Schulstart im Bezirk

"Kinder brauchen Kinder"

Ein neues Schuljahr hat begonnen doch nicht alle Schüler kehren in die Schulen zurück. Die Corona-Krise hat so manche Eltern dazu bewogen ihre Kinder vom klassischen Schulunterricht abzumelden.

BEZIRK MATTERSBURG. Im Burgenland hat es nach Angaben der Bildungsdirektion für das Schuljahr 2021/22 bisher etwa 200 Abmeldungen in den häuslichen Unterricht gegeben, im Vergleich zum Vorjahr hat sich diese Zahl verdoppelt.
"Die Schulqualitätsmanager (früher Schulinspektoren) in den Bezirken führen mit allen Eltern Gespräche, um die Gründe dafür zu erkunden und zugleich Aufklärungsarbeit zu leisten", geht man von Seiten der Bildungsdirektion den Beweggründen nach und weiter "Erfahrungsgemäß ziehen manche Eltern die Abmeldung vor oder kurz nach Schulbeginn wieder zurück."

"Eltern sind beim häuslichen Unterricht auf sich gestellt"

Der neu aufkommende Trend des häuslichen Unterrichts hat sich im Bezirk Mattersburg noch nicht so stark verbreitet. "Die Zahlen im Bezirk sind zwar im Vergleich zum Vorjahr auch in die Höhe gegangen aber nicht so extrem", weiß Ursula Piller, Schulleiterin der NMS in Mattersburg.
"Vor allem darf man eines nicht verwechseln: es gibt einen entscheidenden Unterschied zwischen Home Schooling und häuslichem Unterricht. Bei ersterem stellt die Schule die Lernpakete fertig vorbereitet zur Verfügung. Da haben die Kinder gelernt was wir in der Schule vorbereitet haben. Beim häuslichen Unterricht ist das anders", erklärt Piller.
Sie verweist darauf, dass beim häuslichen Unterricht die Eltern die Bücher, wenn sie das wünschen, von der Schule bekommen. Der Lehrplan muss aber alleine umgesetzt werden. Es wird kein zusätzliches Material von Seiten der Schulen zur Verfügung gestellt. "Ich traue es jedem zu sein Kind zu Hause zu unterrichten. Aber es muss schon jedem klar sein, dass es am Jahresende eine Prüfung gibt und der Lehrplan erfüllt werden muss. Da ist man auf sich alleine gestellt", so die Schulleiterin. In der NMS Mattersburg gibt es derzeit nur eine Abmeldung in den häuslichen Unterricht.

"Soziale Kompetenzen dürfen nicht vergessen werden"

"In der Volksschule Mattersburg haben wir aktuell keine einzige Abmeldung in den häuslichen Unterricht. Viele wundern sich darüber, weil bei uns doch viele Kinder sind", so die Direktorin der Volksschule Rafaela Strauss. "Der neue Trend - die Kinder in Eigenregie zu Hause zu unterrichten – hat nicht nur Vorteile. In der Schule erlernen die Kinder nicht nur Wissen sondern schulen auch ihre sozialen Kompetenzen. Zu Hause ist es, wenn man nicht mehrere Kinder zeitgleich unterrichtet, schwer Gruppenarbeiten durchzuführen. Kinder lernen auch voneinander", so Strauss.
Ein Punkt am häuslichen Unterricht den auch die Schulleiterin der NMS Mattersburg, Ursula Piller, kritisiert: "Schule hat nicht nur eine pädagogische Seite. Es ist auch die soziale Seite sehr wichtig. Wie will man Völkerball alleine spielen?"

"Kinder brauchen Kinder"

Mit der Herausforderung seine Kinder selbst zu Hause zu unterrichten hat sich Manuela Dremler intensiv auseinandergesetzt. "Ich wollte meine Kinder im neuen Schuljahr selbst zu Hause unterrichten und habe mir die Bedingungen und Anforderungen dafür genau angesehen. Am Ende kam ich von dieser Idee schnell wieder ab. Für mich schadet der häusliche Unterricht mehr als er bringt", so die Mutter.
"Abgesehen davon, dass ich hier zwei unterschiedliche Schulstufen vermitteln müsste, kann ich meinen Kindern die Schulkollegen nicht ersetzen. Kinder brauchen Kinder. In der Schulzeit findet man oft Freunde die einen das ganze Leben begleiten. Darum möchte ich meine Kinder nicht bringen", erklärt Dremler. Die Mutter sieht es auch problematisch Job und Unterricht zu Hause unter einen Hut zu bringen und ist überzeugt, dass man den Schülern im häuslichen Unterricht auch im Sport nicht die Möglichkeiten bieten kann, wie es eine Schule mit vollausgestattetem Turnsaal kann.
"Nach langer Überlegung bin ich zu dem Schluss gekommen, dass der häusliche Unterricht für uns mehr Nachteile als Vorteile bringt. Ich hätte meinen Kindern gerne den Zirkus mit ständigen Corona-Testungen und Masken erspart aber es kann nicht die Lösung sein, dass wir die Schüler deshalb sozial isolieren. Vor allem ist zu bedenken, dass ein Lehrer lange studiert, um sich die Fertigkeiten anzueignen Kindern Wissen zu vermitteln", betont Dremler.
"Unsere Lehrkräfte wachsen, seit Beginn der Corona-Pandemie, regelmäßig über sich hinaus. Was sie zusätzlich leisten, sich bemühen die Kinder möglichst individuell zu fördern und ihr möglichstes tun um auch die psychosoziale Seite nicht aus den Augen zu lassen, ist unglaublich und muss auch einmal erwähnt werden", betont die Schulleiterin der NMS Mattersburg Ursula Piller abschließend.