Forschungsojekt Gumpendorf: Die Nachbarschaft im Fokus
Amsterdam, Stockholm, Wien: Wie funktioniert in diesen Städten das nachbarschaftliche Miteinander? Ein Forschungsteam ist dieser Frage mehr als drei Jahre lang nachgegangen.
MARIAHILF. Wer herausfinden will, was die Nachbarschaft denkt, sollte sich in Hundezonen oder auf Kinderspielplätzen aufhalten. Denn dort haben die Menschen Zeit, sich zu unterhalten, während sich ihre Kinder oder Hunde vergnügen. Das kann jedenfalls Josef Kohlbacher berichten. Ihm haben diese Orte im Rahmen seiner sozialwissenschaftlichen Forschung gute Dienste erwiesen.
Er war Teil eines Forschungsteams, das in den vergangenen dreieinhalb Jahren das Zusammenleben in jeweils drei Grätzeln in Amsterdam, Stockholm und Wien untersucht hat. Das Projekt, das unter anderem von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und den Gebietsbetreuungen der betreffenden Bezirke durchgeführt wurde, ist nun abgeschlossen. Vergangene Woche wurden im Theater an der Gumpendorfer Straße die Ergebnisse präsentiert. Dabei war der Ort nicht zufällig gewählt, der Bezirksteil Gumpendorf in Mariahilf war eines der drei Grätzel, das neben dem Matznerviertel im 14. Bezirk und dem Hippviertel im 16. Bezirk untersucht wurde.
Gesellschaft diversifiziert sich
Dabei drehte sich alles um die Frage: Wie funktioniert das nachbarschaftliche Miteinander dort, wo viele unterschiedliche Menschen zusammenleben? Denn die Stadt Wien wächst, die Gesellschaft wird unterschiedlicher. Die gute Nachricht: Mariahilf funktioniert ein bisschen wie ein Dorf in der Stadt, die Menschen sind aufgrund der Kleinheit des Bezirks viel zu Fuß unterwegs, man begegnet sich im öffentlichen Raum. „Unsere Nachbarn können wir uns nicht aussuchen und doch kommen sie uns sehr nahe. Wir fördern daher das Zusammenleben mit unserer Initiative Miteinander in Mariahilf“, so Bezirksvorsteher Markus Rumelhart (SPÖ) zu den Studienergebnissen.
Und damit spricht Rumelhart an, was auch die Forscherinnen und Forscher als zentral beschreiben: politische bzw. gesellschaftliche Maßnahmen, die das Zusammenleben fördern. Denn das friedliche Miteinander unterschiedlicher Menschen ist ein hohes Gut, das geschätzt, aber auch gefördert werden muss – und hier ist Wien im europäischen Vergleich durchaus ein Vorbild. Darunter fällt der beitragsfreie Kindergarten genauso wie Angebote der Volkshochschule, aber auch Beteiligungsmöglichkeiten im öffentlichen Raum, zum Beispiel "Garteln ums Eck" in Mariahilf oder der Matznergarten in Penzing.
Beteiligung ermöglichen
"Am besten funktionieren Hybridmaßnahmen", erklärt Julia Dahlvik, die ebenfalls Teil des Projektteams war. Damit meint sie solche Projekte, die zwar von einer Institution wie etwa dem Bezirk oder der Gebietsbetreuung angeboten werden, gleichzeitig aber auch Gestaltung "von unten", also Eigeninitiative, erlauben. Um eine breite und einfache Teilnahme zu ermöglichen, brauche es aber Multiplikatoren in den Communitys und auch sprachliche Hindernisse müssten durch den aktiven Einsatz von Mehrsprachigkeit überwunden werden.
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