Gumpendorferstraße
Der Bäcker aus dem Kloster

- Adem Martinaj betreibt die Bäckerei Blutaumüller in der Gumpendorfer Straße 45.
- Foto: Mathias Kautzky
- hochgeladen von Sophie Alena
Moslem Adem Martinaj lebte fünf Jahre lang im Kloster. Heute betreibt er die Bäckerei Blutaumüller.
MARIAHILF. "Meine Kindheit war schwierig und ich hatte die falschen Freunde – so war ich mehr als 15 Jahre heroinsüchtig", erzählt Bäckermeister Adem Martinaj, der Anfang des Jahres die Bäckerei Blutaumüller in der Gumpendorfer Straße 45 übernommen hat.
Geboren wurde er 1980 in eine Bäckerfamilie in Prizren im heutigen Kosovo. "Als 9-jähriger bin ich von einer Mauer durch eine Glasscheibe gefallen, seither bin ich gehbehindert." Mit seiner Familie zog er dann nach Deutschland und machte eine Ausbildung als Kaufmann. "In meinem Freundeskreis waren alle negativ eingestellt und nahmen Drogen. So wurde auch ich drogensüchtig." Er begann zwar mit Therapien, brach aber alle wieder ab. "Ich fragte mich, was ich nur falsch gemacht hätte, weil nichts in meinem Leben funktionierte. Ich fühlte mich völlig verloren."
Ins Kloster nach Međugorje
Ein Freund erzählte ihm vom christlichen Pilgerort Međugorje in Bosnien. Martinaj war fasziniert davon und sagte zu seinen moslemischen Eltern: "Dieser Ort zieht mich an!" Dort wurde er schließlich in ein Franziskanerkloster aufgenommen – als Moslem. "Ich war nur mit Beten und Arbeiten beschäftigt, hatte keinen Fernseher und kein Handy. Es war die beste Zeit meines Lebens." Martinaj erzählt, wie er im Kloster lernte, die kleinen Dinge des Lebens wertzuschätzen. "Je weniger ich hatte, desto reicher wurde meine Seele." Als er das Kloster verließ, kam es ihm vor, als beträte er eine fremde Welt. "Überall wird den Menschen eingeredet, dass alles Fremde böse ist. Aber das stimmt nicht. In Međugorje sind wir alle Brüder: Serben, Kroaten, Kosovaren, Moslems, Christen."
Die Bäckerei führt er so, wie er es im Kloster gelernt hat: Alles wird von Hand gebacken, ohne Backtreibmittel und vorgefertigten Teig. "Wir werfen nichts weg. Bleibt etwas übrig, bekommt es eine Food-Sharing-Initiative oder das "Frühstück im Park" für Obdachlose, erzählt er beim Rundgang in der Bäckerei, die es seit 1953 gibt. "Einige Nachbarn beschweren sich über den Ofengeruch. Aber im Kloster hat jemand zu mir gesagt: 'Wirft jemand mit Steinen nach dir, gib ihm Brot zurück'".
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