Das Schweigen des Papstes schreit

Papst Franziskus küsst den Galgen im KZ Auschwitz | Foto: Osservatore Romano

Papst Franziskus ist das dritte Oberhaupt der katholischen Kirche, das den Toten von Auschwitz und damit auch allen Opfern der Shoa die Ehre erwiesen hat. Drei Tage nach dem Meuchelmord an Père Jacques Hamel, dem IS-Terroristen während der Heiligen Messe den Kopf abgeschniitten hatten, schwieg der Papst am Ort des hundertausendfachen grauenhaften Mordes durch die Nationalsozialisten.
Auf Reden verzichtete Franziskus völlig. Im Vorfeld des Besuchs hatte er gesagt, er hoffe, dass Gott ihm die Gnade gebe, in Auschwitz zu weinen. Alleine, selbst ohne den üblichen Personenschutz schritt Franziskus über den Schotterweg, auf den die Morgensonne den Schatten der Torinschrift warf. Ein Golfwagen brachte ihn weiter zum Appellhof mit seinem Sammelgalgen. Am Weg verweilte der Papst eine Viertelstunde lang in sich gekehrt sitzend und mit geschlossenen Augen. Vor der Weiterfahrt küsste er den Galgen. Die Geste erinnerte an den traditionellen Kuss des Kreuzes Jesu an Karfreitag.Die Kirche – mag sie in ihrem Erscheinungsbild und in der öffentlichen Wahrnehmung auch oft schmutzig und kritikwürdig sein – diese Kirche nimmt seit Generationen ihren Dienst an der Welt sehr ernst.
Die Päpste des letzten Jahrhunderts, inclusive des so massiv, jedoch ungerecht, abqualifizierten Pius XII., haben fast alle mit großer Weisheit und Umsicht, mit Bedacht und brennender Sorge das Gute für die Menschheit gesucht und unermüdlich dem Bösen, dem Hass und der Ungerechtigkeit ihre kleine Kraft und die starke Botschaft Jesu entgegen gehalten. Das Schweigen des Papstes in Auschwitz ist in dieser Stunde der Geschichte ein sehr lautes. Der Besuch des argentinischen Papstes in Auschwitz-Birkenau hält in den aktuellen Irritationen der Politik die Erinnerung an das unmenschliche Grauen im Gedächtnis der Welt lebendig und ist zugleich eine Demonstration wider alle diktatorische und terroristische Grausamkeit in unseren Tagen.

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