In memoriam: Merci, Udo Jürgens!

Schallplatten-Cover der LP "Zeig mir den Platz an der Sonne", Ariola 1971 (aus dem Privatarchiv von Sylvia Kreye)
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  • Schallplatten-Cover der LP "Zeig mir den Platz an der Sonne", Ariola 1971 (aus dem Privatarchiv von Sylvia Kreye)
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Ein Nachruf auf den großen österreichischen Komponisten, Pianisten, Sänger und Entertainer – von Sylvia Kreye

Einleitung

Einer der ganz Großen im Musik- und Showbusiness hat nun die Bühne der Welt für immer verlassen: Udo Jürgens, der in Österreich geborene deutschsprachige Sänger, Komponist, Pianist und Entertainer, verstarb am 21. Dezember 2014 in Münsterlingen in der Schweiz ganz unerwartet an einem Herzinfarkt.

„Mitten im Leben“ – so auch der Titel seiner letzten Tour und seiner aktuellen CD – brach Udo Jürgens während eines Spazierganges in Gottlieben, Schweiz, plötzlich bewusstlos zusammen. Sein langjähriger Chauffeur und Freund Billy Todzo hatte noch versucht, im nahegelegenen Gemeindeamt einen Defibrillator zu organisieren, um das Leben des Künstlers zu retten, doch seine Bemühungen und selbst die Wiederbelebungsversuche des sofort verständigten Notarztes blieben leider vergeblich. Um 16.25 verstarb Udo Jürgens im Spital in Münsterling.

Zuerst Peter Alexander (†12. Februar 2011) und jetzt auch noch Udo Jürgens (†21. Dezember 2014)! Mit dem Ableben dieser beiden Ausnahmekünstler, die über so viele Jahre die deutschsprachige Musik- und Unterhaltungsszene beherrscht haben, scheint tatsächlich so etwas wie eine Ära zu Ende zu gehen! Da auch ich zu jenen Menschen gehöre, die mit der Musik von Udo Jürgens, Peter Alexander und Heintje aufgewachsen sind (bevor mich die klassische Musik in ihren Bann zog), möchte ich den plötzlichen Tod von Udo Jürgens zum Anlass nehmen, um dem einzigartigen Künstler mit einem Nachruf zu gedenken!

Kindheit und Jugend

Udo Jürgens erblickte am 30. September 1934 in Klagenfurt am Wörthersee unter dem bürgerlichen Namen Udo Jürgen Bockelmann das Licht der Welt. Im elterlichen Schloss Ottmanach in Kärnten wuchs er zusammen mit seinen Brüdern John (geboren 1931) und Manfred (geboren 1943) auf. Seinem Bruder Manfred widmete Udo Jürgens sogar ein Lied: „Mein Bruder ist ein Maler“ (1977). Schon früh zeigte sich seine musikalische Begabung. Das erste Instrument, das er 1939 von seinen Eltern geschenkt bekam, war eine kleine Mundharmonika, auf der er Volkslieder spielte. 1942 bekam er ein Akkordeon.

Von der schwarzen Pädagogik und den faschistischen Auswüchsen des Nationalsozialismus blieb auch Udo Jürgens nicht gänzlich verschont: In der Hitlerjugend verpasste ihm einer der Gruppenführer eine derartig heftige Ohrfeige, dass er auf einem Ohr einen dauerhaften Gehörschaden davontrug!

Doch diese Beeinträchtigung tat seiner späteren Karriere keinen Abbruch. Die große Wende im Leben von Udo Jürgens kam mit dem Klavier, das von nun an seine große Leidenschaft bleiben und ihn sein ganzes Leben lang begleiten sollte.

1948 (mit 14 Jahren!) begann Udo Jürgens ein Musikstudium am Konservatorium in Klagenfurt. Er studierte die Fächer Klavier, Harmonielehre, Komposition und Gesang. Bereits 1949 begann er, Lieder zu schreiben.

