Raiffeisen-Chef Martin Schaller: "Das Glas ist drei viertel voll"

Foto: Konstantinov
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Den Weltspartag bezeichnet er als "Bankfeiertag", ans Sparen hat er positive Kindheitserinnerungen, die Grundstimmung zur Lage der Nation ist eine positive: Raiffeisen-Generaldirektor Martin Schaller im großen WOCHE-Interview:

Erste Frage: Wie geht es der Raiffeisen Steiermark?
Martin Schaller: Danke der Nachfrage. Es läuft sehr gut, wir spüren den Aufschwung,  wir spüren es bei den Privatkunden und im speziellen bei den Firmenkunden. Die Nachfrage nach Investitionen und Krediten steigt, daher dürfen wir davon ausgehen, dass wir das Jahr 2017 gut abschließen werden.

Stichwort Aufschwung: Strohfeuer oder nachhaltig?
Absolut kein Strohfeuer. Wir beobachten die Anzeichen schon über einen längeren Zeitraum und wir sehen sogar, dass sich dieser Konjunktur-Erholungstrend sogar verstärkt. Wir rechnen heuer mit einem Wirtschaftswachstum, das Richtung 3 Prozent geht. Besonders erfreulich: Die Steiermark ist hier ganz vorne mit dabei! Die Industrieproduktion steigt, die Arbeitslosigkeit sinkt. Und ganz wesentlich: Die innovative Kraft der Steiermark, die sich in der Forschungs- und Entwicklungsquote zeigt, die um die 5 Prozent liegt und die uns zum Europameister der Regionen macht. Aufgrund dieser Effekte bin ich davon überzeugt, dass die konjunkturelle Dynamik anhält.

Welchen Beitrag kann Raiffeisen da leisten?
Wir können innovative Unternehmen bei Investitionen mit Beratung und Finanzierung unterstützen. Mit Unternehmen, die das können und die zu Invesitionen und Innovationen bereit sind, sind wir in der Steiermark glücklicherweise gesegnet.

Gibt es Branchen, die mehr boomen als andere?

Positiv ist, dass wir den Aufschwung querbeet in allen Branchen spüren. Herausragend sind natürlich Investionen, wie sie die Voest oder die Magna tätigen.

Wie würden Sie die aktuelle Stimmung beschreiben?

Es gab Zeiten, nach der Wirtschaftskrise, wo Firmen und Private Investitionen hintangehalten haben. Da enststeht dann ein negativer Kreislauf. Jetzt sehen wir genau den gegenteiligen Trend: Die Konjunktur kommt, die Stimmung steigt, die Investitionen werden getätigt. Das Glas ist nicht mehr halb leer, sondern zu drei Vierteln voll, es geht Richtung voll. Stimmung ist ein ganz wesentlicher Indikator: Gute Stimmung ist die halbe Konjunktur, wir sind auf dem richtigen Weg.

Wo gibt's Probleme?
Das sind die bekannten Dinge, die wie wir nicht beeinflussen können: Regularien oder sonstige gesetzliche Entscheidungen, die wir nicht nachvollziehen können. Dazu gehören das Bankomatgesetz, aber auch die Entscheidung bezüglich der Negativzinsen, beides sehen wir gänzlich anders. Aber das bringt uns nicht davon ab,  dass wir positiv in die Zukunft schauen.

Wie schätzen Sie die Zinsentwicklung ein?
Es gibt vorsichtige Signale einer Aufwärtsentwicklung. Wir fordern ja schon lange, dass man von dieser Null- oder sogar Negativzinspolitik abgeht und endlich wieder in ein normales Umfeld zurückkehrt. Wir sehen eine sehr positive Konjunktur und da sind diese Nullzinsen nicht mehr angebracht. Wir warten monatlich darauf, dass es Anzeichen bei der Europäischen Zentralbank (EZB) für eine Veränderung gibt, aber wir rechnen leider nicht, dass sich die Zinspolitik schnell ändern wird. Das Anleihenankauf-Programm der EZB müsste als erstes zurückgeführt werden, denn damit werden die Zinsen zusätzlich künstlich nach unten gedrückt. Ab dem zweiten Halbjahr 2018 könnte sich die Zinsschraube wieder nach oben drehen.

