Galtürer Almbegegnung: Burnout auf dem Bauernhof

Podiumsdiskussion: Bgm. Anton Mattle, Markus Schermer, Christian Angerer, Angelika Wagner, Josef Marksteiner und Martin Holas (v.l.).
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GALTÜR (otko). Zur bereits zwölfenAuflage der Galtürer Almbegegnung wurde vergangenen Freitag am Vorabend der Almkäsepolympiade ins Alpinarium Galtür geladen. Geschäftsführer Bgm. Anton Mattle freute sich über einen vollen Saal.
Eine Expertenrunde unter der Moderation von Markus Schermer (Universität Innsbruck) diskutierte beim kultivierten Streitgespräch zum Thema "Burnout am Bauernhof?".
Nach dem Lauf der Natur leben statt vom Hamsterrad getrieben werden. Mit den Hühnern zu Bett gegen statt mit quälenden Gedanken an den nächsten Arbeitstag. Sichselbst suchen statt fremde Ziele zu verfolgen, Abschalten statt ausbrennen: Der Bauernhof und das Leben in der Landwirtschaft werden oft als Gegenteil zum Stress der Städter hochstilisiert. Doch die Realität ist oft eine ganz andere. Auf den Bauernhöfen herrschen hohes Arbeitspensum und starker wirtschaftlicher Druck.

Herzinfarkt der Seele

"Rund 38 Prozent der Bevölkerung durchleben einmal in ihrem Leben eine depressive Phase, gar 8 Prozent erkranken schwer. Burnout ist im Ansteigen und davon sind alle Berufsgruppen betroffen. Gerade der Versuch des Perfektionsimus und Doppelbelastungen können dazu führen", betonte Primar Josef Marksteiner, Leiter der Abteilung Psychiatrie und Psychotherapie im LKH Hall. Inzwischen geben 30 Prozent der Erwerbstätigen an, ausgebrannt und erschöpft zu sein – damit hat sich dieser Wert seit 1980 nahezu verdreifacht. Marksteiner verwies aber darauf, dass Frauen häufiger davon betroffen seien, da Männer die Symptome oft mit Alkohol kompensieren. "Burnout verläuft in Stufen und es gibt unterschiedliche Stadien – am Schluss steht aber die völlige Erschöpfung. Zudem ist das Wort Burnout nicht so leicht zu definieren und es gibt unterschiedliche Formen der Therapie", weiß Marksteiner, der aus einer bäuerlichen Familie stammt.

Hilfe in Anspruch nehmen

Christian Angerer, Obmann Maschinenring Tirol, verwies drauf, dass immer weniger Menschen immer umfangreichere Aufgaben auf den Höfen zu erledigen haben. Dazu komme der wirtschaftliche Druck durch steigende Kosten. Eine Win-Win-Situation für alle ist aber die Aktion "Freiwillig am Bauernhof". "Wir hatten heuer rund 600 Freiwillige, davon 75 Prozent aus Deutschland, die bei 200 Betrieben aufgenommen wurden. Dies ist neben der Hilfe des Maschinenrings ein Lösungsansatz, um die Bauern zu entlasten", so Angerer.
Angelika Wagner von der Initiative "Lebensqualität am Bauernhof" zeigte auf, dass die Menschen oft sehr lange warten, bis sie die kostenlose und diskrete Hilfe in Anspruch nehmen. "Wer vieles gerne tut, läuft Gefahr, zu viel zu tun. Daher ist auch Prävention in Form von Gesprächen in der Familie und mit Freunden wichtig, um negative Folgeerscheinungen früh genug abwenden zu können", rät Wagner. Auch Primar Marksteiner appellierte an Betroffene, rechtzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen. In diesem Zusammenhang verwies er auch auf die neue Psychiatrie im Krankenhaus Zams.
Bei der Sozialversicherung der Bauern reagiert man darauf mit maßgeschneiderten Aktionen. "Wir bieten Erholungsurlaube und Gesundheitswochen zur Burnout-Prophylaxe an. Die Angebote werden auch gut angenommen", informierte Regionalbüroleiter Martin Holas.

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