Uschi Lichtenegger: "Der Bezirk trägt schon jetzt eine grüne Handschrift"
Die neue Bezirksvorsteherin der Leopoldstadt erzählt im bz-Interview, womit die Grünen die Bezirkswahl gewonnen haben, welche Anliegen sie unterstützen wird und warum der Praterstern in ihren Augen ein Patient ist.
Haben Sie mit dem Ergebnis gerechnet bzw. wurde während des Wahlkampfs schon deutlich, dass sich ein erster Platz ausgehen könnte?
USCHI LICHTENEGGER: "Wir waren in diesem Wahlkampf sehr viel auf der Straße unterwegs und haben mit vielen Bürgern gesprochen. Die Resonanz war sehr gut. Aber ja, der erste Platz hat uns dann doch überrascht."
Was sagen Sie zur geringen Wahlbeteiligung?
"Mir geht es jetzt darum, als Bezirksvorsteherin für alle Leopoldstädter da zu sein: für diejenigen, die gewählt haben, und natürlich auch für jene, die nicht gewählt haben. Denn wir alle sind die Leopoldstadt, und gemeinsam machen wir den Bezirk zum lebenswertesten in ganz Wien."
Womit konnten Sie Ihrer Meinung nach die Wähler im Zweiten für sich gewinnen?
"Unser Weg des Miteinanders hat die Wahl entschieden, wir haben das gemeinsame vor das Trennende gestellt. Wir sind positiv geblieben und haben den Bezirk nicht krank gejammert."
Welche Anliegen/Wünsche für die Leopoldstadt haben Ihnen die Menschen im Bezirk im Wahlkampf verraten?
"Die Themen waren sehr vielfältig: Von der Bitte, die Grünräume, wie etwa Augarten oder Donaukanal, zu schützen, über Fragen aus dem Verkehrsbereich oder der Schulwegsicherheit bis hin zu Jungunternehmern, die mit ihren Anliegen zu uns kamen."
Die Leopoldstadt war jetzt 70 Jahre lang eine SPÖ-Hochburg. Wie kann der Bezirk nach so langer Zeit „grüner“ werden?
"Wir haben schon jetzt einiges umgesetzt: So haben wir für den Erhalt der Wiese am Donaukanal erfolgreich gekämpft und auch der neue, innovative Stadtteil am Nordbahnhof trägt eine deutliche Grüne Handschrift."
Steht das Team der Grünen für die Arbeit im Bezirk schon fest?
"In den Grundzügen ja, aber im Detail gibt es noch einige offene Punkte, die wir dazu im Team besprechen müssen. Jedenfalls haben wir eine gute Mischung aus erfahrenen und neuen, hochmotivierten Menschen, die darauf brennen, die Leopoldstadt noch lebenswerter zu machen."
Welche Themen stehen ganz oben auf Ihrer To-Do-Liste als Bezirkschefin?
"Auf drei Themen lege ich besonderen Wert: Erstens: Unsere Kinder müssen sicher in die Schule und wieder nachhause kommen. Ich habe zwei Enkerln. Nicht auszudenken, wenn eines von ihnen auf dem Schulweg angefahren wird. Da gibt es noch einige Gefahrenstellen zu entschärfen. Zweitens: Unsere 6.700 UnternehmerInnen im Bezirk sind unser Potential für die Zukunft. Ihnen müssen wir ein attraktives Umfeld bieten. Und drittens: Die Grünräume in unserem Bezirk zählen zu den wertvollsten Wiens. Auch unsere Kinder und Enkelkinder sollen Prater, Augarten, Donaukanal und Donauufer noch genießen können."
Als gelernte Familienhelferin ist das Thema Familie sicher im Fokus Ihrer Themen im Bezirk. Gibt es hierzu schon konkrete Pläne, wie man Familien in der Leopoldstadt besser unterstützen kann?
"Mir geht es vor allem um ausreichende Kinderbetreuungsplätze, sichere Schulwege, und Schulen, die die beste Bildung bieten. Mit dem Schulcampus am Nordbahnhof haben wir ein Vorzeigeprojekt, wie wir Grüne uns Schule vorstellen. Durch das hier praktizierte gemeinsame Lernen und Spielen sollen die sozialen Fähigkeiten der Kinder besonders gefördert werden."
Kultur ist Ihnen ja ebenfalls ein großes Anliegen. Was kann/soll dazu im Zweiten passieren?
"Im Kulturbereich möchte ich verkrustete Strukturen aufbrechen und Neues schaffen. Ein konkretes Projekt wäre etwa der der Wasserturm am Nordbahnhofgelände: Ich möchte, dass dieser zum selbstverwalteten Kulturzentrum wird."
Ihr Vorgänger Karlheinz Hora meinte einmal, solange er im Amt ist, soll bestenfalls jede Schule im Zweiten in eine Ganztagsschule umgewidmet werden. Wie stehen Sie zu diesem Thema?
"Ich möchte gleiche Chancen für alle Kinder. Dazu gehört auch ein ausreichendes Angebot an Ganztagsschulen. Natürlich muss auch die Qualität und die personelle Ausstattung passen."
Die Initiative „Kaiserwiese für alle“ hofft durch die Grünen auf eine breitere Unterstützung für ihr Anliegen. Wird das ein Thema für Sie sein?
"Ich werde mich dafür einsetzen, dass die Kaiserwiese in Zukunft wieder häufiger der erholungssuchenden Bevölkerung der Leopoldstadt zur Verfügung steht."
Was soll durch die Grünen im Bezug auf den Augarten weiter passieren? Gibt es schon ein Feedback seitens der Burghauptmannschaft zu Ihrer Petition hinsichtlich Öffnungszeiten?
"Wir haben die Petition im Mai an die Bundesgärten übergeben. Als Bezirksvorsteherin werde ich das Gespräch mit den Bundesgärten suchen. Neben den Öffnungszeiten werden wir dort auch über eine zusätzliche Durchwegung des Augartens und andere Anliegen sprechen."
Ist die Umsetzung einer zweispurigen Praterstraße mit einer grünen Bezirksvorsteherin nun realistischer geworden?
"Bei der Praterstraße ist Luft nach oben. Die Geschäftsleute sind zu uns gekommen und haben gesagt: Bitte macht’s was. Doch egal wo und wann etwas passiert: Geschäftsleute und Anrainer müssen mitbestimmen. Das ist mir ganz wichtig. Eine gerechtere Aufteilung des Straßenraumes wird sicherlich ein Ziel von Veränderungen sein, aber damit alleine ist es sicherlich nicht getan."
Wie sehen die Ideen der Grünen unter Uschi Lichtenegger zum Thema Praterstern aus?
"Der Praterstern ist wie ein Patient. Soll man täglich darüber jammern, wie krank er ist oder will man ihn behandeln? Ich will ihn behandeln. Erstens: klug planen und umgestalten. Am Karlsplatz hat das auch funktioniert. Zweitens: aufsuchende Sozialarbeit (SAM, welche die Betroffenen direkt ansprechen und ihnen Rat und Tat anbieten, Anm.d.Red.). Sie kann Kriminalität nachweislich senken. Drittens: ein Leitsystem. Am Praterstern kennt sich niemand aus. Da braucht es Orientierung und eine gewisse „Luftigkeit“."
Die Zusammenarbeit zwischen Rot und Grün im Bezirksparlament war ja nicht immer einfach. Wünschen Sie sich Astrid Rompolt als Stellvertreterin?
"Diese Personalentscheidung muss die SPÖ selbst treffen, da möchte ich nicht vorgreifen."
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