„Es war, als hätt' der Himmel die Erde still geküsst...“ - Gedanken zur Karwoche

Ansveruskreuz

„Es war, als hätt' der Himmel die Erde still geküsst...“, so beginnt Joseph von Eichendorff sein Gedicht „Mondnacht“. Zu Beginn der Heiligen Woche berühren mich diese Worte auf eine besondere Weise. Alle Geheimnisse unseres Glaubens verdichten sich in dieser einen Woche. In allen Gemeinden rund um den Globus vertiefen sich die Menschen in dieser Woche in das Geschehen der Passionsgeschichte
Den Auftakt bildet der Jubel des Palmsonntags. Doch schon in dieser Feier mischten sich Misstöne in den Jubel. In der Messfeier des Palmsonntags hören wir schon die aufgebrachte Menge ihr „Kreuzige ihn!“ schreien. Der Jubel verstummt am Palmsonntag schlagartig. Es folgen die drei stillen Tage Montag bis Mittwoch. Denn was nun kommt braucht die Stille, um in seiner Bedeutung erfasst werden zu können. Was nun kommt, verändert die Welt für immer. Das Geschehen dieser Tage versöhnt Himmel und Erde.
Mit wenigen Stilmitteln, dafür auf umso eindringlichere Weise versuchen wir, dem liturgischen Geschehen dieser Tage einen würdigen Raum zu schaffen. In der Heiligen Woche herrscht in allen katholischen Kirchen der Welt eine ganz besondere Atmosphäre der Stille und des Gebetes. Die Ölbergwache am Gründonnerstag und die Grabesruhe am Karfreitag und Karsamstag weisen dann noch eindringlicher auf die Bedeutung dieser hohen Tage hin. Die Kirchen bleiben schmucklos, selbst die Glocken und die Orgel verstummen nun. Und merkwürdig, gerade dadurch wird schon greifbar, dass hier bald etwas ganz besonderes geschehen wird.
In dieser Atmosphäre der Stille beginnt schon etwas zu wachsen. Noch lässt es sich allerdings nicht ganz erkennen, noch lässt die ganze Tragweite sich nicht erfassen. Doch wer in diesen Tagen die Stille einer Kirche aufsucht, der verlässt sie mit Sicherheit anders, als er sie betreten hat.
Dann wird es Abend am Karsamstag. Zur Grabesstille kommt nun noch eine bedrohliche Finsternis. Es wird dunkel in der Kirche. In unserer Kirche hier vor Ort wie in allen Kirchen der Welt. Doch dann – ein kleines Licht. Das Licht einer einzigen Kerze kämpft mutig an gegen die Finsternis. Zuerst allein, dann aber entzünden sich an diesem Licht einzelne weitere Kerzen. Dem folgen schließlich hunderte, tausende – überall nun, schließlich auf der ganzen Welt. Und es wird hell ringsum. Wir können die Gesichter unserer Mitmenschen wieder erkennen. Trotz Dunkelheit. Die Finsternis hat ausgespielt. Es ist kein Platz mehr für das Dunkel. Der Tod hat sein Spiel verloren. Das Leben siegt. Himmel und Erde sind versöhnt. Darum bricht jetzt der Jubel in unserer Kirche los. Und was für ein Jubel: Christus ist auferstanden. Dieser Jubel wird nun endgültig sein.
Aber heute stehen wir erst am Beginn der Heiligen Woche. Diese Woche will ich ganz bewusst erleben. Vielleicht gelingt es mir, ganz still zu werden. Diese Tage sind eine gewaltige Chance. Denn in diesen Tagen, da hat der Himmel die Erde still geküsst...

Franz Zeiger

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