Bischof Wilhelm Krautwaschl im Interview: Mit der Kirche neue Wege gehen

Foto: Konstantinov
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Seit drei Jahren ist Wilhelm Krautwaschl mittlerweile als Bischof schon im Amt, an Fröhlichkeit, Dynamik und Ausstrahlung hat der steirische Oberhirte nichts verloren. Man spürt, dass er Menschen mag, ja, sogar Journalisten – deren Job ist, Fragen zu stellen. Also dann:

Drei Jahre Bischof, Ihre erste Bilanz?
Ich glaube, ich bin sehr viel bei den Menschen draußen. Ich stelle mich dabei nicht selbst in den Vordergrund, es geht nicht um mich. Es geht um die Botschaft, es geht um Jesus. Und ich versuche zu vermitteln, dass ich zuhöre. Ich hoffe, die Menschen spüren das so.

Der neue Papst-Film kommt ins Kino. Werden Sie sich diesen anschauen?
Wenn ich Zeit habe, ja. Ich gehe eigentlich gerne ins Kino. Ich bin schon gespannt, wie der Film wirklich ist, er hat ja vorab schon viel Lob bekommen. Der Papst selbst wird ihn sich ja nicht anschauen, wie er schon verkündet hat.

Sind Ihre Erwartungen in Papst Franziskus erfüllt worden?

Ich kann mich noch erinnern, ich hab an diesem Tag meinen 50. Geburtstag im Augustinum gefeiert, da hat mir der Internatsleiter erzählt, wie ein junger Bursch auf den Fernsehbericht reagiert hat: "Mah, ist der geil ..." Da steckt einiges davon drin, was ihn ausmacht, wie er wirkt, wie er auf Menschen zugeht.

Authentisch, oder?

Ja, auf jeden Fall. Er ist extrem präsent, wenn man ihm begegnet. Es tut gut, dass wir einmal jemand im Petrusdienst haben, der nicht europäisch denkt, nicht so vom Kopf nach unten, nicht so strategisch. Der konkrete Mensch, die konkrete Situation steht im Mittelpunkt – und wie kann ich die Menschen in dieser Situation begleiten. Da kann man sich eine Scheibe abschneiden.

Zurück in die Steiermark: Sie haben kürzlich eine Dialogpredigt mit einer jungen Frau gehalten. Ein Signal?
Es war sicher erstmalig, dass es so etwas gab. Und es hat der Jugendsynoden-Teilnehmerin Eva Wimmer die Chance gegeben, über ihre Perspektive zu sprechen.

Auch im Hinblick auf die Rolle der Frau in der Kirche?

Ja, da wird sich in nächsten Jahren einiges bewegen. Das Thema wird auf der Tagesordnung sein, aber auch anders als üblicherweise debattiert. Eva Wimmer hat das auch deutlich gemacht, es ist weltweit ein Thema unter den Jugendlichen. Da gibt es verschiedene Themen, die überall bewegen, aber auch überall andere Lösungen benötigen.

Zum Beispiel?
Familie. Die hat in Afrika eine ganz andere Bedeutung als im europäischen Raum. Mit einem Gott, der für alle Menschen gleich ist, sind auch Themen der Gleichberechtigung, die nicht überall auf der Welt selbstverständlich ist, wesentlich. Ökologie, Armut und vieles mehr wird da von Jugendlichen aufgelistet, vieles davon ist auch in die Synode eingeflossen.

Mit welcher Konsequenz?

Das ist der zweite Punkt, der bei diesen Gesprächen aufgetaucht ist, die Frage:
Wie bringen wir diese Themen dann auch wirklich in den  Alltag unserer Ortskirchen? Aus der Synode ensteht ein schönes Dokument. Aber was das bedeutet, was es an Änderungen in der Einstellung braucht, wie man versucht Lösungen zu finden – um diese Fragen geht es dann. Und für die Jugendlichen geht es in erster Linie einmal darum, wahrgenommen zu werden. Ihre Themen und Fragestellungen sind andere, damit müssen wir umgehen. Stichwort Digitalisierung: Nutze ich sie, um Menschen zusammen zu bringen oder um sie auseinander zu dividieren?

Anderes Thema: Sie haben kürzlich drei Priester geweiht. Ein schönes Gefühl?
Ja, natürlich verbunden mit der Frage: "Was ist das für so viele", um hier das Evangelium zu zitieren. Aber wenn ich Gott zutraue, dass er etwas bewegen kann – dann bin es ja nicht nur ich und meine Leistung. (Schmunzelt.) Ich traue Gott schon zu, dass er hin und wieder eine etwas eigenartige Pädagogik hat und sich in Erinnerung ruft: Traut ihr mir? Oder traut ihr nur eurem eigenen Vermögen? Das ist sicher eine der großen Zukunftsfragen. Wir sind ganz drauf versessen, zu liefern, Lösungen zu bringen und wenn wir etwas verändern, dann wird's schon wieder so wie früher werden. Das wird es so nicht mehr spielen.

Woran machen Sie das fest?
Es gibt halt Menschen, die mit der Kirche nicht können, es gibt Andersgläubige. Das heißt für mich aber nicht, dass das was ich glaube, schlecht ist. Es heißt vielmehr, dass ich darüber nachdenke, was mich als Christ eigentlich ausmacht, diese Herausforderung will ich annehmen.

Ein missionarischer Zugang?
Ja, im positiven Sinn des Wortes. Durch Überzeugung, durch die Botschaft, nicht durch Druck.

Eine Botschaft auch für die 800-Jahr-Feier am kommenden Wochenende?
Ja, einerseits soll die Feier zeigen, dass Kirche weit vielfältiger ist, als wir uns das manchmal vorstellen. Andererseits geht es darum, dass auch die Fragestellungen der Menschen komplexer und vielfältiger geworden sind als in einer geschlossenen Gesellschaft. Und: Es soll zeigen, dass wir uns nicht zu verstecken brauchen, mit der Art und Weise wie wir versuchen, mit diesen Fragestellungen umzugehen. Da haben wir ja teilweise schon Angst gehabt.

Hat die Kirche an Selbstbewusstsein verloren?
Gegenfrage: War Selbstbewusstsein überhaupt gefragt? Wenn eh alle katholisch sind, brauche ich auch kein Selbstbewusstsein. Wir müssen jetzt aber lernen, damit umzugehen, mit verschiedenen weltkirchlichen Situationen, wo die Katholiken da und dort nur eine Minderheit sind. Was uns ausmacht, das leben wir, das ist es.

Eine Zeitenwende?
Ja, aber die kann man schon früher festmachen in Österreich, in der Zwischenkriegszeit, als wir erkennen mussten: Wir sind mitten in der Gesellschaft, aber wir sind nicht die Gesellschaft. Das wird langsam ins Bewusstsein gehoben. Wenn wir zu gewissen Themen Stellung beziehen, aus unserem Glaubensschatz heraus, wird uns das nicht immer so abgekauft. Manche schätzen uns anders ein, als wir uns selbst wahrnehmen.

Was erwarten Sie vom Fest am Wochenende?
Ich freu mich, es ist etwas Schönes, Geburtstag zu feiern. Es ist kein Abfeiern der Kirche, sondern wir leisten einen Beitrag. Zum Beispiel, indem wir ein Drittel des Budgets für soziale Zwecke ausgeben, die Kollekte geht zu Gunsten der Unwetteropfer. Es liegt uns wirklich an den Menschen.

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