Taborstraße: Eklat bei Gedenkfeier - Ursula Stenzel stört Veranstaltung
Gestern, am 10. Oktober, wurde in der Taborstraße 5 ein jiddisches Straßenschild enthüllt. Doch Ursula Stenzel nützte die Veranstaltung für eine "besondere" Ansprache.
LEOPOLDSTADT. Die Feier am 10. Oktober sollte eine fröhliche Angelegenheit werden. Der Präsident der israelitischen Kultusgemeinde Oskar Deutsch, die Vizepräsidenten Chanan Babacsayv und Dezoni Dawaraschwili und Oberrabbiner Arie Folger sowie zahlreiche Gäste aus dem Bezirk, Bezirksvorsteherin Ursula Lichtenegger (Grüne), Anrainer und Interessierte feierten die Enthüllung eines Hausschildes, das in der Taborstraße 5 aufgehängt wurde. „Taborstraße“ auf Jiddisch ist darauf zu lesen. Ab 17 Uhr sollten die Geschichte und Gegenwart der Leopoldstadt betont werden. Fröhlich und friedlich.
„Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, das jiddische Schild im Bezirk dauerhaft aufzuhängen. Es soll uns an die jüdische Geschichte der Leopoldstadt erinnern, das durch die mehrfachen Vertreibungen und schließlich die Shoa fast zu Ende gewesen wäre. Das Schild soll aber auch aufmerksam machen, dass wir hier heute wieder ein reges jüdisches Leben haben, das den Bezirk enorm bereichert und worüber ich mich sehr freue“, so Lichtenegger anlässlich des besonderen Ereignisses. So weit, so gut. Doch da war auch Ursula Stenzel, die Stadträtin der FPÖ.
Eklat während der Feier
"Frau Stenzel ist knapp vor der Veranstaltung gekommen und hat einige Leute angeredet, um darauf aufmerksam zu machen, dass ihre Partei das ganze unterstützt habe", so Andrea Stangl, Vorsitzende der Kulturkommission der Leopoldstadt. Auch an Oskar Deutsch wandte sich die Stadträtin mit ihrem Anliegen. Der jedoch, so Stangl, ließ sie abblitzen. Noch mehr, er betonte in seiner anschließenden Rede, dass er sich für die Zukunft eine Regierung ohne Stenzels Partei, die FPÖ, wünsche.
Stenzel: Protest in Hochform
Der Wunsch des IKG Obmannes ließ sich die ehemalige Bezirksvorsteherin nicht kalt. Sie startete danach eine Protestrede, in der sie beklagte, dass die Veranstaltung gegen die FPÖ missbraucht werde. "Erst nachdem sich Gäste der Veranstaltung vor Stenzel positioniert hatten, um sie daran zu hindern, weiter die Feierlichkeiten zu stören, kehrte, wieder Ruhe ein", so Stangl. Auch Bezirkschefin Lichtenegger zeigte sich verwundert: „Das „robuste“ Auftreten von Ursula Stenzel hat mich irritiert, zumal der deutlich sicht- und hörbare Protest seitens vieler Anwesender, die Stenzels ungeplanten Auftritt als Provokation empfunden hatten, bei ihr keine Wirkung ausgelöst hat. Ihr Einschreiten wurde als unangemessen empfunden.“
"Einseitige und undemokratische Stellungnahme"
Ursula Stenzel selbst ließ auf Nachfrage wissen, dass sie gerne an der Enthüllung der Tafel teilgenommen habe, auch weil sie die Haltung der FPÖ begrüßt hatte, die sich für die Wiederanbringung dieses Straßenschildes ebenso wie die anderen Parteien eingesetzt hatte. "Zu dem Vorfall kam es im Anschluß an die Enthüllung, als sich der Präsident der Kultusgemeinde Deutsch zu Wort meldete und ein politisches Statement abgab – obwohl protokollarisch nicht vorgesehen – wonach für die Mitglieder der Kultusgemeinde im Prinzip alle Parteien wählbar seien, nur nicht die FPÖ", so Stenzel. Sie habe sich gegen die "einseitige und auch undemokratische Stellungnahme" verwehrt und zudem "einige sehr gute Gespräche mit einigen Mitgliedern der Kultusgemeinde, dem Oberrabiner und dem Vizepräsidenten der Kultusgemeinde" geführt, so Stenzel weiter.
Der Hintergrund zum Schild
Der Berliner Künstler Sebestyén Fiumei hatte bereits vor einiger Zeit eine künstlerische Intervention gestartet und ein Schild an einem Haus in der Taborstraße montiert. Dort blieb das Schild einige Zeit lang unbemerkt, bevor es Protest-Anrufe im Bezirk gab und das Schild abmontiert werden musste. Dann gründete sich eine facebook-Gruppe, die das besondere Straßenschild wieder aufhängen wollte. Und schließlich fand sich in der Taborstraße 5 ein Hausbesitzer, der sein haus für die Gedenktafel zur Verfügung stellte. Damit sollte ein bewusstes Zeichen zur Geschichte und Gegenwart in der Leopoldstadt gesetzt werden.
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