Was wünschen Sie sich von der künftigen Bundesregierung?

Dass man endlich einmal anerkennt, dass vor allem Regionalbanken einen sehr wesentlichen Input für die regionale Wirtschaft leisten. Genauso wie in allen anderen Bereichen der Wirtschaft sollte man auch bei Regionalbanken deregulieren und Bürokratie abbauen. Man kann nicht alle Banken über einen Kamm scheren, international tätige Bankenkonzerne einerseits und Regionalbanken andererseits haben gänzlich unterschiedliche Geschäftsmodelle. Als Raiffeisen Steiermark sind wir schon so überreguliert, dass uns die Regulierungskosten immer massiver betreffen. Es braucht eine differenziertere Vorgangsweise.

Ist das möglich?

Ja, es gibt kleine Pflänzchen, die für Regionalbanken andere Maßstäbe ansetzen, aber das ist noch viel zuwenig. Man könnte kleinere Banken etwa bei überbordenden Meldepflichten, verschiedensten Ausschüssen oder bei den Eigenkapitalvorschriften entlasten.

Was macht Regionalbanken so anders?
Vertrauen ist der wichtigste Punkt im Bankgeschäft – und das zeichnet uns ganz besonders aus. Wir sind diejenigen, die am nächsten am Kunden dran sind. Der Kontakt zu unseren Kunden ist ein enger und persönlicher, das ist vertrauensbildend. Und das ist viel wichtiger als überbordende Bürokratie.

Wohin geht die Reise 2018 ?
Es gibt wichtige Trends, bei denen wir ganz vorne mit dabei sind, einer davon ist die Digitalisierung. Ein Thema, das wir mit viel Optimismus beschreiten werden. Ich bin der Meinung, dass die Digitalisierung uns neue Chancen eröffnet, ich gehöre nicht zu denen, die sich davor fürchten.

Was wird neu?
Unser Elba-Internebanking steht jetzt schon bei fast 2 Millionen Usern, wir werden hier in Kürze einen Relaunch präsentieren, der das System noch benutzerfreundlicher macht. Dazu kommen Apps, die den täglichen Zahlungsverkehr erleichtern: Wir setzen da zum Beispiel auf unser neues App "Zoin", mit dem man via Internet Direktzahlungen von Handy zu Handy machen kann.

Halten die Menschen mit der digitalen Entwicklung Schritt?
Ja, aber wir müssen sie dabei unterstützen und beraten. Und wir müssen auf jene Rücksicht nehmen, die sich mit diesen Entwicklungen schwerer tun.

Wie wird sich das Filialwesen entwickeln?
Unser Selbstverständnis ist die "digitale Regionalbank". Das ist kein Widerspruch, sondern eine perfekte Ergänzung. Das Mengengeschäft wird sich Richtung online verlagern. Aber überall dort, wo wir eine höherwertige Leistung anbieten wie zum Beispiel Finanzierungen oder Veranlagungen, werden wir den persönlichen Kontakt brauchen. Wir werden unsere Bankstellen einerseits entlasten, andererseits werden sie mehr Zeit für Beratungen haben.

Was bedeutet der Weltspartag für Sie?
Er ist ein echter Evergreen, der wird immer Saison haben. Das Sparen hat nach wie vor eine wichtige Funktion, das Sparbuch ist immer noch eine der beliebtesten Anlageformen. Der Weltspartag ist für mich der höchste "Bankfeiertag", im Gegensatz zu normalen Feiertagen haben wir an diesem Tag aber geöffnet.

Gibt es eine persönliche Erinnerung an Weltspartage?
(schmunzelt) Ja, an die Sumsi natürlich, das Giebelkreuz ist mir irgendwie schon mit der Muttermilch mitgegeben worden. An meinem ersten Weltspartag als kleiner Bub war in meiner Filiale eine große Autorennbahn aufgebaut, wo man Rennen fahren konnte. Also ein sehr positiver erster Kontakt zum Bankenwesen.

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