Interview mit Detlef Wimmer: "Möglichst viel gestalten"

Detlef Wimmer ist seit 2009 im Stadtrat der Stadt Linz.
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Herr Wimmer, ist Linz eine sichere Stadt?
Detlef Wimmer:
Trotz gestiegener Einwohnerzahl in Linz ist die Zahl der Delikte leicht rückläufig. Jeder Rückgang soll Motivation dazu sein, dass sich das Ganze noch weiter verbessert. Eine Bürgerbefragung hat ergeben, dass das subjektive Sicherheitsgefühl in Linz variiert. Im Wohnumfeld fühlen sich die Linzer eher sicher, in der gesamten Stadt weniger. Die Gründe wird man sich genauer ansehen müssen.

Thema Hessenpark: Sind Sie für ein grundsätzliches Alkoholverbot im öffentlichen Raum?
Lärm, Müll, Belästigung bis hin zu Sachbeschädigung und Körperverletzung sind in Linz nicht akzeptabel. Ein Alkoholverbot könnte einen Beitrag zur Symptombekämpfung leisten. Ich bin dafür, dass man sich konkret den Hessenpark ansieht und die Auswirkungen beurteilt. Das Bettelverbot in Linz ist sektoral und zeitlich begrenzt. So etwas sollte immer anlassbezogen sein. Ein Verbot in der ganzen Stadt wäre auch verfassungswidrig.

Wird bei Platzverboten das Problem verdrängt?
Bei der Bettelei hat das Verbot zu keiner Verlagerung geführt, weil nur bestimme Plätze attraktiv dafür sind. Ob ein anderer Park dieselbe Attraktivität wie der Hessenpark bietet, wird man sehen. Wenn eine Verdrängung im Sinne einer Aufteilung in mehrere Parks erfolgt, ist das in Summe vielleicht harmloser.

Halten Sie die Umgestaltung des Parks für sinnvoll?
Die Umgestaltung ist nur dann sinnvoll, wenn es auch entsprechende Maßnahmen gibt. Sonst heißt es die Politik nimmt sehr viel Geld in die Hand, unterm Strich kommt aber nichts dabei heraus. Sozialarbeit oder ein Alkoholverbot sind im Vergleich mit wenig finanziellem Aufwand verbunden.

Wird der Ordnungsdienst das Alkoholverbot kontrollieren?
Es handelt sich um eine ortspolizeiliche Verordnung, die von Organen der Gemeinde durchgeführt wird. Das ist alleine schon rein rechtlich so, da ansonsten die Gemeinde etwas beschließen könnte, dass dann von anderer Seite bezahlt werden müsste.

Was halten sie von Konsumräumen für Suchtkranke?
Diese Räume gibt es bereits, setzen aber wiederum Freiwilligkeit voraus. Eine Einrichtung soll aber nicht an den Ressourcen scheitern.

Sie treten dafür ein, dass der Ordnungsdienst von Sozialarbeitern unterstützt wird?
Drei Modelle liegen am Tisch: Eine Weiterbildung bestehender Mitarbeiter, eine direkte Anstellung von Sozialarbeitern oder externe Dienstleistungen, die zugekauft werden. Ich denke, dass ein Mischsystem sinnvoll ist. Die Kompetenzen der Mitarbeiter werden weiter erhöht und darüber hinaus wird es Menschen brauchen, die eine ganz spezifische Erfahrung haben. Die Freistellung von Mitarbeitern für ein Sozialstudium wäre eine weitere Möglichkeit.

Stört es Sie, wenn jemand Stadtwache sagt?
Stadtwache ist ein Begriff, der sich eingebürgert hat. Das ist nicht abwertend, also spricht nichts dagegen. Gerade am Beginn vor acht Jahren war der Ordnungsdienst politisch stark umstritten. Da wurde vor Übergriffen gegenüber der Linzer Bevölkerung gewarnt. Mir ist kein Fall bekannt, wo jemand rechtlich belangt worden wäre. Von Kritikern wurde sicher mit Argusaugen auf den Sicherheitsdienst geschaut. Das wäre relativ rasch medial aufgearbeitet worden.

