„Bewusstsein für zeitgenössischen Tanz schaffen“
Vor zehn Jahren wurde RedSapata als Vernetzungsstelle für Tanzschaffende gegründet. Die Initiative bietet Tänzern einen Proberaum und interessierten Laien die Möglichkeit, bei Workshops in die Welt des Tanzes einzutauchen.
„Der Grundgedanke war, dass es im professionellen Tanzkunstschaffen oft wenig Ressourcen und Orte zur Vernetzung gibt. Wir wollten Strukturen schaffen, damit die freie Tanzszene in Linz und Oberösterreich gut arbeiten kann“, sagt Ilona Roth. Die heute 35-Jährige hatte damals gerade ihr Studium an der Anton Bruckner Privatuniversität abgeschlossen. „Ich hatte überhaupt kein Netzwerk und habe gemerkt, dass es meinen Kollegen genauso ging.“ Gemeinsam mit Emmanuelle Vinh gründete sie kurzerhand RedSapata.
Volles Risiko
Angefangen hat alles in einer Galerie im Lenaupark, wo RedSapata erstmals den Tanzboden auflegte. Kurz darauf erhielt der Verein die Möglichkeit, Räumlichkeiten am Hauptplatz anzumieten. „Wir haben den Mietvertrag angemietet, ohne eine einzige Förderzusage zu haben. Wir sind damals volles Risiko eingegangen, nicht nur finanziell. Zum Glück hat sich dann Stück für Stück alles gefügt. Ohne ein bisschen Wahnsinn geht es ja auch nicht.“ Schon damals war es das Ziel, auch Publikumsaufbau zu betreiben. „Wir wollen Bewusstsein für zeitgenössischen Tanz schaffen“, sagt Roth. Das passiert etwa durch Kurse und Workshops, bei denen Laien die Möglichkeit erhalten, die Welt des Tanzes zu entdecken. Wer dabei reinschnuppert, interessiert sich dann oft auch dafür, was die Linzer Tanzszene sonst noch zu bieten hat, und besucht entsprechende Aufführungen. Die Bemühungen zeigen inzwischen Erfolge: „Das Bewusstsein für Tanz als Kunstform ist in den vergangenen Jahren sicher gewachsen“, so Roth.
„Sind keine Tanzschule“
Mittlerweile ist RedSapata in der Tabakfabrik beheimatet. 200 bis 250 Menschen gehen hier jede Woche ein und aus, und die angebotenen Kurse ziehen immer mehr Interessierte an. Das hat man etwa beim letzten Open House Day im Februar gesehen. Der große Zuspruch lässt das Team darüber nachdenken, ob diese zweite Schiene künftig weiter ausgebaut werden soll oder nicht. „Wir wollen aber keine Tanzschule sein und bieten daher manches ganz bewusst nicht an. Die Kurse sind nicht unsere Hauptschiene. Wir sind dabei auch zeitlich limitiert, weil der Raum eigentlich Tänzern für ihre Projekte zur Verfügung stehen soll.“ In den zehn Jahren hat das Team, das mittlerweile aus Ilona Roth, Ulrike Hager und drei weiteren Vorstandsmitgliedern besteht, ein ausbalanciertes System gefunden, um alle Bedürfnisse stillen zu können.
Weniger Förderungen und ein Umzug
Vor Probleme wird das Team aber durch die aktuelle Fördersituation im Land gestellt. Generell werde es für Tänzer immer schwieriger, so Hager, „überhaupt Förderungen zu bekommen, geschweige denn ein ganzes Jahr lang ein Studio zu erhalten“. Gelder für Einzelprojekte sind vom Land OÖ heuer fast komplett gestrichen worden, dadurch fallen auch Förderungen vom Bund weg. „Aus unserem Umfeld sind bereits einige Künstler betroffen, auch solche, die seit Jahren das Vertrauen der Fördergeber genossen haben. Wenn viele Produktionen gar nicht stattfinden können, ist natürlich auch unsere Situation fraglich. Für die Künstler ist die Situation zur Zeit jedenfalls sehr prekär“, sagt Roth. Unklar ist auch der künftige Standort von RedSapata. Das Gebäude, in dem die Initiative derzeit beheimatet ist, wird in ein paar Jahren abgerissen. Dem Team wurden zwar Ersatzflächen in der Tabakfabrik angeboten, „diese sind aufgrund der vielen Säulen allerdings nicht geeignet. Außerdem wären die Kosten höher, was für uns nicht leistbar ist“, so Roth.
