FOKUS FRAU / Ivana Vlahusic
Die Multi-Mutmacherin

Ivana macht Mut, setzt sich für Bildungsgerechtigkeit ein und ist mit 20 Jahren schon ein großes Vorbild für viele. | Foto: Ivana Vlahusic
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  • Ivana macht Mut, setzt sich für Bildungsgerechtigkeit ein und ist mit 20 Jahren schon ein großes Vorbild für viele.
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LANDECK (sica). Ivana Vlahusic kam mit ihrer Familie vor knapp sieben Jahren nach Tirol, lernte in Rekordzeit Deutsch und setzt sich seit ihrer Schulzeit für Bildungsgerechtigkeit ein. Mit ihren kreativen Werken, egal ob als Lied oder Rede und mit ihrer offenen, gewinnenden Art schafft Ivana vor allem Eins: Auf verschiedenste Arten Mut zu machen!

Ivana, wenn du dich selbst mit einem Wort beschreiben müsstest, wäre es...  
Bunt!

Und das Wort BUNT steht bei Ivana nicht nur für die junge, multikulturelle, vielseitig engagierte Frau, die sprachlich und kreativ Genres mühelos ineinander fließen lassen kann, sondern auch für das serbische Wort "Aufstand, Widerstand und Revolution". Sitzt man Ivana allerdings gegenüber, hat man nicht das Gefühl eine Revoluzzerin vor sich zu haben, viel mehr eine junge Dame, die von ihrem Leben, ihren Liedern und ihrer Musik, ihren kreativen Texten und ihren Zielen spricht, als ob sie sich schon jahrelang damit beschäftigt hätte und genau weiß, was sie in ihrer Zukunft erreichen will. Was auch stimmt - Auch wenn Ivana erst 20 Jahre alt ist.

Foto: FORUM Umweltbildung/Huetter

Die BEZIRKSBLÄTTER haben Ivana getroffen und mit ihr über ihr junges Leben, das bereits ein breites Repertoire an  vielseitigen Geschichten bietet gesprochen, warum sie sich so sehr für Bildungsgerechtigkeit einsetzt und weshalb sich die junge Studentin nicht in klassische Rollen drängen lassen will.

Von Temerin nach Landeck

Bevor Ivana mit ihrer Familie mit knapp 14 Jahren in die Landecker Malserstraße zog, lebten sie in Serbien, in der ‘bilingualen’ Stadt Temerin. Ein Drittel der Bevölkerung ist ungarisch, so auch Ivanas Mutter. "An der rechten Hand geführt von der serbischen Kultur, an der linken von der ungarischen Kultur", beschreibt Ivana ihre Wurzeln.

Ivana bei ihrem ersten Auftritt. | Foto: Emil Kantardzic
  • Ivana bei ihrem ersten Auftritt.
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Im Frühsommer 2013 entschied sich Familie Vlahusic, ihre Heimat zu verlassen, ein Land voller politischer Unsicherheit, welches keine Perspektive für ein erfülltes Leben bot, in welchem ihnen für österreichische Verhältnisse unvorstellbar wenig Geld zur Verfügung stand. Trotz den knappen finanziellen Mitteln blickt Ivana auf eine erfüllte Kindheit voller Liebe als älteste von mittlerweile fünf Kindern zurück. Die Prioritäten in ihrer Familie wurden eben anders gesetzt, um die Kinder unterstützen zu können und schon früh erkannte die junge Serbin, dass Unterstützung keine Frage des Geldes ist. Ivanas Eltern wollten ihren Kindern aber mehr geben können, mehr ermöglichen, als ihnen in ihrer Kindheit und Jugendzeit selbst möglich war. In Serbien hielt man sie für verrückt, mit damals noch vier Kindern auszuwandern. Sie wollten ihren Kinder aber eine sichere Zukunft bieten, in der sie sich frei entfalten können. Deshalb wagten sie den Schritt, nach Landeck zu ziehen, wo der Patenonkel von Ivanas Schwester bereits seit 20 Jahren lebte und in der Gastronomie tätig war. Ivanas Papa kam ein halbes Jahr vor seiner Familie allein nach Landeck, arbeitete ebenfalls in der Gastronomie in einem Hotel in Serfaus, sparte etwas Geld zusammen und kümmerte sich um die Wohnung, in der sich die Familie ein Zuhause einrichtete. Mittlerweile wohnt die junge Studentin seit einem Jahr gemeinsam mit ihrem Freund in Innsbruck, wo beide studieren, Ivanas Familie ist nach Perjen gezogen.