Welche Erfahrungen gibt es mit den zivilen Einheiten des Ordnungsdienstes?
In Bereichen wo man uniformiert nichts ausrichten kann, gibt es Kontrollen in Zivil. Etwa bei organisierten Verabredungen vulgo Bettlerbanden. Da gibt es zum Teil Aufpasser, da wird man den Personen in Uniform nicht habhaft. Das ist gerade bei größeren Veranstaltungen wie Weihnachtsmärkten, bei Veranstaltungen in der Innenstadt oder auch zum Teil in Gastgärten sinnvoll.

Funktioniert die Integration in der Stadt?
Es gibt Vereine, die wirklich offen sind und die Stadtpolitik auf breiter Basis einladen. Wo man sich bemüht, Veranstaltungen zweisprachig oder ausschließlich auf Deutsch zu veranstalten. Integration heißt ja nicht, dass Traditionen, etwa ein kroatischer Volkstanz, nicht aufgeführt werden dürfen. Das kann ja auch bereichernd sein, etwa dort wo es gemeinsame historische Wurzeln gibt. Wo Vereine sich abschotten, können Vorurteile weder bestätigt noch abgebaut werden. Wo Grundsätze der Offenheit verletzt werden, dürfte kein Cent Steuergeld fließen.

Lautet Ihr Ziel, 2021 Bürgermeister zu werden?
Wir haben bei der letzten Wahl unser historisch bestes Ergebnis erreicht, da wird die Luft nach oben dünner. Jeder, der in der Politik mitwirkt, muss das Ziel haben, möglichst viel gestalten zu wollen, was aber im Umkehrschluss nicht heißt, dass man nichts gestalten kann, nur weil man nicht Bürgermeister ist. Wir sehen das auch jetzt. Wir haben Bettelverbot, Videoüberwachung oder einen ausgeglichenen Finanzhaushalt umgesetzt, Weichen für Infrastrukturprojekte gestellt.

Wie zufrieden sind Sie mit Schwarz-Blau im Bund?
Die ersten Zeichen stimmen mich optimistisch. Im Bereich Sicherheit gibt es die Zusage, Personal aufzustocken, auch im Infrastruktur-Ressort gibt es eine gute Gesprächsbasis.

Sie sind mittlerweile einer der älteren Stadtpolitiker...
Ich bin in der komfortablen Position einer der längstdienenden und zeitgleich einer der der jüngsten Politiker in der Stadt zu sein. Somit kann man noch nicht sagen, dass ich ein Sesselkleber bin. Die Mischung macht es aus. Wer viel Erfahrung hat, muss auch darauf achten, dass nicht die Dynamik darunter leidet.

Sie sind noch motiviert?
Das ist vielleicht sogar untertrieben. Wenn man etwas bewegen kann und die Stärke hat und das geht mit dem Kollegen Hein ausgezeichnet, kann man in ganz unterschiedlichen Ressorts viel auf die Reihe bringen. Wenn man als Partei zwei Ressorts hat, tut man sich auch leichter mit Synergieeffekten.

Sie gelten als Anhänger von Blau-Rot. Die Zusammenarbeit in der Stadt funktioniert ganz gut. Wie zufrieden bist du mit Schwarz-Blau im Bund?
Es ist in den ersten 100 Tagen einiges an Weichen gestellt worden. Wenn in Linz noch nich alles abgeschlossen ist, was bis 2021 getan werden soll, kann es noch weniger auf der Bundesebene so sein. Die ersten Zeichen stimmen mich sehr optimistisch. Im Bereich Sicherheit gibt es die Zusage Personal aufzustocken, auch im Bereich Infrastruktur gibt es Kontakt und eine gute Gesprächsbasis, so dass ich Bescheid weiß, was die Spiegelbilder unserer Ressorts sein.