Das 1950 entstandene Lied „Je t’aime“ des 16jährigen Udo Jürgens gewann prompt den Komponisten-Wettbewerb des Österreichischen Rundfunks! 1951 brach Udo Jürgens das Realgymnasium in Klagenfurt ab und gründete unter dem Künstlernamen Udo Bolan seine erste Band, die „Udo Bolan Band“, die neben Swing und Tanzmusik auch eigene Kompositionen von Udo Jürgens zu Gehör brachte.

Erste Erfolge und internationaler Durchbruch

1952 wirkte Udo Jürgens als Komponist, Dirigent, Klavier-, Akkordeon- und Vibraphonspieler, Arrangeur und Sänger beim Radiostudio Klagenfurt sowie als Moderator und Musiker bei der wöchentlichen Radioshow des britischen Militärsenders BFN (British Forces Networks). 1956 erhielt er seinen ersten Schallplattenvertrag mit Heliodor/Polydor und führte von nun an seinen Künstlernamen Udo Jürgens.

Nach seinem Auftritt beim Schlagerfestival im belgischen Knokke 1960 wurde sein Hit „Jenny“ die Nummer 1 in Belgien. Im selben Jahr komponierte er für Shirley Bassey den Welthit „Reach For The Stars“.

Den Verlockungen der unbeschwerten Film-Klamotten der 50er und 60er Jahre konnte auch Udo sich nicht entziehen: Als Darsteller wirkte er in Filmen wie „Die Beine von Dolores“, „Unsere tollen Tanten“, „Unsere tollen Nichten“ und „Drei Liebesbriefe aus Tirol“ mit!

1963 wurde Udo Jürgens von der Schallplattenfirma Montana unter Vertrag genommen. Seine Platte „Tausend Träume“ wurde auf Anhieb ein Hit in Österreich! Er schrieb auch Lieder für deutsche Schlagerstars wie Gus Backus, Gerhard Wendland und Rex Gildo.

1964 trat er für sein Heimatland Österreich beim „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ (dem Vorläufer des European Song Contest) in Kopenhagen an. Sein Titel „Warum nur, warum“ belegte immerhin den 5. Platz und wurde dann die Nummer 1 in Frankreich.

1965 folgte die zweite Teilnahme am „Grand Prix Eurovision de la Chanson“, diesmal in Neapel. Mit seinem Lied „Sag’ ihr, ich lass sie grüßen“ belegte Udo Jürgens nun sogar den 4. Platz. Er schrieb Lieder für international bekannte Stars wie Caterina Valente, Brenda Lee, Sascha Distel, Jean-Claude Pascal und Matt Monroe.

1966 wollte Udo Jürgens es noch einmal wissen: Er nahm gleich ein drittes Mal am „Grand Prix Eurovision de la Chanson“ teil, diesmal in Luxemburg, und landete mit seinem Chanson „Merci, Chérie“ prompt auf dem 1. Platz!

Damit war der internationale Durchbruch des Komponisten, Sängers und Musikers Udo Jürgens besiegelt! Sein Lied „Merci, Chérie“ wurde ein Welthit, seine erste Langspielplatte „Porträt in Musik“ wurde auf Anhieb ein Bestseller, und für seine Komposition „Siebzehn Jahr, blondes Haar“ erhielt er 1966 den Goldenen Löwen von Radio Luxemburg.

1967 unterschrieb Udo Jürgens einen Plattenvertrag mit Ariola, und sein Album „Was ich dir sagen will“ wurde die meistverkaufte LP des Jahres.

Meilensteine einer beispiellosen Karriere

Sein kometenhafter Aufstieg als Sänger, Musiker und Komponist war von nun an nicht mehr aufzuhalten! Konzerte führten Udo Jürgens von nun an um die ganze Welt. Seine Tournee „Udo 70“ durch 266 Städte vor mehr als 500.000 Zuschauern wurde ein Rekord.

Von nun an folgte ein Hit nach dem anderen: „Cottonfields“, „Mathilda“, „Es wird Nacht, Señorita“ (1968), „Anuschka“ (1970), „Der Teufel hat den Schnaps gemacht“ (1973), „Griechischer Wein“ (Hit des Jahres 1975), „Aber bitte mit Sahne“ (Superhit 1977), „Boogie Woogie Baby“ und „Mit 66 Jahren“ (1978) und viele andere mehr!