Empfang mit offenen Armen

Sehr rasch konnten beide Elternteile in ihren ursprünglichen Berufen einsteigen. Ivanas Papa begann als Autolackierer beim Autohaus Falch und ihre Mama begann ihre Tätigkeit im Museum Schloss Landeck. Ihre Geschwister besuchten den Kindergarten, die Volksschule und sie startete gemeinsam mit einem ihrer Brüder in der NMS Clemens Holzmeister in Landeck in das neue Schuljahr. Zunächst auf Englisch, Deutsch konnten beide nicht. "Wir erkannten allerdings schnell, dass man sich in vielen Dingen auch ohne Worte versteht.", erzählt Ivana. Die Schule empfing die beiden Geschwister mit offenen Armen und unterstütze ihre neuen Mitschüler aus Serbien oder auch aus der Türkei, die seit dem neu begonnenen Schuljahr Teil der Schulgemeinschaft waren. "Während die anderen Fächer wie beispielsweise Geografie hatten, erhielten wir 10 Stunden Deutschunterricht pro Woche.", erinnert sich Ivana. "Das erste Semester wurde nicht beurteilt, im zweiten Semester konnten ich und mein Bruder bereits an allen Fächern normal teilnehmen."

Startschuss: Sag's Multi!

Nur ein Jahr nach dem Auswandern von Serbien nach Landeck nahm Ivana am mehrsprachigen Redewettbewerb "Sag's multi!" teil. Sie wechselte in ihrer Rede zwischen Serbisch und Deutsch und widmete sich dem Thema "Wir sind alle gleich! – Sind wir alle gleich?“ Mit den philosophischen Antworten, die sie in ihren Ausführungen auf diese Frage gab, konnte sie die Jury überzeugen und den ersten Platz in der Kategorie I erreichen. Auch beim Bundesfinale erreichte sie mit ihrer Rede „Anders – was ist schon normal?“ den ersten Platz.

Die junge Schülerin gewann Tirol- und Österreichweit den mehrsprachigen Redewettbewerb "Sag's multi!". | Foto: VWFI/Magdalena Possert
  • Die junge Schülerin gewann Tirol- und Österreichweit den mehrsprachigen Redewettbewerb "Sag's multi!".
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Für Ivana folgten viele Events gemeinsam mit Dietmar Wachter, den sie schon länger kannte, und sie begleitete ihn musikalisch bei vielen seiner Lesungen. "Es war eine wundervolle Erfahrung ihn zu begleiten!" Ivana schätzt den Krimiautor sehr und verdankt ihm auch ein Stück weit ihre selbst geschriebenen Lieder: "Dietmar wollte immer mehr Lieder für die Lesungen von mir einstudiert haben. Mir war es zu mühsam, immer neue Lieder zu lernen und ich begann kurzerhand, eigene zu schreiben!", schmunzelt die junge Künstlerin.

Ivana belgeitete den Tiroler Krimiautor Dietmar Wachter bei vielen seiner Lesungen musikalisch. | Foto: Lions Club Rheintal am Kumma
  • Ivana belgeitete den Tiroler Krimiautor Dietmar Wachter bei vielen seiner Lesungen musikalisch.
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Seit ihrer Kindheit spielt Ivana Klavier, singt, spielt Theater, schreibt Texte und eben auch Lieder, wobei sie sich dabei leichter in der deutschen als in der serbischen Sprache tut.

