Lokalaugenschein entlang der U6: Keine Dealer, umso mehr Polizei
Seit dem ersten Juni müssen Drogendealer schwerere Strafen befürchten. Was hat sich an der U6 seitdem getan? Die BZ machte den Check vor Ort.
WIEN. Treffpunkt Würstelstand Thaliastraße: Ein sonniger Nachmittag, eine entspannte Standlerin hinter der Theke. "Es ist alles super jetzt," sagt sie. "Alle Stammkunden sind wieder da."
Die vorhergehenden Monate fand sie weniger entspannend: "Da ist kaum jemand der üblichen Leute mehr gekommen. Manchmal sind 15 Drogendealer direkt hier herumgestanden. Sie haben mich ja nicht bedroht oder so. Aber die Leute haben sich halt nicht wohlgefühlt." Viele Würstelstandbetreiber teilen diese Sicht. "Es war halt schon arg," meint einer an der Josefstädter Straße. "Wir sind froh, dass wieder Ruhe eingekehrt ist." Andere sind des Themas aber überdrüssig. "Ich will hier nur verkaufen, fertig," meint einer.
Alle Stationen unter Kontrolle
Egal ob Alser Straße, Josefstädter Straße oder Gumpendorfer Straße: Das Bild ist überall gleich. Drogendealer sind keine zu sehen, dafür jede Menge Polizei. Deutlich sichtbar auch die Aufpasser der Wiener Linien, die in ihren gelben Westen auf den Bahnsteigen Präsenz zeigen. "Da bin ich fast ein wenig eingeschüchtert," sagt ein Jugendlicher an der Alser Straße.
Im Westbahnhof geht der private Sicherheitsdienst der ÖBB in Dreiergruppen Streife. Ein Mann afrikanischer Herkunft spendiert seiner kleinen Tochter einen Leberkassemmel. "Als Vater verstehe ich, dass gerade Eltern hier Angst gehabt haben," sagt er. "Aber ich habe Angst, dass jetzt alle Menschen mit schwarzer Hautfarbe in einen Topf geworfen werden. Kontrolliert bin ich aber noch nicht worden."
Polizei kontrolliert
Eine solche Kontrolle bricht an der Station Josefstädter Straße über zwei Männer herein. Plötzlich fahren zwei Polizeibusse heran, ein dutzend Beamter springt heraus. Die Männer müssen sich an eine Wand stellen, die Beine breit machen. Polizeibeamte durchwühlen ihre Rucksäcke und verteilen den Inhalt auf dem Gehsteig. Auch Zivilpolizisten sind beteiligt.
Bezirksvorsteher atmen auf
Seit ersten Juni führt die Polizei entlang der U6 Schwerpunktkontrollen durch. Über 40 Personen wurden bereits verhaftet. In den Bezirksvorstehungen atmet man auf, warnt aber gleichzeitig vor zu großen Hoffnungen.
Der Neubauer Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger ist zufrieden. "Bei uns passiert gar nichts mehr. Natürlich können wir nicht garantieren, dass es nicht woanders weitergeht."
Die Josefstädter Bezirksvorsitzende Veronika Mickel-Göttfert möchte sich "ganz herzlich bei der Polizei" bedanken, setzt aber hinzu, "dass wir auch weiter für die Sicherheit der Bewohner in Sozialarbeit investieren werden."
Letzteres findet auch der Alsergrunder BV-Stellvertreter Thomas Liebich wichtig: "Es ist sehr wichtig, auch Angebote für die Suchtkranken zu haben. Es kann nicht immer nur um die Dealer gehen."
Auch Franz Prokop, Bezirkschef in Ottakring ist erleichtert: "Als Bezirksvorsteher habe ich mich in den letzten Monaten mit zahlreichen Maßnahmen aktiv für eine Verbesserung der Situation eingesetzt. Im Moment haben wir den Eindruck, dass seit der veränderten Gesetzeslage eine starke Verbesserung der Lage herbeiführt wurde, was auch täglich durch Gespräche mit Bewohnerinnen und Bewohnern bestätigt wird", so Prokop. "Für die großartige Arbeit, die die Polizei hier jeden Tag leistet möchte ich mich an dieser Stelle bedanken und bin sehr froh über die gute und offene Zusammenarbeit."
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