Öffentliche Büchereien in Zeiten von Corona
Bücherei Zams mit einzigartigem Lieferservice

Büchereileiterin Sigrid Ehrlich bearbeitet eine der zahlreichen Medien-Bestellungen, die während der Corona-Krise in der Bücherei Zams eingehen | Foto: Bücherei Zams
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  • Büchereileiterin Sigrid Ehrlich bearbeitet eine der zahlreichen Medien-Bestellungen, die während der Corona-Krise in der Bücherei Zams eingehen
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Was sich Anfang März abgezeichnet hatte, aber niemand wahr haben wollte, wurde Mitte März dann doch Gewissheit: Ausgangssperre, Schließung von Schulen, Geschäften, Gastronomie, Freizeiteinrichtungen und … öffentlichen Büchereien.

Wie in allen anderen Lebensbereichen galt es hier, eine Reihe von Maßnahmen zu setzen: Da mussten die zahlreichen Veranstaltungen abgesagt, wenn möglich Ersatztermine zumindest ins Auge gefasst werden, die Leser/innen mussten informiert, die Medien verlängert werden, damit für die Zeit der Schließung keine Überziehungsgebühren anfallen. Bereits in diesen Tagen hektischer Betriebsamkeit suchte die Zammer Büchereileiterin Sigrid Ehrlich nach einer Möglichkeit, wie trotz Schließung der totale Stillstand vermieden und Medien trotzdem „unters Volk“ gebracht werden könnten. Zahlreiche E-Mails und Telefonate mit der Gemeinde und dem BVÖ (Büchereiverband Österreichs) später war die von ihr erdachte Lösung konkret: „Wenn schon niemand in die Bücherei kommen kann, kommt eben die Bücherei zu den Leser/innen! Und zwar nicht nur zu denen, die wir ohnehin schon beliefern (weil sie alt, krank oder gebrechlich sind), sondern zu allen, die das wünschen.“

Bestellungen über verschiedene Kanäle möglich

Über diverse soziale Kanäle, Mundpropaganda und mittels Aushang wurde dieser einzigartige Lieferservice publik gemacht, und schon bald trudelten die ersten „Bestellungen“ ein, zunächst zaghaft, mittlerweile schon ziemlich regelmäßig. In den ersten knapp vier Wochen des Angebotes wurden an weit über 100 Leser/innen rund 500 Medien ausgeliefert. Das ist zwar nur ein Bruchteil der üblichen Entlehnungen für diesen Zeitraum, aber immerhin besser als gar nichts.
Der öffentlich zugängliche online-Katalog (https://buecherei-zams.webopac.at/) leistet hier wertvolle Dienste, manche Leser/innen schicken eine Mail (zams@bibliotheken.at) oder eine Textnachricht mit ihren Wünschen, etliche rufen auch einfach an (0664 8892 3656) und bitten um „ein paar Bücher – ihr wisst, ja was ich gerne lese, und beratet mich immer so gut!“, zur Information ist der Ablauf auf der homepage (https://zams.bvoe.at/) genau dokumentiert.

Besondere Hygienebedingungen, Abstand halten

Täglich werden von der Büchereileiterin und einer Kollegin die verschiedenen Kanäle gesichtet, Bestellungen abgearbeitet. Die Medien werden aus dem riesigen Bestand zusammengesucht, verpackt und zu Fuß oder mit dem Fahrrad (oft mehrmals am Tag) ausgeliefert. „Kurz, bevor ich komme, rufe ich an und kündige die Lieferung an“, erläutert Ehrlich, die Medien werden dann kontaktlos vor die Haustür gestellt. Wenn jemand Medien zurückgeben möchte, werden diese auch mitgenommen, in der Bücherei nach den Vorgaben des BVÖ gereinigt und für ein paar Tage „in Quarantäne“ gestellt. Das ist ziemlich aufwändig, die besonderen hygienischen Maßnahmen in der Bücherei selbst und bei der Auslieferung in der momentanen Situation aber notwendig.

Das Büchereihandy (das normalerweise in der Bücherei bleibt) hat die Büchereileiterin gleich zu Beginn der Krise mit nach Hause genommen, und es ist sehr viel in Betrieb: „Viele fragen nach ihren Zugangsdaten für den WebOPAC und die onleihe Tirol, wo für eingeschriebene Leser/innen kostenlos E-Medien entlehnt werden können. Andere erkundigen sich, wie das mit dem Lieferservice oder der onleihe funktioniert, manche möchten sich als Leser neu einschreiben, was wir momentan ganz unbürokratisch ermöglichen. Und der eine oder andere fragt verwundert nach, warum wir nicht offen haben“, berichtet Sigrid Ehrlich.

Deutlich mehr Medien außer Haus als üblich

Bereits Anfang März wurden die Leser/innen – in weiser Voraussicht – bei ihren Besuchen aufgefordert, sich mit Medien einzudecken, man wisse ja nicht, was da noch auf uns zukommen würde. Und an den letzten beiden Öffnungstagen vor der Schließung „war die Hölle los“ in der Bücherei und viele Leser/innen trugen ihre entlehnten Medien „schachtelweise“ aus der Bücherei. „Jetzt haben wir fast doppelt so viele Medien entlehnt wie in normalen Zeiten“, rechnet die Büchereileiterin vor, aber irgendwann geht halt überall der Lesestoff aus und man braucht was Neues. Selbstverständlich werden auch in dieser Zeit laufend neue Medien angeschafft und katalogisiert, es wäre ja wirklich schade, wenn die vielen tollen Neuerscheinungen dieses Frühjahrs unbeachtet blieben, und schließlich haben ja viele von uns momentan mehr Zeit zum Lesen.

Wasserschaden zwingt zu längerer Pause

So, wie es momentan aussieht, sollen die Büchereien ab Mitte Mai wieder öffnen dürfen, unter strikten Auflagen freilich. Unabhängig davon, was die Bundesregierung hier verlautbaren wird, die Bücherei Zams wird wohl frühestens Ende Mai öffnen können. Ein Wasserschaden, dessen Sanierung wegen der Corona-Krise erst jetzt begonnen werden konnte, wird sich wohl noch einige Wochen hinziehen, im Moment rennen die Entfeuchtungsgeräte. Bis dahin werden wir unseren Lieferservice weiter aufrecht halten, freuen uns aber schon, wieder Besucher in echt – unter Einhaltung der geforderten Maßnahmen - in der Bücherei begrüßen zu können hofft das gesamte Team der ehrenamtlich geführten Bücherei Zams. Die Besucher der zahlreichen Veranstaltungen werden sich wohl noch ein wenig länger gedulden müssen.

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