In den 70er Jahren schrieb Udo Jürgens Lieder für Weltstars wie Sammy Davis junior, Al Martino und Nancy Wilson. Sein Titel „Zeig mir den Platz an der Sonne“ (zu hören auf der gleichnamigen LP) wurde das Lied der Deutschen Fernsehlotterie 1971.

Die Tour „Udo 80“ wurde mit 330.000 Konzertbesuchern in 110 Konzerten die bis dahin erfolgreichste Konzerttournee von Udo Jürgens.

Für Schlagzeilen sorgte Udo Jürgens 1983 mit einem extravaganten Konzert in luftigen Höhen, für das sein Glasflügel auf das 3454 m hoch gelegene Jungfrauenjoch, Schweizer Alpen, geflogen wurde!

Anlässlich eines legendären Konzertes in Berlin im November 1989 erlebte Udo Jürgens am 9. November als Zeitzeuge den Fall der Berliner Mauer.

Auch in den 90er Jahren und im neuen Jahrtausend jagte ein Erfolg den anderen: Die Konzert-Tournee „Geradeaus“ (1992) wurde um zwölf klassische Konzerte unter dem Titel „Opern Air Symphony“ (1992) verlängert. Es folgten „Die Größenwahn-Tour“ (1994/95), „Gestern, Heute, Morgen“ (1997), „Udo 2000 - Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“ (2000), die Solo-Tournee „Unplugged“ (2002), „Es lebe das Laster“ (2003/2004), „Jetzt oder nie“ (2006), „Ein Mann und sein Klavier“ (2007), „Einfach ich“ (2009), „Der Solo-Abend“ (2010), „Der ganz normale Wahnsinn“ (2012) und schließlich die Tournee „Mitten im Leben“ (2014), die seine letzte werden sollte.

Am 2. Dezember 2007 fand die Weltpremiere des Musicals „Ich war noch niemals in New York“ im TUI Operettenhaus in Hamburg statt und überschritt schon bald die 1-Millionen-Zuschauer-Grenze. Im März 2010 kam das Musical in einer Neuinszenierung ans Raimund-Theater der Vereinigten Bühnen Wien.

Sein 2004 erschienener autobiographischer Roman „Der Mann mit dem Fagott“ wurde 2010 verfilmt. Sein 77. Geburtstag am 30. September 2011 war ein Medienereignis – ebenso wie die Geburtstagsgala „Mitten im Leben“ zu seinem 80. Geburtstag mit Moderator Johannes B. Kerner. Zahlreiche Gäste (José Carreras, David Garret, Lang Lang, Tim Bendzko, Jamie Cullum, Helene Fischer, Christina Stürmer, Yvonne Catterfeld, Annett Louisan und Chris de Burgh sowie die Komiker Otto Waalkes und Emil Steinberger) traten an der Seite von Udo Jürgens in seiner Geburtstagsgala auf, die zu einem der letzten Höhepunkte in seinem Leben werden sollte. Das Großereignis wurde am 18. Oktober 2014 im ZDF und ORF 2 übertragen und nach dem Tod von Udo Jürgens am 22. Dezember 2014 im ZDF wiederholt.

Auszeichnungen

Im Laufe seiner langen Karriere wurde Udo Jürgens mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet: Neben zahlreichen goldenen und Platin-Schallplatten erhielt er mehrere Male den Deutschen Schallplattenpreis, dreimal die Goldene Kamera, fünfmal den Bambi und achtmal (!) die Goldene Europa. Außerdem wurden ihm die Goldene Stimmgabel, der Paul Lincke-Ring, das Goldene Ehrenzeichen der Stadt Wien, die Robert Stolz-Ehrenurkunde, der Echo-Preis der Deutschen Phonoakademie, das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland, der Amadeus-Preis in Österreich, der Ehrenlöwe von RTL sowie der Ehren-Bambi verliehen. Im Februar 2014 erhielt Udo Jürgens für sein Lebenswerk in Zürich den „Prix du Champagne“.