Bildungsgerechtigkeit

Nach der NMS Clemens Holzmeister ging Ivanas Schullaufbahn am Perjener Gymnasium mit Sprachenschwerpunkt weiter, wo sie zusätzlich zu Serbisch, Ungarisch, Englisch Russisch und Deutsch noch zusätzlich Italienisch- und Französisch Unterricht hatte. "Als Sprache richtig gelernt habe ich aber nur Deutsch.", zeigt sich die 20-jährige angesichts ihrer Sprachenvielfalt bescheiden.
Auch während ihrer Zeit am Gymnasium beschäftigte sich Ivana wie beim "Sag's multi!" Redewettbewerb mit Gleichberechtigung. Auch aufgrund einer persönlichen Konfrontation  spezialisierte sie sich auf das Thema der Bildungsgerechtigkeit, blickte kritisch auf das Bildungssystem und hinterfragte. "Ich war und bin keine Systemverweigererin, sondern möchte mehr Menschen dazu anregen, mehr zu durchblicken und zu durchschauen.", so Ivana. Kurzerhand schrieb sie erneut eine Rede, sprach dabei über elitäre Bildung, dass nur "Auserwählte" gefördert werden und das Privileg von Bildung verdienen. Dass die Wahl der Schule, die von den Eltern getroffen wird schon über das weitere Leben bestimmt. Wieder schaffte es Ivana aufs Stockerl und redete sich beim Landeswettbewerb in Innsbruck auf den dritten Platz. Und ihre Rede verselbstständigte sich quasi - sie schaffte es sogar bis ins Ministerium und bis heute bekommt die Studentin aufgrund davon Anfragen für Reden und Auftritte.

Ivana mit Thomas Narosy, mit dem sie die Keynotes für eine Präsentation zu "Bildung für nachhaltige Entwicklung" gestalten und präsentieren durfte. | Foto: FORUM Umweltbildung/Huetter
  • Ivana mit Thomas Narosy, mit dem sie die Keynotes für eine Präsentation zu "Bildung für nachhaltige Entwicklung" gestalten und präsentieren durfte.
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In den vergangenen Jahren stand Ivana dabei gemeinsam mit mit Thomas Narosy fürs Forum Umweltbildung zu Bildung zur Nachhaltigen Entwicklung auf der Bühne. Heuer durfte Ivana noch vor der Corona-Krise in Salzburg vor 100 SchulleiterInnen über Bildungsgerechtigkeit sprechen.

Ivana arbeitete oft mit Marianne Hengl von RollOn Austria zusammen, zum Beispiel bei der Licht ins Dunkel Gala. | Foto: Fabian Bouvier
  • Ivana arbeitete oft mit Marianne Hengl von RollOn Austria zusammen, zum Beispiel bei der Licht ins Dunkel Gala.
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Neben diesen vielen Auftritten war Ivana auch Teil unzähliger Benefizveranstaltungen, arbeitete oft mit Marianne Hengl von RollOn Austria, zum Beispiel bei Licht ins Dunkel, zusammen und erhielt den Jugendfriedenspreis der Stadt Wien.

Ivana mit Marianne Hengl und Julia Gschnitzer, Dietmar Wachter im Hintergrund. | Foto: Ivan Vlahusic
  • Ivana mit Marianne Hengl und Julia Gschnitzer, Dietmar Wachter im Hintergrund.
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BUNT - Aufstand der Vielfalt

Neben selbst geschriebenen Texten und Reden hat Ivana Vlahusic alias ivana bunt auch in der Sprache der Musik schon Einiges erreicht.

Foto: Maria Stecher

2016 schrieb sie das Lied zum Kulturprojekt BUNT // aufstand der vielfalt, welches ein Jahr später von ihr bei den Tiroler Kulturinitiativen TKI_open eingereicht und gefördert wurde. Es entstand mit mehr als hundert Beteiligten am Projekt ein Musikvideo, gedreht von Julian Pintarelli, das passend zu Ivana multikulturell mit Text, Klang und Bild bewegt und unter die Haut und mitten ins Herz geht. 

Das Kulturprojekt "BUNT // aufstand der vielfalt" wurde im Rahmen einer tollen "Mutmacher" Veranstaltung im Alten Kino präsentiert. | Foto: Maria Stecher
  • Das Kulturprojekt "BUNT // aufstand der vielfalt" wurde im Rahmen einer tollen "Mutmacher" Veranstaltung im Alten Kino präsentiert.
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Wir sind anders,
wir sind bunt,
das ist schön und das ist gut
- ivana bunt in BUNT // aufstand der vielfalt

