Landesparteitag der SPÖ Wien: Mehr als Michael Häupls letzte Wiederwahl • SJ kritisiert Kern
Öffentlich ausgetragen wurde in den vergangenen Monaten der Flügelkampf innerhalb der SPÖ Wien. Am Landesparteitag soll nun wieder Einigkeit demonstriert werden. Bürgermeister Michael Häupl wird ohne Gegenkandidat als Parteivorsitzender wiedergewählt. Einzelne Kritiker stören aber die rote Idylle.
WIEN. Er wurde mit Spannung erwartet, der Landesparteitag der SPÖ Wien. Ursprünglich für Herbst angesetzt, wurde dieser auf den heutigen 29. April vorverlegt. Die heftigen Personaldebatten innerhalb der SPÖ Wien, die sich an der Frage aufhängten, wer Bürgermeister und Parteivorsitzenden Michael Häupl nachfolgen soll, werden als Grund dafür gesehen. Um Personal soll es heute aber noch nicht gehen: Gegen Michel Häupl als Landesparteivorsitzenden gibt es nämlich - außer jemand stellt sich überraschend noch auf - keinen Gegenkandidaten.
Der Parteitag hat mit Reden von Bundeskanzler Christian Kern und Michael Häupl begonnen. Für Christian Kern war es das erste Mal als Kanzler auf einem Wiener Landesparteitag. Begrüßt wurde er aber nicht nur freundlich: Mitglieder der Sozialistischen Jugend (SJ) und des Verbands Sozialistischer StudentInnen (VSSTÖ) kritisierten mit Schildern einige europapolitische und sozialpolitische Positionierungen des Kanzlers. In einer Aussendung kritisiert die Wiener SJ den Plan A, der ihrer Meinung nach undemokratische Tendenzen innerhalb der SPÖ aufzeigt. "Im Moment haben viele Mitglieder eher das Gefühl, dass sie nicht gehört werden, das zeigt sich auch an den vielen Anträgen am Wiener Landesparteitag, von denen viele eine Reaktion auf den Plan A sind“, so Vorsitzende Fiona Herzog.
Kern glaubt an Häupls ruhige Hand
Auf den Plan A hat sich auch Bundeskanzler Christian Kern selbst in seiner Rede bezogen, aber natürlich positiv. Er wies auf die im Plan A vorgelegten und von der Bundesregierung umgesetzten Beschäftigungsmaßnahmen hin.
Der Kanzler stellte dem Bürgermeister ein gutes Zeugnis aus, er habe Wien gut geführt noch lebenswerter gemacht. "Du wirst auch die Weichenstellungen für die Zukunft mit ruhiger Hand vornehmen", sagte er Häupl mit Hinblick auf die anstehende Übergabe. In seiner Rede ist Kern außerdem auf den drohenden Rechtspopulismus und aufkeimenden Antisemitismus in Europa und die Herausforderungen der europäischen Sozialdemokratie eingegangen, die in Frankreich und in den Niederlanden bei den jüngsten Wahlen schwere Niederlagen eingesteckt hätten. "Unser eigentlicher, furchtbarster Feind ist die Routine", zitiert er Viktor Adler. Vorgezogenen Neuwahlen erteilte er einmal mehr eine Absage.
Bürgermeister Michael Häupl eröffnete seine Rede mit einem Thema, das eigentlich außerhalb seiner Zuständigkeit ist: Er wünscht sich eine Wertschöpfungsabgabe und generell eine Umverteilung der Steuerlast zugunsten der Arbeit. Für Wien wünscht er sich eine Ausnahme von Infrastrukturmaßnahmen aus den Maastricht-Kriterien, was eine Konjukturbelebung, Wirtschaftswachstum und Arbeitsplatzbeschaffung nach sich ziehen würde. Querschläge gegen "die komischen Menschen von der ÖVP", die FPÖ, "die uns noch nie in irgendeiner sozialpolitischen Frage zugestimmt hat" und ein Unken über die derzeitigen Probleme der Wiener Grünen durften natürlich auch nicht fehlen.
Ein wichtiges Thema für die SPÖ Wien ist derzeit die Mindestsicherung. Man sei mit den Grünen derzeit in Verhandlungen, sagte Häupl. Es gehe aber keineswegs darum, sie zu kürzen, sondern nur darum, sie anders aufzusetzen. "Die Mindestsicherung ist nicht zu hoch, die Löhne sind zu niedrig", sagte Häupl. In vielen Bundesländern wurden ja in den letzten Monaten Kürzungen der Mindestsicherung vorgenommen.
Häupl möchte Nachfolgedebatte abhaken
Häupl betonte, dass er das letzte Mal für den Vorsitz kandieren werde und dass seine Nachfolge nicht in einer Erbfolge geregelt werden solle. "Nach der Nationalratswahl werden wir die Personalvorschläge diskutieren und einen oder mehreren dem nächsten Landesparteitag vorlegen. Der wird entscheiden", sagte der Bürgermeister. Die Personaldebatte möchte er damit abhaken - wie erfolgreich, wird sich im Lauf des Tages weisen.
In der anschließenden Diskussion kritisierte wiederum die Wiener SJ-Vorsitzende Fiona Herzog den Kanzler heftig. Die Bundesregierung müsse aufhören, Menschen nach Afghanistan abzuschieben.
Einer der nächsten Tagesordnungspunkte ist die Wahl des Vorsitzenden und der Wiener Gremien, das Ergebnis wird aber erst ganz zuletzt bekanntgegeben. Danach folgen rund 150 Anträge. Mit Spannung erwartet wird dabei die Reaktion auf den Antrag der Sektion 8, die das Verbot von Zeitungsentnahmeboxen in den U-Bahnen fordert.
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