Schwerpunkt Selbsthilfegruppen
Long Covid: Der lange Kampf um Anerkennung

Die Mitglieder von Österreichs erster Long Covid-Selbsthilfegruppe fühlen sich vom Gesundheitssystem im Stich gelassen. | Foto: WavebreakmediaMicro/Panthermedia
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  • Die Mitglieder von Österreichs erster Long Covid-Selbsthilfegruppe fühlen sich vom Gesundheitssystem im Stich gelassen.
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Um anderen ihren Leidensweg zu ersparen, gründete Maarte Preller im Jänner 2021 Österreichs erste "Long Covid"-Selbsthilfegruppe. Darin tauschen sich mehr als 500 Betroffene und auch Angehörige aus – und es werden täglich mehr.

GRAZ/LINZ. Extreme Erschöpfung, kaum Energie um aus dem Bett zu kommen, Schlaflosigkeit und starke Kopfschmerzen – Symptome nach einer überstandenen Covid-19-Erkrankung, mit denen auch die Hausärztin nichts anfangen konnte. So erging es der Grazerin Maarte Preller. „Es kann nicht sein, dass ich die einzige bin“, dachte sie und stieß im Internet auf das Thema „Long Covid“, so der medizinische Begriff für jene Personen, die auch Wochen nach überstandener Corona-Infektion mit Symptomen zu kämpfen haben. Etwa jeder zehnte Erkrankte ist davon betroffen.

Viel Unverständnis bei Ärzten

Anfang des Jahres rief Preller die erste österreichische Selbsthilfegruppe für „Long Covid“-Betroffene ins Leben. „Ich lernte zufällig eine andere Frau im selben Alter kennen, der es ähnlich ging. Bei ihr habe ich gemerkt, wie wichtig der Austausch ist“, erzählt Preller. Mit der gegründeten Selbsthilfegruppe möchte sie nun auch anderen Menschen ihren eigenen Leidensweg ersparen.
Viele Mitglieder stießen davor bei Ärzten auf Unverständnis. Mediziner stellen „Long Covid“ nach wie vor ins „psychosomatische Eck“, sagt Preller. Auch Lisa Stallinger aus Linz ist eine Betroffene: „Es gibt noch wenig Studien zum Thema, so sind Erfahrungsberichte der Betroffenen auch für Menschen vom Fach sehr relevant“, sagt die 28-Jährige. Die Facebook-Gruppe "Long Covid Austria" zählt mittlerweile knapp 500 Mitglieder – und es werden täglich mehr. „Als ich auf die Gruppe gestoßen bin und las, dass es sehr, sehr vielen Menschen in Österreich so geht, war das eine große Erleichterung“, berichtet sie. Die Erfahrungsberichte anderer hätten ihr wieder „Kraft und Hoffnung“ gegeben.

Krankheit setzt der Arbeit Grenzen

Die Organisation der Gruppe sei dabei nicht immer leicht. "Jede von uns ist gleichzeitig eine Betroffene", berichtet Stallinger davon, dass die Krankheit der Arbeit immer wieder Grenzen setzt. Lange Telefonate oder Bildschirmarbeit führten bei vielen Betroffenen zu starkem Kopfweh, Schwindel oder Fieber – physische Treffen gab es bisher nicht. Mittlerweile gibt es auch eine Homepage, mit der einerseits Aufklärungsarbeit geleistet werden soll. Andererseits ist die Internetseite auch Anlaufstelle für Patienten, die nach Ärzten in Österreich suchen, die Erfahrungen mit „Long Covid“ haben. Das Problem postviraler Erschöpfungszustände werde in Österreich nach wie vor zu wenig ernst genommen, meint Preller. In Deutschland sei man da weiter. An der Berliner Charité werde das Thema mittlerweile am eigenen „Fatigue Zentrum“ intensiv beforscht.

Treffen mit Gesundheitsminister Anschober

So ist der Einsatz der "Long Covid"-Gruppe auch ein politischer Kampf um die Anerkennung einer bisher zu wenig beachteten Krankheit. „Wir sprechen von 56.000 Betroffenen alleine in Österreich“, sagt Preller. Anfang April traf die 31-Jährige mit ihrem Team Gesundheitsminister Rudolf Anschober zum Gespräch. „Auch nach einem Jahr Pandemie sind Covid-Patienten in Österreich sehr alleine", hofft Preller auf ein Umdenken: "Dabei wäre Nachversorgung so wichtig."

Die Selbsthilfegruppe "Long Covid Austria" erreichen Sie über das Info-Portal Longcovidaustria.at oder Sie schreiben eine E-Mail an longcovidAT@gmail.com

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