Das Haus in Naracoorte stand schon bereit

Vier Generationen mit steirischen Wurzeln: die ehemalige St. Stefanerin Anni Moesengruber (Mitte) mit ihrem ersten Urenkerl Georgia, Enkelin Katherine (re.) und Tochter Caroline (li.). Enkel Brenton Rowe läuft als Leichtathlet für das österreichische Team. | Foto: KK
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  • Vier Generationen mit steirischen Wurzeln: die ehemalige St. Stefanerin Anni Moesengruber (Mitte) mit ihrem ersten Urenkerl Georgia, Enkelin Katherine (re.) und Tochter Caroline (li.). Enkel Brenton Rowe läuft als Leichtathlet für das österreichische Team.
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  • hochgeladen von Astrid Höbenreich-Mitteregger

Aufgewachsen ist Anni Moesengruber, geborene Pölzl, als eines von elf Kindern in Niederdorf bei St. Stefan, später zog sie mit ihrer Familie nach Leoben-Hinterberg. Heute lebt Anni Moesengruber in Naracoorte, einer rund 5.000 Einwohner zählenden Kleinstadt in Südaustralien. Und das seit genau 57 Jahren. „Es war 1960, als ich mit 26 Jahren meinem späteren Mann Josef nach Australien folgte. Er war aus Steyr in Oberösterreich und lebte bereits seit vier Jahren in Australien, als ich nachkam. Er hatte schon unser Haus in Naracoorte gebaut, gemeinsam richteten wir es anschließend ein“, erinnert sich Anni Moesengruber, die bis dahin in stetem Briefkontakt mit ihrem Sepp, der am Bau tätig war, stand. Der Abschied von zu Hause fiel ihr nicht leicht, das Auswandern war eine Reise ins Ungewisse, die Liebe war jedoch stärker. „Meine Mutter begleitete mich an jenem Tag nach Salzburg, von wo ein Bus uns Auswanderer nach München brachte, von wo das Flugzeug nach Australien startete. Der Flug – damals noch eine Seltenheit – wurde  übrigens von der australischen Regierung bezahlt.“

Weihnachten wie Karneval

In Melbourne wurde die junge St. Stefanerin, die vor ihrer großen Reise in der damaligen Papierfabrik in Leoben-Hinterberg arbeitete, schon sehnsüchtig von ihrem Verlobten erwartet. „Mich an die dortige Hitze zu gewöhnen, war wohl eine der größten Herausforderungen, und eine Riesenumstellung war in diesem Zusammenhang auch, dass Weihnachten bei hohen Temperaturen im Sommer und mehr wie Karneval als ein besinnliches Fest gefeiert wurde. Ansonsten hatte ich aber kein besonders großes Heimweh. Ich war viel zu beschäftigt, mich in der neuen Heimat einzuleben, die Sprache zu erlernen, unser Haus herzurichten und im Geschäft eines Nachbarn aufzuräumen“, erzählt die 84-Jährige, die sich auch erinnert, dass viele Australier anfangs nicht so freundlich waren, sobald sie bemerkten, dass das Englisch nicht so gut war. Nicht lange nach ihrer Ankunft fand die Hochzeit statt, 1962 kam mit Caroline das erste von vier Kindern zur Welt. Mittlerweile ist Anni Moesengruber elffache Großmutter und frischgebackene Urgroßmutter der kleinen Georgia.

Erster Heimatbesuch

1972, nach zwölf langen Jahren, stand der erste Heimatbesuch an. „Caroline war damals schon zehn Jahre alt, Amanda sechs und Peter drei Jahre, als meine Familie in Leoben zum ersten Mal unsere Kinder sah. Mittels Fotos und Briefen ließ ich bis dahin meine Eltern und Geschwister an meinem Leben in Australien teilhaben.“ In Abständen von mehreren Jahren besuchte Anni Moesengruber, deren Mann vor einigen Jahren verstarb, künftig immer wieder ihre Lieben in Österreich. Das letzte Mal vor vier Jahren. In Naracoorte ist sie nach wie vor sehr aktiv und ins Gemeindeleben eingebunden. Seit 30 Jahren ist sie für die "Vincent de Paul"-Gesellschaft tätig, die Menschen in Not hilft. „Ich sortiere etwa gebrauchte Kleidung und Geschirr oder versehe  Waren mit Preisen. Es macht mir große Freude, dreimal pro Woche im Vincent de Paul-Geschäft zu stehen. Langeweile kenne ich nicht. Auch im Garten, im Haus, für die Familie und mit Freunden ist immer etwas zu tun“, sagt sie.

Die Heimat am Teller

Den Kontakt zu ihren noch verbliebenen Geschwistern im Bezirk Leoben hält sie mittels Telefonaten und Briefen oder über das Internet ihrer Kinder aufrecht. Österreich holt sie sich nach wie vor „auf den Teller“, wenn sie nämlich Wiener Schnitzel oder Kaiserschmarren kocht. Leider sei das Fleisch in Australien nicht vergleichbar mit österreichischem. „Ich denke natürlich sehr oft an die Steiermark und ich vermisse die Familie. Heimat vergisst man nie. Australien ist jetzt aber zu meiner zweiten Heimat geworden und ich habe es nie bereut, ausgewandert zu sein.“

Enkel läuft für Österreich

Übrigens: Anni Moesengrubers Enkel Brenton Rowe, der auch die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, läuft seit 2011 als Mittelstreckenläufer im Österreichischen Leichtathletik Verband für Österreich und konnte bereits zahlreiche Siege für sich und das Heimatland seiner Großmutter verbuchen. Der 30-Jährige lebt mit seiner Frau Lauren im australischen Geelong.

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