Im Juni 2001 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Landeshauptstadt Klagenfurt verliehen. 2007 wurde Udo Jürgens Schweizer Staatsbürger und Ortsbürger der Zürcher Gemeinde Zumikon. Der seit 30 Jahren in Zürich ansässige Künstler hatte somit die doppelte (österreichisch-schweizerische) Staatsbürgerschaft.

Bademantel und Kamillentee

Bademantel und Kamillentee – diese zwei Dinge begleiteten Udo Jürgens bei seinen Tourneen um die ganze Welt und wurden zu seinem Markenzeichen. Wo immer er auch auftrat – kaum war der offizielle Teil des Konzerts beendet, verschwand Udo hinter der Bühne, um dann im Bademantel auf die Bühne zurückzukehren und noch den Zugaben-Teil anzuschließen, der dann meistens noch zu einem Extra-Konzert ausartete! Um seine Stimme zu schonen, wie er selbst sagte, trank er vor und während seiner Konzerte literweise Kamillentee. Wie viele tausend Liter mag er während seines ganzen Künstlerlebens wohl konsumiert haben? Man kann es wohl nur erahnen…

Udo und die Frauen

Beim schwachen Geschlecht wurde der sonst so starke Künstler und Mensch Udo Jürgens schon mal schwach! So manche Frau hat es im Laufe seiner Karriere geschafft, ihm den Kopf zu verdrehen! In einem Interview gestand Udo Jürgens: „Ich habe mich immer schnell verliebt. Deswegen bin ich im höchsten Maße gefährdet, wenn ich eine tolle Frau kennenlerne, weil es in einer Sekunde um mich geschehen sein kann.“

1964 heiratete er seine erste Frau Erika Meier, genannt Panja. Aus der Ehe, die 1989 geschieden wurde, gingen zwei Kinder hervor: John und Jenny. Darüber hinaus gibt es noch zwei uneheliche Kinder: Sonja und Gloria. Die Tochter Sonja ging aus einer früheren Liaison hervor. Die jüngste Tochter Gloria Burda ging aus der Beziehung mit Sabrina Burda hervor.

Udos zweite Frau Corinna Reinhold war erst 16 Jahre alt, als sie ihn kennenlernte. Das Paar heiratete 1999 und wurde 2006 wieder geschieden. Auch Sabrina Burda war erst 16 Jahre alt, als sie Udo Jürgens zum ersten Mal traf.

Mit seinen Affären sorgte Udo Jürgens oftmals für Schlagzeilen. Ein berühmtes Zitat von Udo Jürgens zum Thema Frauen ist schon beinahe Legende geworden: "Meine Geliebten waren immer zufrieden mit mir, die Ehefrauen weniger."

Udo und der Fußball

Udo Jürgens hatte nicht nur eine große Leidenschaft für Frauen, sondern auch für Fußball! Anlässlich der Fußballweltmeisterschaft 1978 in Argentinien produzierte Udo Jürgens zusammen mit der deutschen Fußballnationalmannschaft den WM-Titel „Buenos Dias, Argentina“. Ausgerechnet dieses Lied wurde der größte Schallplattenhit in Udos langer Karriere! Die Aufnahme wurde bereits nach fünf Wochen mit Gold und nach zwei Monaten mit Platin prämiert!

Für Österreich war das Jahr 1978 somit in zweifacher Hinsicht ein Erfolg: Ein Österreicher sang den WM-Titel, und als Krönung wurde dann auch noch in Córdoba die singende und kickende deutsche Fußballnationalmannschaft von der österreichischen Fußballnational-Elf siegreich geschlagen!

Mit seinem Song „Der Mann mit der Mütze geht nach Haus“ setzte Udo Jürgens 1978 dem damals scheidenden deutschen Bundestrainer Helmut Schön ein anrührendes Denkmal.

1990 nahm Udo Jürgens abermals einen Titel zur Fußball-WM zusammen mit der Deutschen Fußball-Nationalmannschaft auf: „Sempre Roma“ wurde der WM-Hit zur Fußball-Weltmeisterschaft in Italien.

1998 stellte sich Udo Jürgens erneut in den Dienst des runden Leders: Diesmal komponierte er das offizielle WM-Lied „Wunderknaben“ der Österreichischen Fußballnationalmannschaft zur Fußball-WM in Frankreich.

