des Berufs ist inzwischen so groß geworden, dass heute Landwirtschaft gleich Unternehmertum ist. Die Technik wird aber niemals den Menschen ersetzen können. Überall dort wo in die Abläufe der Natur eingegriffen wird, muss der Mensch sagen, was zu tun ist. Die Technik ist immer nur Arbeitserleichterung, so wie bei einem Melkroboter, und sie dient zur Datenanalyse. In der Waldarbeit oder in der intensiven Züchtung ist immer Handarbeit gefragt. Insgesamt wird die Intensität der Auseinandersetzung mit Daten eine andere werden. In der Gesamtorganisation wird sich das aber nicht so sehr verändern.

Früher war der Lebensmittelmarkt relativ stark reglementiert, heute ist er eher liberalisiert, was auch nicht optimal ist. Wo liegt der gute Mittelweg?
Wir haben zugelassen, dass sich der Lebensmittelhandel stark auf sehr wenige konzentriert. Wettbewerbsrechtlich haben wir aber nicht zugelassen, dass sich die Anbieterseite in gewissen Strukturen daran anpasst. Zukünftig ist darauf achtzugeben, dass die Anbieterseite die Möglichkeit hat, hier strukturiert vorzugehen, das heißt, ob es Mengen gibt, die gemeinsam auf den Markt gebracht werden können. Gemeinsam auftreten also. Das ist eine wesentliche Voraussetzung, wenn wir die Produktion im Land halten wollen. In der Diskussion um die Milchpreise hat die Bundesrepublik festgestellt, dass der interne Austausch von Daten unter den Molkereien nicht unter Preisabsprache fällt. Man muss solche Instrumente in Zukunft viel mehr vorsehen, sonst wird die bäuerliche Produktion ein Problem bekommen.

Sollte man so etwas österreichweit machen oder oberösterreichweit?
Das sollte österreichweit gemacht werden, weil der Handel auch österreichweit agiert.

Also, transparente Preisabsprachen unter allen österreichischen Molkereien, um einen Mindestpreis festzulegen?
Ja, es muss eine Möglichkeit geben, das zu bündeln, wenn die Abnehmer auch gebündelt sind. Und wir brauchen bessere Planungsgrundlagen zwischen Produzenten und Verarbeitern. Ob Milch, Fleisch oder Getreide, es ist wichtig, dass wir stärker in Vertragssysteme kommen, damit wir Landwirtschaft und Verarbeiter absichern können.



Themenwechsel: Muss grundsätzlich weiter gespart und fusioniert werden bei den Gemeinden in Oberösterreich?
Fusion ist kein Allheilmittel. Fusion ist dort gut, wo viele Bereiche gemeinsam gestaltet werden können. Zum Beispiel Windischgarsten, Roßleiten, Rosenau und Edelbach: eine Pfarre, eine Feuerwehr, eine Musikkapelle, aber vier Gemeindeverwaltungen. Da wäre die Fusion ein Klassiker. Bei anderen hat man vielfach die Möglichkeit, Verwaltungskosten einzusparen, ohne die Politik „herauszuräumen“. Viele wollen ja diese Eigenständigkeit behalten und das können sie auch. Nur in der Verwaltung muss anders organisiert werden. Der Kostentreiber in den Gemeinden ist allerdings nicht die Verwaltung, sondern sind eindeutig die Krankenanstaltskosten und die Sozialbeiträge. Darauf muss in Zukunft ein Augenmerk gelegt werden.

Wird sich beim Thema Bezirks- oder Gemeindefusionen heuer noch größeres bewegen?
Von der Anzahl her nicht. Wesentlich ist da etwas anderes: Ab 1.500 Einwohnern sind Fusionen aufgrund der Verwaltungskosten sinnvoll. Umgekehrt müsste man Gemeinden mit mehr als 5.000 Einwohnern wieder zerschlagen, weil die Kosten da sehr stark ansteigen. Ein vernünftiges Maß kann über Gemeindefusion erreicht werden, aber auch nur durch einzelne Zusammenlegungen in der Verwaltung. Eines unserer Ziele ist, Bauämter und Standesämter für jeweils etwa 10.000 Einwohner gemeindeübergreifend zu führen. Zum Beispiel Pichl bei Wels mit rund 3.000 Einwohnern hat die Tätigkeit der Baubehörde bereits an Gunskirchen übergeben.

Wird das dann eine Zwangsbeglückung für die Gemeinden sein?
Da wird es schon ein System geben, wo wir sagen, in diese Richtung muss es gehen. Die Gemeinden sehen aber ein, dass das sinnvoll ist. Der Kurbezirk Bad Hall beispielsweise hat bereits selbsttätig damit angefangen.

Gibt es einen Zeitplan?
Bis zu den nächsten Landtagswahlen sollte das umgesetzt werden. Es soll aber kein sozialer Kahlschlag werden. Wenn es aufgrund von Personalveränderungen, bei Pensionierungen etwa, möglich ist, dann wird man diese Schritte setzen.

Mit wem war die Arbeit in der Regierung einfacher: mit der FPÖ oder mit den Grünen?
Im Reformbereich geht es mit den Freiheitlichen sehr gut, weil sie in der Denkweise sehr ähnlich sind, was öffentliches Geld betrifft. Auf der anderen Seite hat es viele Bereiche gegeben, bei denen wir mit den Grünen gut vorwärtsgekommen sind. Etwa der gesamte Umweltbereich. Letztendlich muss eine Koalition immer das öffentliche Geld im Fokus haben und da bin ich der festen Überzeugung, dass man mit den Freiheitlichen das Programm für OÖ sehr gut umsetzen kann.

Mehr Beiträge zur Nationalratswahl 2017 in Österreich finden Sie in unserem Themen-Channel! Fotos: BezirksRundschau/Till

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Foto: encrier/PantherMedia
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