Buchbesprechung
Günther Freitag und "die zerstörte Welt"

Der Literat Günther Freitag bei einem Espresso am Leobener Hauptplatz. | Foto: Gaube
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Der Leobener Autor Günther Freitag hat  im Wieser-Verlag ein neues Buch veröffentlicht, der Titel "Bacons Schatten".

Der Leobener Literat Günther Freitag hat im Wieser Verlag ein neues Buch veröffentlicht, sein 15. Werk. "Bacons Schatten" titelt der 280 Seiten starke Roman, in dem sein Faible für klassische Musik zugunsten der Bildenden Kunst ein wenig in den Hintergrund tritt. Denn einer der Protagonisten ist ein gescheiterter Maler, der davon lebt, dass er wöchentlich Karikaturen für eine große Tageszeitung zeichnet. Das "richtige" Malen hat er aufgegeben, weil seine Bilder wie Francis-Bacon-Kopien wirken. Bacon ist ein in Irland geborener, britischer Künstler, der zu den bedeutendsten gegenständlichen Malern des 20. Jahrhunderts gehört. "Diese zerstörten Gesichter, die zerstörten Figuren von Bacon haben mich stets fasziniert", berichtet Freitag. Für ihn waren sie immer ein Sinnbild einer zerstörten, sich in Auflösung befindlichen Welt: Themen, die jetzt in sein neues Buch eingeflossen sind.

Anatomie einer Trennung

Die weibliche Rolle im ungleichen Paar "spielt" die junge Bankerin Marie, die am Anfang ihrer Laufbahn steht. Als "karrieresüchtige Fondsmanagerin" will sie unter allen Umständen ganz nach oben kommen. "Zwei Lebensentwürfe treffen aufeinander, denen jede Schnittmenge fehlt", sagt Günther Freitag. Erzählt wird die Anatomie einer Trennung, aber auch von erfolglosen Versuchen, den Bruch schon nicht zu verhindern, so doch hinauszuzögern, ist die Rede. Während Marie von einem raschen beruflichen Aufstieg träumt, schwankt das Roman-Ich – der Maler – im Kreis skurriler Figuren zwischen Apathie und Selbstmitleid.

Keine Lebensweisheiten

Sich selbst würde Günther Freitag in die "zweite Reihe" der österreichischen Literatur einordnen: "An dieser Position wird man beneidet, weil man sichere Möglichkeiten der Veröffentlichung hat. Dennoch erreicht man mit Romanen, die in die Tiefe gehen, selten eine breite Öffentlichkeit." Es sei vielfach eine Sache des Marketings. Bei kleineren Verlagen sei es wahnsinnig schwer, zu Buchbesprechungen in den großen Zeitungen und Magazinen zu kommen.
"Mir geht es darum, wieviele Leute kann ich erreichen. Nicht aus der Position heraus, dass ich etwas Wichtiges zu verkünden hätte, ich verschone meine Leserinnen und Leser mit Lebensweisheiten oder wichtigen Erkenntnissen, die ihr Leben beeinflussen könnten. Kunst, in diesem Fall die Literatur, ist für mich etwas, das den Menschen Freude machen soll", betont Günther Freitag.
In finsteren Stunden stelle sich ihm mitunter die Frage, "ob der ganze Einsatz, den man da leiste, sich lohne". Denn Freitags Bücher sind ja nicht so schnell dahingeschrieben wie etwa ein Kriminal- oder Trivialroman. Zumeist stehe die Arbeit von eineinhalb bis zwei Jahren dahinter.

"Ich lebe mit meinen Figuren"

Freitag: "Ich habe seit 2013 in meinen Veröffentlichungen einen Zwei-Jahres-Rhythmus, der psychisch wirklich auszehrt. Denn die Dinge, die ich schreibe, sind ja nur zum Teil der Wirklichkeit entnommen. Zum überwiegenden Teil sind sie Erfindung beziehungsweise Umgestaltung der Wirklichkeit. Ich habe selten einen fixen Plan, wie das Buch endet. Wenn ich beginne, habe ich zumeist Figuren, Orte, manchmal auch Musik, Bilder, Eindrücke vor mir. Und dann entsteht das alles, es baut sich ein Kosmos an Figuren und Orten auf. Ich lebe mit meinen Figuren, führe mit ihnen im Kopf ein Gespräch, um zu überprüfen, wie ich deren Charakter angelegt habe und ob die Handlungsebenen funktionieren. Ich habe immer probiert, neue Blickwinkel zu finden, andere Erzählperspektiven einzufügen. Ich will nicht zweimal genau dasselbe machen."

Buchtipp:
Günther Freitag: Bacons Schatten
Wieser Verlag, 280 S., € 21,00 
ISBN 978-3-99029-477-2

Mehr über Günther Freitag und den Wieser-Verlag erfahren Sie hier!

Dazu gibt es einen Kommentar von Wolfgang Gaube!

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