Wenn man das Video auf Youtube ansieht, wird einem als nächstes Video die Akustikversion von Frieda Gold - Liebe ist meine Rebellion vorgeschlagen. Was auf den ersten Blick wie ein recht unspektakulärer Hinweis aufgrund eine Youtube-Algorithmus scheint, hat bei näherem Hinhören doch mehr mit Ivana zu tun, als vorab vermutet:

Ich kann die Angst in deinen Augen sehen
Und ich kann nicht anders als aufzustehen
Um zu zeigen, dass es anders geht
Dass die Hoffnung lebt
- Frieda Gold im Song "Liebe ist meine Rebellion"

Mut machen ist eine von Ivanas Herzensangelegenheiten, und so manchen Jugendlichen, vor allem Mädels am Gymnasium, hat sie mit ihrem eigenen Mut, für Dinge einzustehen, die ihr wichtig sind und dabei ihre Stimme zu erheben Mut gemacht. Bestes Beispiel für die Vorbildwirkung der 20-jährigen: Im Gymnasium plante ein Mädchen ein Referat über Ivana zu machen, die Aufgabenstellung war, inspirierende Persönlichkeiten zu präsentieren. 

Nonprofit Management

Den einstigen Berufswunsch Diplomatin zu werden um etwas in der Welt zu bewegen hat Ivana beiseite gelegt. "Nach einer Lesung mit Dietmar Wachter kam ich ins Gespräch mit Anton Mattle, der mich gefragt hat was ich werden will.", blickt Ivana zurück. "Als ich ihm erzählte, dass ich als Diplomatin etwas bewegen will hat er gemeint, dann müsse ich Politikerin werden." Doch gegen den Weg in die Politik sträubt sie sich noch.

Foto: FORUM Umweltbildung/Huetter

"Ich will auf alle Fälle im Bildungsbereich etwas ändern und bewegen, aber momentan sehe ich mich nicht als Politikerin", wobei sich Ivana noch offen lässt, wie sich diese Ansichtsweise in Zukunft noch ändert. Auch weil die Arbeit in der Öffentlichkeit sehr viel Angriffsfläche bietet und Ivana sich selbst als fast schon "harmoniesüchtig" beschreibt. "Ich bin eine Kämpferin, aber ein Umfeld das für mich nicht passt macht mit innerlich fertig. Und die momentane Politik ist eine, in der ich noch nicht sein will." Sie möchte Sachen fachlich, objektiv und nicht parteipolitisch angehen und vor Ort lösen und Mut machen, eventuell im Bereich der Sozialen Arbeit oder in weitere Folge in der Sozialpolitik. 
Der Studiengang "Nonprofit Management", den Ivana absolviert beschäftigt sich genau mit den Themen, die die junge Mutmacherin interessieren und inspirieren, darunter beispielsweise Menschenrechte, Ethik oder die nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Developement Goals).

Ruhigere Lebensphase

Seit der Matura lässt es Ivana bei den Auftritten etwas ruhiger angehen. Sie konzentriert sich auf ihr Studium, ihre Familie und ihre Beziehung. | Foto: Fabian Bouvier
  • Seit der Matura lässt es Ivana bei den Auftritten etwas ruhiger angehen. Sie konzentriert sich auf ihr Studium, ihre Familie und ihre Beziehung.
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Seit dem Matura-Abschluss am Gymnasium tritt Ivana etwas kürzer, was Auftritte anbelangt. Ihre Jugend war geprägt von vielen Bühnen, Auftritten und Terminen, was ihr teilweise fast schon zu viel wurde. Die 20-jährige hat gelernt, die ständige Ja-Sagerin in ihr etwas zurückzuschrauben und sich nun mehr auf sich selbst, ihr Studium, ihre Familie und ihre Beziehung zu konzentrieren.

Eine Sache gibt es aber, in der Ivana nie kürzer treten wird: Anderen ein Vorbild zu sein und ganz viel Mut zu machen!

Liebe Ivana, auch die BEZIRKSBLÄTTER sagen's multi: Hvala ti za hrabrost, kao i tvoje dosadašnje a uvereni smo i buduće zalaganje! Želimo ti sve najbolje i da i u budućnosti ređaš uspehe! - Alles Gute für deine Zukunft voller Überraschungen!

Mutmacherin Ivana Vlahusic

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