Und im ZDF-Sportstudio bezwang der Fußball-Fan und Hobby-Fußballer Udo Jürgens sogar zweimal die Torwand!

Musik und Text

Wo und wie lässt sich eigentlich ein Ausnahmekünstler wie Udo Jürgens einreihen? In welche Kategorie könnte man ihn einordnen? Diese Frage ist gewiss nicht so leicht zu beantworten. Unterscheidet man – ganz puristisch – die Unterhaltungsmusik von der ernsten, der klassischen Musik, so wird man Udo Jürgens wohl bei der U-Musik einreihen. Doch ist er nun ein Schlagersänger oder wohl eher ein Liedermacher, ein Chansonnier – wenn auch mit deutscher Zunge?

Denkt man an seine größten Hits wie „Griechischer Wein“, „Aber bitte mit Sahne“, „Mit 66 Jahren“, „Der Teufel hat den Schnaps gemacht“, dann wird die Antwort wohl eher „Schlagersänger“ lauten. Doch diese Bezeichnung greift im Falle eines Künstlers wie Udo Jürgens zu kurz! Denn viele seiner Kompositionen fallen wohl eher in die Kategorie „deutsches Chanson“ (sofern es dieses Genre überhaupt gibt) oder kritisches „Lied“ mit deutschem Text, wie man es eben von Liedermachern kennt.

Bereits in einer frühen Phase seiner Karriere traf Udo Jürgens in Paris seine Idole, die großen französischen Chansonniers Gilbert Bécaud, Jacques Brel, Charles Aznavour und Françoise Hardy. Diese Begegnungen prägten seinen Kompositionsstil nachhaltig. Das französische Chanson mit seiner eher klassischen Melodik und Instrumentierung sowie seinen nachdenklichen Texten wurde zum Vorbild für viele seiner Lieder.

„Merci, Chérie“ ist in seiner ansprechenden Melodik und seiner klassisch geprägten Begleitung mit Klavier und Streichern das beste Beispiel für ein klassisches Chanson – wenn auch in deutscher Sprache. Dies trifft auch auf das 1965 entstandene melancholische Lied „Sag ihr, ich lass’ sie grüßen“ und viele andere Kompositionen der 60er Jahre zu.

Viele der Lieder von Udo Jürgens widerlegen schon aufgrund ihres Kompositionsstils, aber vor allem auch wegen ihrer nachdenklichen, gesellschaftskritischen Texte das Klischee des Schlagersängers – wenngleich Ohrwürmer wie „Griechischer Wein“ und „Aber bitte mit Sahne“ diesem Klischee auch noch so sehr entsprechen mögen. Aber selbst in „Griechischer Wein“ wird ja ein ernstes Thema beleuchtet, nämlich das Schicksal der griechischen Gastarbeiter, die in den 60er Jahren nach Deutschland kamen und unter Heimweh litten.

Etwa ab 1971 wurde der Ton in Udo Jürgens’ Liedern schärfer, die Texte waren von nun an oft gesellschaftskritisch. So wurde in „Lieb Vaterland“ Kritik an politischen Verkrustungen der späten 60er Jahre laut. Gerade heute bekommt der Text dieses Liedes – angesichts der aktuellen wirtschaftlichen und politischen Situation – wieder eine erschreckende Brisanz:
„Lieb Vaterland, wofür soll ich dir danken? Für die Versicherungspaläste oder Banken?...“

Auch in den 70er und 80er Jahren sparte Udo Jürgens nicht mit Gesellschaftskritik: In „Das ehrenwerte Haus“ (1974) wurden das Spießbürgertum und die Reaktion der „ehrenwerten“ Nachbarn auf ein in wilder Ehe lebendes Paar aufs Korn genommen. Das Lied „Gefeuert“, das schon damals die Wirtschaftskrise thematisierte, ist auch heute wieder brandaktuell! Im Lied „5 Minuten vor 12“ (1982) setzte Udo Jürgens sich mit zeitkritischen Themen wie Umweltverschmutzung, Atommüll und Wettrüsten auseinander. In „Rot blüht der Mohn“ (1984) wurde das Drogenproblem thematisiert.