Der Innenminister hat vorgeschlagen, die Bereitschaftspolizei mit Tasern auszustatten. Wäre das auch für Linz wünschenswert?
Ich glaube, Taser könnten eine Lücke schließen. Ein Schusswaffengebrauch, ein lebensgefährdender Waffengebrauch ist nur in den seltensten Fällen überhaupt zulässig. Oft steht ein Polizist selbst mindestens mit einem Fuß im Gefängnis. Es gab den Fall in einem Supermarkt in Krems, wo geschossen wurde, im Nachhinein nach einer juristischen Prüfung festgestellt, dass die Schüsse nicht zulässig waren. Nur der Polizist muss das in Sekundenbruchteilen entscheiden, in denen es um sein eigenen Leben geht. Ich bin für jede Maßnahme offen, wo man nicht gleich einen lebensgefährdenden Waffengebrauch braucht. Waffengebrauch ist in Österreich ein extrem seltener Fall. Ich will auch keine Zustände, wo jeder herumballern darf, wie er gerade lustig ist. Taser könnten das Handlungsspektrum in einem mittleren Bereich zwischen Pfefferspray und Schusswaffe noch ergänzen.

Sind die verschärften Sicherheitsmaßnahmen, die Sperre des Aufgangs beim Neuen Rathaus notwendig?
Im Sozialbereich hat es Pöbeleien und Drohungen gegeben. Wer ehrlich ist kann das nicht wegleugnen, dass es Vorfälle gegeben hat. Sicherheitsmaßnahme im Haus trägt nicht nur zur Sicherheit der Mitarbeiter sondern auch anderer Personen bei. Absolut 100-prozentige Sicherheit kann man wahrscheinlich nie erreichen, aber anstreben. Ich will mir aber den Vorwurf nicht gefallen lassen, dass man mehr hätte tun können. Es gab auch den Vorfall, wo mit der Axt das Glas eingeschlagen wurde, da fange ich als Mitarbeiter schon sehr zum nachdenken an. Bei einem Dienstwagen der Stadt Linz wurde in der Tiefgarage die Heckscheibe eingeschlagen von einer offenbar im Delirium befindlichen Person, die man ohne Aufzeichnung gar nicht einmal hätte dingfest machen können.
Ein öffentliches Gebäude muss für Bürger attraktiv bleiben.

Von Kritikern der Überwachung wird gesagt es geht nur um den politischen Effekt. Genau darum geht es nicht: Mit jeder Maßnahme die gesetzt wird, nimmt man sich selber ein Thema. Wenn etwas passiert, könnte man ja sagen, wir haben es eh immer gefordert. Je mehr passiert, umso mehr Gelegenheit den eigenen Standpunkt zu untermauern. Das bestätigt, dass es eben nicht um eine Effekthascherei geht, sondern um die Sicherheit. Sicherheit ist ein Thema, das eher bei Nichtvorhandensein auffällt. Ähnlich wie beim Verkehr, wenn man im Eiltempo fahren kann nimmt man das nicht mehr ganz im selben Ausmaß positiv wahr, wie man sich ärgert, wenn man im Stau steht. Aber verantwortungsvolle Politik heißt auch nicht nur Schönwetterpolitik zu machen , sondern auch Themen anzugreifen, bei denen der Schuh drückt. Sie lesen von uns nur sehr wenig Presseaussendung in denen steht, dass früher alles furchtbar war. Fast immer steht drinnen, was jetzt besser sein soll. Daher wird man auch hoffentlich 2021 Bilanz ziehen können und sehen, dass etwas positiv bewegt worden ist.

Detlef Wimmer ist seit 2009 im Stadtrat der Stadt Linz.
Wimmer ist unter anderem Vorsitzender des Sicherheits- und Ordnungsausschusses. Auch Finanzangelegenheiten oder das Gesundheitswesen fallen in sein Ressort.
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