Vernetzen und etwas aufbauen
„Leistbare Proberäume zu finden, war in Linz schon immer ein Thema, nicht nur im Tanz. Etwas vergleichbares wie RedSapata, wo Tänzer kostenfrei proben können, gibt es in Österreich und auch international nicht. Besonders junge Tänzer, die etwa frisch mit dem Studium fertig sind, sollen hier die Möglichkeit bekommen, sich etwas aufzubauen“, sagt Hager. Derzeit entstehen hier pro Jahr rund 30 bis 50 Produktionen zum Teil oder zur Gänze. Das Geld, das sich die Künstler für die Miete ersparen, können sie in diese Projekte fließen lassen. Besonders schön für die beiden Organisatorinnen ist, „dass die Künstler nicht mehr wie früher oft in Lagern operieren, sondern sich hier kennenlernen können und näher zusammenrücken“. Immer wieder sind auch internationale Tanzprofis zu Gast, von denen manche ihr Wissen in Workshops weitergeben oder dem Linzer Publikum in kleinen Shows zeigen, woran sie gerade arbeiten. Auch wenn die Initiative viel Arbeit kostet und darunter manchmal das eigene künstlerische Schaffen etwas leidet: „Es lohnt sich. Und wir haben Gefallen daran gefunden, zu sehen, wie andere arbeiten“, sagt Roth.
Zwei Mal Geburtstag
Den zehnten Geburtstag feiert RedSapata heuer gleich zwei Mal. Am 22. März sind im Posthof vier aktuelle, recht unterschiedliche Bühnenproduktionen zu sehen: „5ive“ von Samer Alkurdi, „in between“ von Natascha Wöss und Monika Huemer, „The Village“ von Lee Jung In und „Impossibility in It’s Purest Form“ vom Atom Theatre. Anschließend sorgt DJ Georgie Gold für Partystimmung. Ein großes Tanzfest wird es dann am 29. April direkt bei RedSapata in der Tabakfabrik geben. Mit dabei sind sogar einige Tänzer aus Indien, die in einer Produktion von Elias Buttinger zeitgenössischen, indischen und urbanen Tanz zeigen werden. Auch RedSapata-Mitbegründerin Emmanuelle Vinh, die inzwischen nach Tirol gewechselt ist, ist mit Offtanz Tirol bei der Geburtstagsfeier zu Gast.
Große Projekte für 2018
Ebenfalls heuer stehen noch die Sommertanztage auf dem Programm, die sich mit ihrem bunten Programm vor allem an Jugendliche richten. Weiters plant Roth im Oktober eine Konferenz zum Thema „Participatory Community Art“. Laien erarbeiten dabei mit professionellen Methoden ein künstlerisches Produkt. Besonders wichtig dabei ist die individuelle oder gesellschaftspolitische Komponente. Zu Gast wird etwa ein Experte aus Schottland sein, der verschiedene Methoden vorstellen wird. „Die derzeitige politische Lage fragt nach dieser Form der Arbeit, doch es gibt noch viel zu wenige Angebote. International hat sich schon viel dazu entwickelt und dieses Wissen muss verbreitet werden“, lädt Roth Interessierte zum Besuch ein.
Mehr Infos gibt’s auf redsapata.com
Zu den Personen:
• Ilona Roth ist in Kasachstan geboren, kam mit sieben Jahren nach Deutschland und begann bereits damals mit dem Tanzen. Sie hat an der Anton Bruckner Privatuniversität studiert und ein Semester in New York absolviert. Roth hat zahlreiche internationale Projekte umgesetzt und u.a. lange in Ägypten gearbeitet. Daneben hat sie ein Masterstudium in Unternehmensführung abgeschlossen. Derzeit arbeitet sie etwa am Projekt „10 + 10 Brücken“, einem Stück das gemeinsam mit Laien mit den Methoden des Theaters der Unterdrückten erarbeitet wird.
• Ulrike Hager hat als Kind in der Landesmusikschule Ballett und Stepptanz gelernt. Ursprünglich strebte sie einen technischen Beruf an, doch das Tanzen hat sie nie losgelassen. Sie studierte ebenfalls an der Bruckneruni und verbrachte ein Auslandsjahr in Amsterdam. Zurück in Österreich bekam sie ein Engagement bei der Editta Braun Company, wo sie heute noch als Assistentin arbeitet. Im RedSapata-Team ist sie seit 2011. Eigene Stücke sind ihr Steckenpferd.
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