Landesrat: "Handel ist schlitzohrig"

Max Hiegelsberger (ÖVP) ist für Land- und Forstwirtschaft und die ÖVP-geführten Gemeinden in OÖ zuständig.
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Agrarlandesrat und Gemeindereferent Max Hiegelsberger (ÖVP) findet harte Worte für den Handel. Im Interview mit der BezirksRundschau spricht er außerdem über CETA und TTIP und ob er für eine Frau seinen Regierungssitz räumen würde.

BezirksRundschau: Würden Sie heute noch einem jungen Menschen empfehlen, Landwirt zu werden?
Max Hiegelsberger: Eigentlich ja. Aber wir haben am Markt schlimme Verwerfungen und der Lebensmittelhandel nützt das schamlos aus.

Was heißt das?
Der Handel fährt ein Preisdiktat, das über die Verarbeitung letztendlich auch beim Bauern landet. Die Wertschöpfungskette funktioniert hier nicht. Der Handel muss eindeutig einen Teil vom Kuchen abgeben. Wir haben eine Konzentration bei den Lebensmittelketten: Es gibt im Grunde nur drei große Einkäufer und das Thema der Eigenmarken kommt erschwerend dazu. Die Produzenten müssen die gleichen Produkte noch mal günstiger erzeugen.

Wenn der Produzent den Preis nicht bringt, dann geht der Handel einfach woanders hin, oft ins Ausland.
Der Handel ist schlitzohrig. Heuer im Jänner war der Milchpreis sehr schlecht. Und genau da hat eine Handelskette gesagt, wenn ich die Butter nicht um diesen Preis bekomme, dann vergiss mich. Das war dann auch so. Wir haben kein Druckmittel für den Handel. Daher sind der Ausbau der Direktvermarktung, Bauernmärkte und Foodcoops eine interessante Möglichkeit.

Wir verstehen nicht, warum Sie nicht sagen: Leute, kauft keine Eigenmarken!
Wir haben viele Geringverdiener. Diese sollen in der Qualität nicht schlechter essen als andere. Es ist nicht generell verkehrt, Eigenmarken zu kaufen. Aber es ist wichtig zu wissen, dass man damit alle in der Wertschöpfungskette enorm unter Druck setzt.

TTIP und CETA: Wie erklären Sie einem Landwirt, was das bringen soll?
Nur durch die Internationalität haben wir Zugang zu neuen Märkten. Ein Beispiel: Wir erzeugen zwar in Österreich 100 Prozent des Schweinefleischs. Tatsächlich konsumieren wir davon aber nur 60 Prozent, weil die Österreicher die minderwertigen Fleischteile nicht mehr kaufen. Für diese 40 Prozent brauchen wir andere Abnehmer.

Es gibt die Befürchtung, die amerikanischen Multis überschwemmen uns.
Bei CETA ist das komplett unbegründet. Das ist seit zwei Jahren abgeschlossen. Wir bekommen eine Marktöffnung vor allem für Milchprodukte – zum Beispiel kann sich der Käse-Absatz verdoppeln. Bei TTIP ist es etwas anderes. Mit den Amerikanern ist die Situation schwieriger: In der Getreide-, Schweine- und Rinderproduktion haben sie deutliche Kostenvorsprünge. Unter diesen Umständen wird TTIP nicht kommen. Aber die USA sind ein wichtiger Handelspartner für die Landwirtschaft. Man sollte weiterverhandeln und nicht einfach alles abbrechen.

Wie schaut es derzeit bei der Fachhochschule in Reichersberg aus?
Erst kürzlich war der Bayrische Kanzleramtsminister Marcel Huber in Reichersberg. Wir richten jetzt eine länderübergreifende Arbeitsgruppe ein. Unser Ziel ist es, beim Call um die Vergabe der bundesweiten Studienplätze 2018 dabei zu sein.

Wie viele Gemeinden wird es nach der kommenden Landtagswahl geben?
Gemeindefusionen sind eine Möglichkeit, aber kein Allheilmittel. Es wird suggeriert, so die Gemeindefinanzen zu retten. Nur das hat nichts damit zu tun. Mein Zugang ist, Verwaltungsbereiche im Backoffice zu lösen. Das heißt, man räumt die Gemeinden nicht aus, sondern macht die Bearbeitung auf digitalem Weg.

Was heißt das für die Praxis?
Für mich steht die Servicequalität im Fokus. In einer kleinen Gemeinde ist es ein Wahnsinnsaufwand, wenn zwei Menschen verschiedener Nationalität heiraten. Das sollte man in größeren Gebilden, etwa in Verbänden, lösen. Da hat man Juristen und es ist rechtlich alles abgedeckt. Auch das Baurecht gehört so gelöst. In kleinen Gemeinden sind Bürgermeister und Amtsleiter für fast alles zuständig und teilweise überfordert.

Braucht zum Beispiel jede Gemeinde ein Freibad? Die Betriebskosten solcher Einrichtungen sind oft sehr hoch.
Das ist ein Punkt, wo man nicht die Gemeinde sehen darf, sondern die Region. Das betrifft nicht nur Sportanlagen, sondern auch Veranstaltungszentren oder Bauhöfe. Hier ist es vernünftiger, das nicht in der Einzelgemeinde zu lösen. Der Aufschrei in den einzelnen Gemeinden bei diesen Themen ist enorm. Aber da wird die Gesamtverantwortung nicht wahrgenommen. Letztendlich führt das regionale Denken aber zu mehr Autonomie der Gemeinden, weil es weniger Belastungen gibt.

In den letzten Wochen war der innerparteiliche Konflikt zwischen Thomas Stelzer und Michael Strugl sehr dominierend.
Diese Diskussion war genauso notwendig wie ein Kropf. Das hätte man auch woanders diskutieren können. Aber ich bin jetzt sehr froh, denn ich kenne die beiden aus der Jugend sie haben sich immer gut verstanden, und tun das auch heute noch.

Wenn Stelzer Landeshauptmann ist, wer wird sein Stellvertreter?
Ich gehe davon aus, dass das der Parteivorstand entscheiden wird. Aus derzeitiger Sicht glaube ich, dass das nur Michael Strugl sein wird.

Würden Sie für diesen Posten zur Verfügung stehen?
Selbstverständlich gehört diese Bereitschaft dazu. Das wird im Parteivorstand entschieden, aber Michael Strugl ist aus meiner Sicht der geeignete Kandidat!

Wenn es nach dem Abtritt von Landeshauptmann Pühringer zu einer Regierungsumbildung kommt: Würden Sie zugunsten einer Frau Ihren Regierungssitz räumen?
Wenn man in die Politik einsteigt, dann weiß man, dass man sich den Wählern und den Gremien stellen muss. Wenn es in der Partei zu anderen Entscheidungen kommt, ist das genau so zu akzeptieren. Nur derzeit geht man davon aus, nachdem der Landeshauptmann ausscheiden wird, dass für ihn eine Frau kommt.

Interview: Thomas Kramesberger und Rita Pfandler

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