Fronleichnam – Feiertag, 12.30 Uhr zu Mittag, Halle im Bahnhof Praterstern. Leute werden schubweise unter großem Hallo in den Supermarkt eingelassen.
Ich schaue gegenüber in die Auslage der Buchhandlung, als eine einzelne laute Stimme aus dem allgemeinen Gewirr herausdringt, irgendetwas Wirres schreit.
Als ich den kurzen Gang zu der Halle zurückkehre, sehe ich links neben dem Eingang des Supermarktes einen Menschen, der gerade aus dem zweiten Hosenbein heraussteigt und der nun splitternackt ist. Um ihn herum scharenweise Leute jeden Alters, die offenbar schon länger zugeschaut haben.
Ich weiß, dass mein Handy-Akku leer ist, also mache ich mich auf den Weg zur Polizeiwachstube, eigentlich in der Annahme, dass mir wohl gleich Polizisten entgegenkommen würden, denn da drinnen waren ja wohl nicht nur Leute mit „saftlosem“ Handy.
Eine Polizistin und ein Polizist machen sich gleich auf den Weg, ÖBB-Security (Ich wusste nicht, dass es die gibt.) ist inzwischen auch dort. Die Bahnhofshalle hat sich inzwischen noch deutlich mehr gefüllt. (Eine Großmutter sagt zu einem Buben: „Das ist nur ein stinkender nackter Sandler.“ Eine Frau versichert via Hand: „Ja wirklich, glaubst es net. Soll ich ein Bild machen?“)
Die gaffende Meute hat ihr Feiertagsvergnügen und lässt sich nur widerwillig vom Polizisten „zerstreuen“, der wirre Mensch wird betreut.
Es beruhigt mich, dass er wohl nicht bemerkt hat, wie Schaulustige ihm seine Würde genommen haben.
An die, die es angeht: Bitte, löscht die Fotos von den Handys!
Autor:Christine Hollmann aus Leopoldstadt |
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