Nachkriegszeitlich strukturiert

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Neun Prozent der Steuereinnahmen fließen in die Gemeinden - wird das Ihrer Meinung nach mit den Verhandlungen mehr werden?
Jürgen Winter: Die Angelegenheit Steuerverteilung ist sehr komplex und historisch gewachsen. Daraus ergeben sich oft nicht nachvollziehbare Verteilungen aus den Steuereinnahmen durch den Bund. Es ist und wird schwierig sein, alle zufriedenzustellen. Eine große zu bewältigende Hürde sind die vermehrten Aufgaben, die den Gemeinden aufgebürdet wurden - ohne diese verstärkt abzugelten.

Wie würde eine gelungene Reform aus Ihrer Sicht funktionieren?

Es darf nicht nur bei der Verteilung der Mittel angesetzt werden. Die Aufgabenstellung muss geklärt sein: Wofür ist das Land zuständig - wofür sind Bund und Gemeinden zuständig. Die Aufgaben müssen klar verteilt sein - erst dann kann man gerechte Anteile aus dem Steuerkuchen aufteilen. Man kann den Gemeinden auf jeden Fall mehr Verantwortung zumuten - diese muss aber mit Know-How, Personal und Steuermitteln unterstützt sein.

Wohin würde dieses Mehr an Ressourcen in Ihrer Gemeinde fließen?

Die Pflichtaufgaben liegen natürlich im Sozialbereich. Die Einnahmen-Ausgaben-Schere ist in den letzten Jahrzehnten immer weiter auseinander gegangen. Mittlerweile ist die Grenze erreicht.

Warum dauern die Verhandlungen so lange - bremst vielleicht jemand?
Wir haben überall starke Persönlichkeiten mit guten Argumenten - quasi an jeder Ecke. Dazu kommt das Kuriosum, dass die Gemeinden sowohl vom Gemeinde- als auch vom Städtebund vertreten sind. Die Aufteilungs-Struktur stammt noch aus der Nachkriegszeit. Nach dem zweiten Weltkrieg waren die Bedürfnisse ganz anders. Zum Beispiel waren die Städte völlig zerstört, die ländlichen Gemeinden nicht so stark betroffen. Damals wurde beschlossen, mehr Steuergeld in den Aufbau dieser Städte fließen zu lassen - große Änderungen sind danach nicht mehr passiert.

Wie lange können die Finanzausgleichsverandlungen noch andauern?
Das ist schwer zu sagen - das Thema ist wie gesagt sehr komplex. Auch haben Bürgerinnen und Bürger in Wien, Eisenstadt, Liezen oder Bregenz jeweils andere Bedürfnisse. Es wirklich jedem recht zu machen - und das ist ja das Ziel der Verhandlungen - ist mit so vielen Faktoren schwierig.

Ja oder Nein: Sind Sie der Meinung, dass Ihre Gemeinde nach den Finanzausgleichsverhandlungen besser gestellt sein wird?
Nein.

Informationen zum Finanzausgleich

Beim Finanzausgleich geht es um die Verteilung der staatlichen Steuereinnahmen unter Bund, Ländern und den Gemeinden.
Es gibt unzählige Zuschläge und Abzüge. Der Bund leistet Sonderzahlungen, etwa für Landeslehrer oder Flüchtlingsbetreuung, auch Länder und Gemeinden schieben Geld hin und her – der berüchtigte "Transferdschungel", der laut einem neuen Rechnungshofbericht offenbar auch für die Gebietskörperschaften so undurchsichtig ist, dass bisweilen falsche Summen an die Gemeinden ausbezahlt wurden.
Die Länder stehen deutlich besser da: Sie kommen letztlich auf 36 Prozent der Steuermittel, während dem Bund nur mehr 54 Prozent und den Gemeinden neun Prozent bleiben.

Verhandlungen zum Finanzausgleich: Die Steirer hoffen, dass es besser wird!

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