Der richtige Umgang mit der Angst
Im Rahmen der Vitalen Gemeinde St.Nikolai im Sausal hielten Mag. Heinz Payer und Jasmin Haberstroh, beide wohnhaft in St. Nikolai und beide Mitglieder des steirischen Landesverbandes für Psychotherapie STLP), eine online Gesprächsrunde.
Warum sind Gefühle und Emotionen wichtig?
Heinz PAYER: Alle Gefühle sind wichtige Kommunikationssignale des Menschen, auch Angstgefühle. Sie zeigen an, dass er/sie in vermeintlicher Gefahr ist. Unseren Befindlichkeitszustand signalisieren wir auch laufend der Umwelt. Wenn ich wütend bin, zeigt mein Körper bedrohliche Äußerungen um der Umwelt zu zeigen, sich mit mir nicht anzulegen. Alle werden somit gewarnt, mir nicht zu nahe zu kommen. Wenn ich traurig bin, zeige ich durch meine Körperhaltung an, dass ich Trost brauche und Zuwendung. Neuerdings wird sogar über „Emojis“ versucht, Befindlichkeit zu signalisieren, siehe What‘s App, Facebook und ähnliches...
Ist es normal Angst zu haben?
Jasmin HABERSTROH: Ja Angst ist eine überlebenswichtige Emotion.
Die Angst ist wichtig, sie macht uns vorsichtig und aufmerksam und wir erkennen Gefahren und haben dann die Chance darauf zu reagieren. Angst wird in sehr alten Gehirnregionen verarbeitet und gesteuert und war und ist wichtig für das Überleben. Meist wird eine Kampf oder Flucht Reaktion ausgelöst. Wenn unsere Vorfahren damals versucht hätten ein klärendes Gespräch mit dem Dinosaurier, der mich gerade fressen will zu führen, wären wir wohl nicht da wo wir jetzt sind. Weglaufen und sich in Sicherheit bringen war besser für das Überleben.
Was tun, wenn die Ängste einen überrollen?
Jasmin HABERSTROH: Wenn die Angst allerdings zu groß und übermächtig wird, sollte man sich nicht scheuen Hilfe zu suchen. Scheuen Sie sich nicht Ihre PsychotherapeutIn oder PsychologIn zu kontaktieren. Wir haben zurzeit auch die Möglichkeit Kontakte über Telefon oder Videokonferenz abzuhalten und in den Praxen wurden natürlich erhöhte Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen ergriffen.
Warum löst Corona bei uns Angst aus?
Jasmin HABERSTROH: Bei der Coronapandemie handelt es sich um eine Ausnahmesituation, so etwas in dieser Form und Komplexität kennen wir nicht. Es gibt keinen fertigen Fahrplan oder Notfallplan, das führt zu Verunsicherung und Unruhe. Die Situation verändert sich ständig, wir wissen nicht wann sich alles beruhigen wird. Das führt vermehrt zu Stress über eine lange Zeit und damit zu vermehrten psychischen und psychosomatischen Beschwerden.
Heinz PAYER: Genau diese spezielle Situation hatten wir noch nie, aber jede Person hatte schon mal Angst, Unruhe, Stress oder andere negative Emotionen wie Wut und hat Ressourcen in sich damit umzugehen und diese zu bewältigen.
„Wann immer du zweifelst, wie weit du noch gehen kannst, erinnere dich daran, wie weit du bereits gekommen bist. Erinnere dich an alles, mit dem du konfrontiert wurdest, an alle Schlachten, die du gewonnen hast, und an all die Ängste, die du überwunden hast …“ (Zitat Autor unbekannt).
Wie komme ich aus meiner Angst, meinem Stress, meiner Unruhe heraus?
Jasmin HABERSTROH: Achten Sie gut auf sich. Bleiben sie auch psychisch gesund. Wie? Tun sie sich etwas Gutes und zwar jeden Tag. Entspannen sie sich aktiv. Gehen sie in die Natur am besten in den Wald, der Wald entstresst und entschleunigt sehr gut. Machen sie eine Entspannungsmediation oder setzen sie sich mit einer guten Tasse Tee auf die Terrasse oder den Balkon und atmen ein Mal tief durch. Halten sie öfter ein Mal inne und hören sie in sich hinein, welche Bedürfnisse sie gerade jetzt in diesem Augenblick haben. Bleiben sie achtsam im Hier und Jetzt und gönnen sich eine kleine Auszeit.
Heinz PAYER: Paul Watzlawick weist daraufhin, dass man auf verschiedenen Ebenen kommunizieren kann. Man kann nicht nicht kommunizieren. Eine Form der Sprache ist die bildhafte Sprache beispielsweise mittels Metaphern die mehrdeutig sein kann. Man kann die Wirklichkeit nicht nur widergeben, man kann eine neue Wirklichkeit erschaffen, in der Kunst finden wir viele Beispiele. Viele Künstler verarbeiten ihre Ängste oder ihre Wut in ihren Bildern zB Pablo Picasso in seinem berühmten Werk „Guernica“. Auch „der Schrei“ von Edvard Munch ist ein berühmtes Beispiel, wie Künstler und Künstlerinnen ihre Ängste durch ihre Kunstwerke verarbeiten konnten.
Der Vorgang, der zu diesem Akt führt, braucht sozusagen ein Gespür und eine gute Wahrnehmung des eigenen Gefühls. Dann der weitere Akt des Gestaltens, braucht eine weitere hohe Achtsamkeit für sich selbst und ein Einlassen auf diese Gefühlssprache, wie Watzlawick es nannte.
Allein dieser Vorgang ist ein immens heilsamer. Geht man doch direkt mit dem eigenen Gefühl in Kontakt. Das können wir auch in der Psychotherapie nutzen, indem wir einmal versuchen die Angst oder Wut in einem Bild oder in einem Gedicht oder gar einem Rap auszudrücken.
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