Fridays For Future
Vom Smartphone zum Megaphon – wie eine Bewegung entsteht

Ida Berschl (Bildmitte) mit ihren Mitstreiterinnen beim weltweiten Schüler-Klimastreik am 15.März 2019.  | Foto: BRS/Archiv
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  • Ida Berschl (Bildmitte) mit ihren Mitstreiterinnen beim weltweiten Schüler-Klimastreik am 15.März 2019.
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In seinem Buch "Inside Fridays For Future" gibt Benedikt Narodoslawsky einen spannenden Einblick in die noch junge Geschichte der Klimabewegung in Österreich. Auch die Anfänge in Linz werden skizziert. Wir haben mit dem Autor über die türkis-grüne Regierung, die Folgen der Corona-Krise für die Bewegung und das Klimavolksbegehren gesprochen.

LINZ. Der Anfang war bescheiden: Zur ersten Linzer Fridays For Future-Demo am 25. Jänner 2019 kamen ganze neun Leute. Organisiert wurde sie von der damals 17-jährigen Ida Berschl aus St. Florian am Inn. Via Instagram war die Schülerin auf die bereits bestehende Wiener Fridays For Future-Gruppe gestoßen. Weil es in OÖ noch keine Gruppe gab, ermunterte sie ein Wiener Aktivist, doch selbst aktiv zu werden – mit Erfolg. Beim zweiten Streik waren es schon ein paar Dutzend, die Woche darauf 200 Aktivisten, die vor dem Linzer Landhaus für Klimaschutz demonstrierten. Etwas später klinkte sich der Schulsprecher des Georg-von-Peuerbach-Gymnasiums, Bjarne Kirchmair, ein und mobilisierte in den Linzer Schulen. Der globale Schulstreik am 15. März wurde zu einem Riesenerfolg. Mehr als 3.000 Schüler strömten auf den Hauptplatz, weltweit waren es Millionen. Die Fridays waren zum politischen Faktor geworden. Wissenschafter schlossen sich an, die EU-Wahl im Mai 2019 wurde europaweit zur "Klimawahl", die Nationalratswahl im Herbst brachte den Grünen ein Rekordergebnis und schließlich die Regierungsbeteiligung. Binnen kurzer Zeit hat es die von Greta Thunberg inspirierte Bewegung geschafft, die Klimakrise ins Bewusstsein der Menschen und auf die Agenda der bis dahin säumigen Politik zu bringen. Aber wie konnte eine Handvoll politisch unerfahrener Schüler und Studenten das schaffen?

Die Untätigkeit der Politik treibt auch in Linz tausende Schüler auf die Straße. | Foto: BRS/Archiv
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Jeder kann etwas tun

Antworten darauf gibt Narodoslawskys Buch. Der Journalist zeichnet die Entstehung der Bewegung vom ersten stillen Protest Thunbergs vor dem schwedischen Reichstag bis zur türkis-grünen Regierungsbildung in Österreich nach, in deren Programm der Klimaschutz erstmals eine nennenswerte Rolle spielt. Dabei wird deutlich: Jeder und jede kann etwas tun. Selbst am Anfang einer globalen Bewegung stehen oft einzelne Menschen, die sich etwas trauen, improvisieren und hartnäckig dran bleiben. Der Autor nimmt sich auch Zeit, die Ursachen der Klimakrise und die düsteren Prognosen der Wissenschaft zu erklären. Erschütternd ist, wie lange diese Fakten schon auf dem Tisch liegen. Die Politik hat die Gefahr jahrzehntelang weitgehend ignoriert und Österreich nimmt dabei einen traurigen Spitzenplatz ein. Es ist dieses Versagen der Älteren, das die Fridays auf die Straße treibt. Und das Gefühl nicht mehr viel Zeit zu haben.


Ein optimistisches Buch

Trotz der düsteren Szenarien ist es ein optimistisches Buch, das wohl so manchem frustrierten Alt-Aktivisten Mut machen dürfte. Denn die Energie der Fridays steckt an. Die Direktheit und Unverblümtheit, mit der sie die Dinge beim Namen nennen, hilft den Blick jenseits von vermeintlichen Zwängen, politischer Taktik und klassischer Verdrängung auf das Wesentliche zu schärfen: die Rettung der Menschheit vor einer Klimakatastrophe. 

Das Buch "Inside Fridays For Future" ist im Falter Verlag erschienen, | Foto: Falter Verlag
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Die verpasste Corona-Chance

Wie viele andere Autoren hat Narodoslawsky mit dem Erscheinungstermin seines Buches Pech gehabt. Aufgrund des Corona-Lockdowns mussten alle Veranstaltungen und Präsentationen abgesagt werden. Auch die Dynamik der Klimabewegung hat der Virus gebremst.

"Durch Corona haben die Fridays das Momentum, die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und ihre politisch stärkste Waffe verloren – nämlich die Massendemonstrationen", sagt Narodoslawsky.

Der weltweite Klimastreik im April musste mit bescheidenem Erfolg ins Internet verlagert werden. Die Regierung hat aus Sicht des Autors die Chance, durch die Corona-Rettungspakete eine echte Klima-Wende einzuleiten, verpasst. Zwar würden hunderte Millionen Euro in den Klimaschutz gepumpt, etwa in den öffentlichen Verkehr. Gleichzeitig werde aber mit noch mehr Geld eine Fluglinie gerettet. Und die ökosoziale Steuerreform samt CO2-Steuer sei längst überfällig - und längst noch nicht in Sicht. Das Klimavolksbegehren unterstützt er deshalb.

"Ich habe es unterschrieben, weil ich weiß, dass die Politik selbst für kleine Schritte im Klimaschutz großen Druck von außen braucht. Das beweisen schlicht die letzten 30 Jahre in der österreichischen Klimaschutzpolitik."

Das Buch von Benedikt Narodoslawsky ist im Falter-Verlag erschienen.

Inside Fridays For Future
Falter Verlag
212 Seiten
ISBN-13: 978-3854396666
24,90 Euro

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