Das Lied „Gehet hin und vermehret euch“ (eine Kritik gegen die konservative Haltung der katholischen Kirche im Zusammenhang mit der Überbevölkerung der Erde) löste 1988 einen Proteststurm und eine Klage der katholischen Bischofskonferenz aus. Von einigen Radiosendern wurde der Titel sogar auf den „Index“ gesetzt.

Grenzgänger zwischen Unterhaltung und Klassik

Die Grenzen zwischen Unterhaltungsmusik und der sogenannten „ernsten“ oder klassischen Musik wurden von Udo Jürgens oftmals überschritten. Diese „Ausflüge“ wurden dann stets zu besonderen Höhepunkten in der langen Karriere des Künstlers.

1992 wurde die Konzert-Tournee unter dem Titel „Open Air Symphony“ zu einem Event der Superlative: Zusammen mit dem Rundfunkorchester Frankfurt, dem Kinder- und Jugendchor Frankfurt und dem Pepe Lienhard Orchester unter der Gesamtleitung von Peter Falk standen annähernd 110 Musiker und Sänger auf der Bühne! Nach dem legendären Konzert im römischen Amphitheater in Windisch bei Zürich ging die Open Air Symphony auch auf der Donauinsel in Wien sowie in anderen Städten über die Bühne.

Eine Ausnahmeerscheinung im Schaffen von Udo Jürgens ist die acht Minuten lange Komposition „Wort“ (erschienen auf der LP „Udo 80“): Für diesen Titel lieh ihm kein Geringerer als Herbert von Karajan die Berliner Philharmoniker! Das beinahe symphonisch angelegte Werk widerlegt einmal mehr das Klischee des Schlagersängers.

1986 eröffnete Udo Jürgens die Wiener Festwochen auf dem Rathausplatz vor 30.000 begeisterten Zuschauern. Begleitet wurde er dabei von den Wiener Symphonikern unter der Leitung von Peter Falk, dem Pepe Lienhard Orchester, dem Arnold Schönberg Chor und den Gumpoldskirchner Spatzen.

Am 1. Juli 2001 eroberte Udo Jürgens sogar die Bühne der Wiener Staatsoper! Zusammen mit dem Geiger Christian Fink gab er im ausverkauften Haus am Ring ein Wohltätigkeitskonzert für die von ihm gegründete Stiftung.

Umjubelt waren auch seine Gala-Auftritte bei den Opernbällen in Dresden und Frankfurt (2008 und 2014). 2013 avancierte Udo Jürgens sogar bis zum Marinsky-Theater in St. Petersburg, wo er ein Galakonzert gab.

Selbst große Künstler/innen der klassischen Musikszene scheuten sich nicht, mit Udo Jürgens gemeinsam aufzutreten oder seine Kompositionen aufzuführen: Die deutsche Opern- und Operettensängerin Anneliese Rothenberger (1926-2010) nahm 1969 Kompositionen von Udo Jürgens auf. Der Wagner-Tenor René Kollo veröffentlichte 1986 ein Album mit Kompositionen von Udo Jürgens („Musik war meine erste Liebe“).

Auch der große spanische Tenor José Carreras stand immer wieder gern mit Udo Jürgens gemeinsam auf der Bühne: Im von José Carreras initiierten Benefizkonzert „Opera For Africa“ trat Udo Jürgens im Sommer 1985 zusammen mit weltbekannten Opernsängern in der Arena di Verona auf. Auch in der alljährlich im Dezember stattfindenden José Carreras Gala war Udo Jürgens häufig zu Gast.

Wohltäter und gern gesehener Gast in Benefizkonzerten

Es sollte an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass Udo Jürgens seit Mitte der 1990er Jahre mit seinen künstlerischen Darbietungen in der José Carreras Gala (oftmals auch im Duett mit dem Startenor) regelmäßig für Höhepunkte sorgte und die José Carreras Leukämie Stiftung tatkräftig unterstützte!

