Dinner im Dunkeln

An der Schulter von Gülfide Egrigöz führte die Gäste der Weg zum Dinner in der Dunkelheit.
  • An der Schulter von Gülfide Egrigöz führte die Gäste der Weg zum Dinner in der Dunkelheit.
  • hochgeladen von Stefan Paul

LINZ (spm). Es ist der Tag des Sehens – und gleich wird es finster. Mit der Hand auf der Schulter des Vordermannes geht es rein in den völlig abgedunkelten Raum. Die Augen versuchen verzweifelt zu erkennen, wo es lang geht, aber es gibt nichts zu Erkennen. Die Führung hat eine freundliche Frauenstimme übernommen. Sie bewegt sich zielsicher durch den Raum. Gülfide Egrigöz ist blind, doch schnell entsteht der Eindruck als wäre sie diejenige, die sehen kann. Ohne einmal irgendwo anzustreifen bringt sie uns zielsicher auf unsere Plätze. Ein buntes Publikum, vom Augenarzt bis zum Behindertenkoordinator der Stadt Linz, hat sich auf Einladung von Ferdinand Kühtreiber, Obmann des Blindenverbandes Oberösterreich, beim Dinner im Dunkeln eingefunden. Für zwei Stunden erfahren die Gäste, wie sich Essen und Trinken für einen Blinden anfühlt.
Und genau dieses Essen und Trinken, etwas völlig Alltägliches, wird im Dunkeln zur großen Herausforderung. Die erste Aufgabe an die Gäste: "Auf Ihrem Tisch stehen eine Flasche Mineralwasser und ein Glas, das Sie sich gleich selbst befüllen dürfen." Ein Raunen, dann Scherze, entstanden aus Unsicherheit. Alle gehen ähnlich vor. Vorsichtiges Abtasten, die Flasche öffnen, am Glas ansetzen und Hoffen auf das Blubbern – ein sicheres Zeichen, getroffen zu haben. Aber wie weiß man, wann das Glas voll ist? Ich halte einen Finger von oben einen Zentimeter ins Glas wird er nass, reicht es. Nicht die vornehmste Lösung, aber es funktioniert.

Akustischer Nebel
Es ist laut. Die meisten reden, die Entfernungen lassen sich nur schwer einschätzen, und die Lauteren übertönen gnadenlos die Leiseren. Am Nebentisch erklärt jemand, dass das Sprechen der Leute für einen Blinden in etwa so ist, wie der Nebel für einen Sehenden. Ein sehr treffender Vergleich. Auch das Essen bringt dann seine Herausforderungen mit sich. Suppe löffeln, Salat aufgabeln, Schnitzel schneiden und die Königsdisziplin, die weiche Erdbeertorte aufladen. Alles erfordert Finesse, jeder sucht seinen eigenen Zugang, manche erfolgreicher, manche weniger, satt werden aber alle. Trotz aller Anstrengungen hat die Atmosphäre auch etwas Entspannendes: Körperhaltung, Essstil, die ganze Etikette – spielt alles keine Rolle. Mein Gegenüber betont, wie angenehm es sei, einfach mal das Schnitzel und die Torte mit den Fingern essen zu können. Für Blinde gilt das im Alltag freilich nicht, da sie natürlich sehr wohl immer gesehen werden. Zur Torte gibt‘s dann Kaffee. Dieser wird dankenswerterweise eingeschenkt, die Taktik mit dem Finger wäre bei heißem Kaffee wohl nicht empfehlenswert.

Die Freude am Sehen
Was folgt, sind abschließende Worte von Ferdinand Kühtreiber, der es wieder Licht werden lässt. Es ist schön wieder zu sehen. Vom Dinner im Dunkeln nimmt man in jedem Fall mehr mit, als einen vollen Magen. Man weiß das Augenlicht wieder mehr zu schätzen und empfindet Bewunderung dafür, wie Blinde ihren Alltag bewältigen.
Betroffene können sich jederzeit an den Blindenverband melden. Gleiches gilt für Interessierte, die mal im Dunkeln essen wollen. Mehr Infos unter: www.blindenverband-ooe.at

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