Lehrlinge fürchten um Existenz
Weniger Gehalt in Lehrwerkstätten
BEZIRK MATTERSBURG. Aktuell werden im Burgenland 2.608 Lehrlinge ausgebildet, 289 davon im Bezirk Mattersburg. In den letzten Jahrzehnten ist die Zahl der Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, stark gesunken. Die Folge: Jugendliche, die eine Lehrstelle suchten, fanden nur mehr schwer einen betrieblichen Ausbildungsplatz. Um dem entgegen zu wirken, hat die Politik gemeinsam mit den Sozialpartnern Lehrwerkstätten als Auffangnetz eingerichtet. Ziel dieses Programmes ist es, einen Mangel an klassischen Lehrstellen vorübergehend zu überbrücken und Auszubildende in ein betriebliches Dienstverhältnis zu vermitteln.
Finanzielles Fiasko befürchtet
Mit 1. Dezember setzt die Bundesregierung bei den Lehrwerkstätten massive Einschnitte. Für über 18-jährige „Lehranfänger“ in Lehrwerkstätten wird die bis dato gewährte Ausbildungsbeihilfe in der Höhe von 753 Euro in den ersten beiden Lehrjahren auf nur noch 325,80 Euro gekürzt. Ein Mechatroniker, so wie er in der überbetrieblichen Lehrwerkstätte im BFI Mattersburg ausgebildet wird, bekommt – aufgerechnet auf die gesamte Lehrzeit von vier Jahren – durchschnittlich 539,4 Euro pro Monat. Ein Mechatroniker-Lehrling in einem betrieblichen Verhältnis nahezu das Doppelte. SP-Bezirkschef Christian Illedits kritisiert die Kürzung der Ausbildungsbeihilfe als unsozial und leistungsfeindlich: „Junge Menschen, die bereits ein eigenständiges Leben führen, stehen vor einem finanziellen Fiasko, wenn sie z.B. bereits eine Wohnung zu bezahlen haben.“
„Wir eine schwere Hürde“
Bernhard Seipel, 18 Jahre aus Neusiedl am See absolviert derzeit das zweite Lehrjahr für Mechatronik in der überbetrieblichen Lehrwerkstätte in Mattersburg. Er pendelt täglich mehr als 50 Kilometer pro Strecke mit dem Zug und dem Bus nach Mattersburg damit er eine Lehre als Mechatroniker absolvieren kann. „Mit der Kürzung der Bundesregierung verliere ich nun im kommenden Jahr monatlich 427,20 Euro. Mit den bisherigen 753 Euro war es schon knapp auszukommen. Damit meine Mutter und ich die Wohnung in Neusiedl erhalten können zahle ich auch Unterhaltskosten. Wie wir diese Hürde im kommenden Jahr meistern können weiß ich leider noch nicht“, so ein verzweifelter Bernhard Seipel.
„Brauche wohl Nebenjob“
Der 19-jährige Karamian Mohammed Reza aus Neudörfl kommt ebenso ins zweite Lehrjahr. Auch seine Ausbildungsbeihilfe wird für das kommende Jahr mehr als halbiert. „Im Vorjahr habe ich mir ein Auto gekauft. Seither zahle ich die monatliche Leasingrate und die Versicherung. Hinzu kommt, dass ich meine Eltern finanziell unterstütze. Ich werde nun einen Nebenjob brauchen damit ich das alles finanzieren kann“, so Karamian Mohammed Reza zu seiner Situation.
„Kürzung wird Folgen haben“
Christina Spuller, 19 Jahre aus Forchtenstein absolvierte die dreijährige landwirtschaftliche Fachschule in Warth in Niederösterreich. „Ich wollte immer etwas Technisches machen. Die Lehrwerkstätte Mattersburg war die einzige Einrichtung die mir diesen Weg eröffnete“, so die mit ausgezeichnetem Erfolg heranreifende Christina Spuller, für die die Kürzung weitreichende Folgen hat: „Seit September wohne ich mit meinem Freund in einem gemeinsam gebauten Haus. Neben den laufenden Kosten dafür, zahle ich auch noch zuhause bei meinen Eltern, habe ein Auto zu erhalten und tätige Einkäufe für uns und meinen Hund. Diese Kürzung gefährdet die Existenz von jungen, engagierten und motivierten Menschen.“
Unterstützung für Betriebe
Michaela Lehrner, Sozial- und Fachbetreuerin im BFI Mattersburg unterstreicht die Wichtigkeit der überbetrieblichen Lehrwerkstätten: „Es gibt keinen privaten Lehrbetrieb wo Jugendlichen ein umfangreicheres Spektrum der Mechatronik näher gebracht wird. Es kommt sogar vor, dass Firmen an uns herantreten und wollen, dass wir ihre Lehrkräfte zusätzlich coachen. Dabei sind sie auch bereit diese Ausbildung als Firma selbst zu bezahlen.“
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