Im Herbst 2014 bedankte sich José Carreras für die großzügige Unterstützung mit seinem Auftritt in der Gala zu Udos 80. Geburtstag (zusammen mit Udo Jürgens und David Garret).

1998 gründete Udo Jürgens die Stiftung „Ihr von morgen“ zur Unterstützung von Kindern und Waisen in Not. In einem Benefizkonzert trat er zusammen mit dem Geiger Christian Fink im Wiener Konzerthaus und (wie bereits erwähnt) sogar in der Wiener Staatsoper auf.

Lebenswerk

Rund 1000 Songs schrieb Udo Jürgens im Laufe seines Lebens! Würde man alle Titel nacheinander spielen, so bräuchte man dafür angeblich 2 Tage, 12 Stunden und 30 Minuten!

Man kann das Lebenswerk von Udo Jürgens wohl nicht besser auf den Punkt bringen, als es in der Laudatio anlässlich der Verleihung des „Deutschen Musikautorenpreis“ der GEMA in Berlin zum Ausdruck gebracht wurde. Von der Jury wurden Udo Jürgens’ Verdienste mit folgenden Worten gewürdigt:

„Mit dem diesjährigen Preis für das Lebenswerk ehrt die Jury des Deutschen Musikautorenpreises das Schaffen eines Musikers, der seit fünf Jahrzehnten die deutsche Musikszene prägt und beispiellose Erfolge verzeichnet. Als Komponist und Textdichter ist es Udo Jürgens gelungen, unvergessliche Melodien mit mal heiteren, mal nachdenklichen und philosophischen Texten zu vereinen.“

Abschied von Udo

Wenige Wochen vor seinem Tod, anlässlich seines 80. Geburtstages, gestand Udo Jürgens in einem Fernsehinterview:

„Man kann eigentlich Abschiedslieder in diesem Alter nicht mehr schreiben. Meine größten Abschiedslieder habe ich alle geschrieben, wie ich 45 war. Da war das weit weg. Wenn ich heut’ ein Abschiedslied mache, dann breche ich oder die Leute, die mir zuhören, in Tränen aus. Weil das ist dann – sagt man: ‚Aha, jetzt ist es aus!’ Das ist der vorgezogene... – vor allem dann kannst du nicht mehr wirklich ehrlich werden. Wenn du ein Abschiedslied, ein richtig gutes, machst, dann muss man den Tod durchhören, durch das Lied. Und das – darüber kann ich jetzt nicht singen in diesem Moment.“

Angesichts der jüngsten Ereignisse und des plötzlichen Todes von Udo Jürgens klingen diese melancholischen Worte beinahe wie eine düstere Vorahnung! Ob Udo seinen Tod vielleicht doch im Stillen irgendwie vorausahnte?

In den nächsten Wochen haben seine Fans noch einmal die Gelegenheit, sich von Udo Jürgens zu verabschieden. In Zürich, Berlin und Wien werden zu seinen Ehren Gedenkstätten eingerichtet und Kondolenzbücher aufgelegt.

Zu diesem Zwecke ist das Theater 11 in Zürich am 16. Jänner von 16:00 – 20:00 Uhr und am 17. Jänner von 10:00 – 18:00 Uhr geöffnet.

Im Säulensaal des Roten Rathauses in Berlin besteht am 19. Jänner von 10:00 – 18:00 Uhr und am 20. Jänner von 9:00 – 16:00 Uhr die Möglichkeit, Abschied von dem Künstler zu nehmen.

Auch in Wien haben die Fans Gelegenheit, sich von ihrem Idol zu verabschieden: Am 22. Jänner 2015 von 11:00 – 18:00 und am 23. Jänner von 8:30 – 18:00 Uhr wird in der Volkshalle des Wiener Rathauses eine Gedenkstätte eingerichtet und ein Kondolenzbuch aufgelegt, in das sich die Fans eintragen können.

Seine letzte Ruhestätte wird der international gefeierte Komponist, Sänger, Musiker und Entertainer in einem Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof finden. Auch wenn Udo Jürgens die Bühne dieser Welt nun verlassen hat – in seinen unvergesslichen Liedern wird er weiterleben!

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