Vom Duft des Lebens

Sie hat sich verduftet, die schönste Blume auf dem Feld.

Gedanken zum Fest „Mariä Himmelfahrt" ---

Unzählige Kirchen im Land sind auf den Titel „Mariä Himmelfahrt“ geweiht. Tausende Kunstwerke künden von der Strahlkraft dieses österlichen Sommerfestes.
Noch bevor die Kirche diesen Festtag in Worte fasste, war er einer der ältesten in der Tradition des gläubigen Volkes.
Wenn die Kräuter und Blumen in die Häuser Einzug gehalten haben und ihr Duft und ihre Schönheit wohl tun, feiern wir dieses große Marienfest und weihen dabei Heilsames und Schönes.
Düfte anstatt unliebsamer Gerüche, Wohlgeruch anstelle von Gestank, danach sehnt sich der Mensch.
Die Sehnsucht nach Düften ist groß.
Wer ein Parfum benutzt, der hofft,
dass andere ihn gut riechen können.
Einer der grausamsten K.O.-Schläge unter Kindern heißt:
Geh weg, du stinkst.
Viele ekelt es vor der sprichwörtlichen Krankenhausluft, viele ertragen den Geruch von Alten- und Pflegeheimen nicht.
Und der letzte Horrorgeruch ist der Geruch in Leichenhallen. Nicht nur gegen den Tod scheint kein Kraut gewachsen zu sein, gegen den Todesgeruch kommt auch kein Duft an.
Auf diesem Hintergrund unserer Sehnsucht nach Düften und Wohlgerüchen geht mir die alte Legende zum heutigen Festtag Mariä Himmelfahrt in ihrer Bedeutung neu auf.
Sie erzählt:
Die Apostel und Jünger umringten das Sterbebett Marias. Da ertönte wunderbare Musik und ein helles Licht erfüllte das Sterbezimmer. Die Apostel warfen sich auf die Knie und Maria breitete segnend ihre Hände über sie aus. Als sie ihre Augen zu den Sternen, die draußen glänzten, erhob, sah sie den Himmel offen und den Menschensohn auf einer Lichtwolke heranschweben. Da strahlte ihr Gesicht und so starb sie. Am anderen Tag hüllte man ihren Leichnam in ein kostbares Leintuch und die Apostel trugen sie auf ihren Schultern in den Garten Gethsemani und setzten sie dort in einem Grab bei.
Drei Tage lang wachten und beteten sie am Grab mit den Gläubigen.
Am dritten Tag erschien Jesus mit einem Engelheer und fragte die Apostel:
Was wünscht ihr, dass ich meiner Mutter tun soll?
Sie antworteten:
Gleichwie du den Tod besiegt hast und ewig regierst, so wecke auch du deiner Mutter Leib auf und setze sie zu deiner Rechten in Ewigkeit. Und alsbald stand Maria herrlich auf aus dem Grab und fuhr gen Himmel, geleitet von der Menge der Engel. Der heilige Thomas aber, der nicht anwesend gewesen war, wollte es nicht glauben. Er bat inständig, das Grab zu öffnen, damit er noch einmal das Angesicht Mariens anschauen kann. Auf seine Bitte wälzte man das Felsstück weg, mit dem das Grab verschlossen war. Aber man fand nichts mehr darin als herrlich duftende Blumen. ------
Eine Legende und ein romantisches Bild, gewiss, aber mit einer bleibenden Botschaft: Maria endet nicht in Verfall und Verwesung. Sondern Gott sorgt dafür, dass sie sich davonmacht, dass sie sich verduftet, bevor Moder und Fäulnis endgültig nach ihr greifen können. Und nach der Überzeugung der Kirche ist das kein außerordentlicher Einzelfall.
Maria ist nicht die Einzige, sondern die Erste mit der Erfahrung, dass das Leben stärker ist als Tod und Sterblichkeit.
Das Leben ist eben mehr
als leben, leiden, sterben, vermodern und vergessen werden.
Ein Mensch der sich im Leben redlich bemüht,
Beziehungen zu gestalten,
der hinterlässt wohltuenden Geruch.
Es gibt viele Tote, von denen Leben ausgeht,
die zu uns herübersprechen.
Mein Leben endet nicht im Verwesungsgeruch.
Welch ein himmlisches Geschenk,
den Duft des Lebens selbst riechen zu können
und für andere ein Wohlgeruch sein zu dürfen.
Deshalb können wir dieses Fest auch als aufgeklärte Christen gut feiern. Wir feiern heute, dass am Ende unserer Existenz nicht die Vernichtung unserer Person steht, sondern die Rettung von allem, was uns ausmacht: Leib, Geist und Seele. Wie Maria werden wir uns einmal mit Gottes Hilfe verduftet und davon gemacht haben, damit uns als Allerletztes nicht Moder und Fäulnis blühen, sondern ein Leben, das mehr mit Rosenduft als Leichengestank zu tun hat.
Ich wünsche allen ein frohes Fest an dem Tag, an dem Maria sich als erste verduftet hat.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

3 Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Folge uns auf:

Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.