"Universum History" in Leutschach gedreht
„Steiermark – Zerrissen in Verbundenheit“, die fünfte Folge der „Universum History“-Zeitgeschichteserie „Unser Österreich“, richtet den Fokus auf das Grenzland zwischen der Südsteiermark und der (ehemaligen) Untersteiermark, die sogenannte „Štajerska“. Es ist ein besonderer Lebensraum, der seine „steirische“ Identität grenzüberschreitend gewahrt zu haben scheint. Und das, obwohl dramatische Ereignisse der Geschichte das Gegenteil forciert haben und sich die Region fast ein Jahrhundert lang in einem Zustand gefährlicher Spannung befunden hat. Nirgendwo lässt sich das besser sehen und spüren als auf dem von der Familie Tertinjek bewohnten Serschenhof, Ihre außergewöhnliche Geschichte erzählt Gernot Lercher in seiner Dokumentation, für die seit Anfang Mai gedreht wird. „Steiermark – Zerrissen in Verbundenheit“ ist eine Produktion der epo-Film für den ORF, gefördert von Cinestyria, Cine Art, BMB und Zukunftsfonds der Republik Österreich.
Leutschach zwischen den Fronten
Die Grenze zwischen Österreich und Slowenien verläuft seit mehr als hundert Jahren direkt hinter dem Haus und durchschneidet die Grundfläche in zwei gleiche Teile. Der grenzübergreifende Doppelbesitz verbindet die Südsteiermark mit der ehemaligen Untersteiermark. Die Familie Tertinjek lebt seit Generationen auf diesem besonderen Flecken Erde. Genau genommen seit 1911, als die Untersteiermark noch Teil der k. u. k.-Monarchie war. Die Menschen am Serschenhof hoch oben über dem kleinen Leutschach in den Hügeln des Remschnigg standen immer wieder zwischen den Fronten. In den zwei Weltkriegen ebenso wie danach, an der scharfen Trennlinie zwischen dem demokratischen Österreich und dem totalitären, kommunistischen Jugoslawien oder schließlich während Sloweniens Kampf um Unabhängigkeit.
Dreharbeiten am Scherschenhof
Richtungsweisende Erlebnisse der Familie werden in der epo-Film -Produktion deshalb auch durch emotionale, historische Spielszenen (Reenactments) lebendig gemacht. Die Grenzziehung am Hof im Jahr 1920, die Angst der Familie vor Überfällen zum Ende des Zweiten Weltkriegs, das Leben und die Liebe während des Kalten Krieges und die grenzüberschreitende Nachbarschaftshilfe im Slowenienkrieg 1991 – es sind Szenen, die berühren und immer wieder zeigen, wie schnell Weltgeschichte und Familiengeschichte miteinander verschmelzen können.
„Die Tertinjeks sind ein wahrer Glücksfall für unsere Produktion. Sie gewähren uns nicht nur tiefe Einblicke in ein ebenso ereignisreiches wie dramatisches Leben, sondern beweisen uns, dass trotz aller Bedrohungen und Hindernisse Familiengeschichte auch völkerverbindend sein kann“, schildert Regisseur Gernot Lercher die Arbeit am Serschenhof.
Biserka Tertinjek ist in Jugoslawien aufgewachsen, bevor sie ihren südsteirischen Hans vom Serschenhof bei der Erntehilfe kennen- und lieben gelernt hat. Kaum jemand kann die turbulente Geschichte der Region besser schildern als die beiden, ihre Kinder und die 87-jährige Großmutter. Hier bündeln sich unterschiedliche Blickrichtungen zu einer gemeinsamen Sichtweise, wonach sich die Menschen zu beiden Seiten der Grenze bis heute als „Steirer“ fühlen, ganz gleich welchen Reisepass sie haben.
Darüber hinaus gibt der Film am Beispiel der „Stajerska“, der slowenischen Steiermark, einen spannenden Einblick in die Geschichte Jugoslawiens. Eines Landes, das die Österreicher über Jahrzehnte als ebenso romantische wie günstige, und nicht nur deshalb beliebte Urlaubsdestination wahrgenommen haben. Ohne wirklich hinter die Kulissen blicken zu wollen und zu müssen. „Unser Österreich: Steiermark – Zerrissen in Verbundenheit“ erzählt somit die Geschichte einer steirischen Region, die auch eine Geschichte paralleler Welten ist. Und zwar regionaler Welten, die bis heute fast unzertrennlich scheinen, obwohl ihnen die Weltpolitik über ein Jahrhundert lang Grenzen gesetzt hat.
1 Kommentar
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.