Nachlese: Nicht dumm stellen - Niedertracht und Verleumdung
Es ist gut, dass Michael Köhlmeier rechtzeitig vor den Gedenkveranstaltungen zum Ende des 2.Weltkriegs und der Befreiung von Häftlingen – hauptsächlich Juden – aus dem KZ Mauthausen durch amerikanische Truppen sein Wort erhebt. Er nennt beim Namen, was jeder normal denkende Mensch versteht: "Der Begriff des stichhaltigen Gerüchts wird ins Wörterbuch der Niedertracht und Verleumdung kommen" so Köhlmeier in Anspielung auf die Aussagen des FPÖ-Klubobmanns Johann Gudenus, wonach es "stichhaltige Gerüchte" gibt, dass der ungarisch-stämmige Jude und US-Milliardär George Soros daran beteiligt sei, „Migrantenströme nach Europa zu unterstützen". Antisemitismus, Naziverherrlichung, bedenkliche Liederbücher und eine undurchsichtige Kommission sind in einer Regierungspartei massiv vertreten. Da ist es nur verständlich, dass sich das Mauthausen-Komitee jede Beteiligung der FPÖ an ihren Gedenkveranstaltungen verbeten hat.
Köhlmeier zeigte bei Armin Wolf in der ZIB 2 Größe, als ihn der Moderator ansprach, dass Strache sich bemühe, die Partei von braunen Flecken zu befreien. „Das habe ich zu wenig besichtigt“, räumte Köhlmeier ein. „Ich entschuldige mich öffentlich; „und wenn Herr Strache mich braucht, stehe ich zur Verfügung, Tag und Nacht“ sagte er.
Das Gedenken am Heldenplatz an die Opfer des neuen Antisemitismus ist Ausdruck des Nichtvergessens an eine Zeit, wo der Mensch nichts wert war. Und trotzdem: ca.30 % der österreichischen Bevölkerung wünscht sich wieder einen Führer. Man sollte den Worten des blauen Lagers dennoch nicht trauen. Der Zeitzeuge Prof. Rudolf Gelbard sagt nicht nur, dass 19 Menschen seiner Familie ausgerottet wurden, sondern auch, dass die Führungsclique der Blauen der rechtsextremen Zeitschrift „Aula“ Huldigungsschreiben zum 60. Bestandsjubiläum schickten.
7000 Besucher waren beim „Fest der Freude“ (Ende des 2.Weltkriegs, Befreiung der Häftlinge aus den Konzentrationslagern). Die Wiener Symphoniker spielten unter der Leitung von Lahav Shani, ihrem ersten Gastdirigenten, ein kostenloses Open-Air-Konzert, um mit den Mitteln der Musik ein Zeichen zu setzen. Der gebürtige Israeli Shani hat zu diesem Anlass ein besonderes Programm mit dezidiert jüdischer Einfärbung zusammengestellt. So standen im Zentrum des Konzerts Werke von Ernest Bloch und Leonard Bernstein. Der mehrfach ausgezeichnete Geiger Julian Rachlin, der einer Wilnaer Musikerfamilie jüdischen Glaubens entstammt, war zudem als Solist in Ausschnitten aus Pjotr Iljitsch Tschaikowskis Violinkonzert zu hören. Eröffnet wurde das Konzert mit Kurt Schwertsiks eigens für das Fest der Freude geschaffener Komposition "Hier und Jetzt!“. Seinen Abschluss fand das musikalische Programm wie im vergangenen Jahr mit der "Ode an die Freude" aus Beethovens Neunter Symphonie.
Das Festkonzert der Wiener Symphoniker bildet jährlich das große Highlight am Gedenktag. Einer künstlerischen Bewertung entziehe ich mich. Dennoch ein Satz: Dem Dirigenten Lahav Shani steht eine große Karriere bevor, er leitete das Orchester mit viel Dynamik und Eleganz. Mit Andres Orozco Estrada als Chefdirigenten und dem 29-jährigem Shani sind zwei Konzertmeister der jüngeren Generation am Werk, zu denen man den Wiener Symphonikern nur gratulieren kann.
Reinhard Hübl
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