Gastkommentar: Sechs Wochen Urlaubsanspruch "bereits" mit 18 Dienstjahren

Peter Reiter, Leiter der Arbeiterkammer Bezirksstelle Melk | Foto: AK
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Melks Arbeiterkammer-Chef Peter Reiter über mehr Urlaub für treue Dienstnehmer

Die derzeitige Diskussion rund um die sechste Urlaubswoche bzw. diesen Anspruch nach 25 Arbeitsjahren unabhängig jeglicher dienstzeitabhängiger Firmenzugehörigkeit zu erwerben ist durchaus berechtigt. Langjährige Firmenzugehörigkeiten welche nach 25 Dienstjahren im selben Betrieb einen „Grundanspruch“ auf die sechste Urlaubswoche auslösen werden durch die sich ändernde Arbeitswelt immer seltener und werden in den nächsten Jahren weiter an Bedeutung verlieren.

Grund genug um sich mit den „anrechenbaren Vordienstzeiten“ in Zusammenhang der sechsten Urlaubswoche näher zu befassen.

Wann habe ich Anspruch auf die sechste Urlaubswoche?

Das jährliche Urlaubsausmaß eines Arbeitnehmers beträgt bei einer Dienstzeit von weniger als 25 Jahren 30 Werktage oder (25 Arbeitstage = 5 Wochen) und erhöht sich nach Vollendung des 25. Jahres auf 36 Werktage oder (30 Arbeitstage = 6 Wochen).

Die oben angeführte Regelung wirft in der täglichen Diskussion immer wieder Fragen auf, wann der Anspruch auf 6 Wochen Urlaub entsteht. Dies vor allem deshalb, weil durch die Anrechnungsbestimmungen von Vordienstzeiten ein erhöhter Urlaubsanspruch bereits nach 18 bzw. 20 Jahren im selben Betrieb entstehen kann.

Anrechnung von Vordienstzeiten

Für die Bemessung des Urlaubsausmaßes - dh für die Frage, ab wann Anspruch auf 6 Wochen Urlaub besteht - sind nicht nur die Dienstzeiten im aktuellen Dienstverhältnis relevant, sondern sind gemäß § 3 UrlG auch Vordienstzeiten in gewissem Ausmaß anzurechnen, wobei zwischen Vordienstzeiten beim selben Arbeitgeber und solchen bei anderen Arbeitgebern zu differenzieren ist. Darüber hinaus können noch weitere Zeiten angerechnet werden.

Bei den Regelungen über die Anrechnung von Vordienstzeiten handelt es sich um zwingendes Recht zugunsten der Arbeitnehmer. Bei der Vordienstzeitenanrechnung handelt es sich weiters um eine Holschuld des Arbeitgebers - der Arbeitgeber ist daher verpflichtet, den Arbeitnehmer bei Beginn des Dienstverhältnisses nach anrechenbaren Zeiten zu fragen. Die Nachweispflicht trifft den Arbeitnehmer.

Vordienstzeiten beim selben Arbeitgeber (§ 3 Abs 1 UrlG)

Als ununterbrochen im Sinne der Zusammenrechnung gilt die Dienstzeit auch dann, wenn das Arbeitsverhältnis beim selben Arbeitgeber für weniger als drei Monate unterbrochen wurde, sofern dieses nicht durch Arbeitnehmerkündigung, unberechtigten vorzeitigen Austritt oder durch eine vom Arbeitnehmer verschuldete Entlassung geendet hat.
„Übersteigt“ die Unterbrechung drei Monate bzw. wurde das Arbeitsverhältnis vom Arbeitnehmer gekündigt, durch unberechtigten Austritt oder durch berechtigte Entlassung beendet, sind diese „Altzeiten“ wie Zeiten, die bei anderen Arbeitgebern verbracht wurden, zu berücksichtigen.

Dienstzeiten bei früheren Arbeitgebern (§ 3 Abs 2 UrlG)

Die in einem anderen Beschäftigungsverhältnis zugebrachte Dienstzeit ist für die Bemessung des Urlaubsausmaßes anzurechnen, sofern sie mindestens sechs Monate gedauert hat.

Das UrlG stellt zwar ausdrücklich auf eine „im Inland zugebrachte Dienstzeit“ ab, über diesen Gesetzeswortlaut hinaus sind jedoch auch Vordienstzeiten aus einer in einem EU/EWR-Staat erbrachten unselbstständigen Tätigkeit anzurechnen.

Weitere anrechenbare Zeiten (§ 3 Abs 2 UrlG)

Neben den Zeiten einer unselbstständigen Beschäftigung können noch folgende Zeiten für die Bemessung des Urlaubsanspruchs angerechnet werden.

Zeiten einer selbstständigen Erwerbstätigkeit, (auch Bund, Land, Gemeinde) sofern sie „mindestens“ je sechs Monate gedauert hat auch hier werden entgegen dem Gesetzeswortlaut auch selbstständige Tätigkeiten in EU/EWR-Staaten anzurechnen sein.

Als anrechenbare Zeiten gelten auch der Präsenz- u. Zivildienst sofern während dieser Zeiten ein vorher bestehendes Arbeitsverhältnis aufrecht war. Weiters gelten auch Zeiten einer Karenz bis zu zehn Monaten sowie eine volle Anrechnung für die vereinbarten Zeiträume einer Bildungskarenz.

Zeiten der Schulausbildung, an einer allgemeinbildenden oder berufsbildenden höheren Schule (zb HAK, HTL, BG, BRG, BORG, uä) wenn die Schulzeit über die allgemeine Schulpflicht hinausgeht, das heißt Schulzeiten nach Vollendung des neunten Schuljahres können angerechnet werden - Höchstrahmen bis vier Jahre.

Zeiten der Schulausbildung sind - für sich allein genommen - maximal bis zu vier Jahren anzurechnen; bei gemeinsamer Anrechnung von Schulzeiten, Vordienstzeiten bei anderen Dienstgebern, Zeiten einer selbstständigen Tätigkeit oder Zeiten einer Tätigkeit als Entwicklungshelfer besteht ein Höchstrahmen von insgesamt sieben Jahren.

Zeiten eines mit Erfolg abgeschlossen in- und ausländischen Hochschulstudiums (auch FH-Studiums) bis zum „Höchstausmaß“ von fünf Jahren können als anrechenbare Zeiten berücksichtigt werden.

Zeiten einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit bei anderen Dienstgebern, einer selbstständigen Erwerbstätigkeit sowie einer Tätigkeit als Entwicklungshelfer sind „gemeinsam“ maximal bis zu fünf Jahren anzurechnen.

Beispiel:

Christoph Leitl trat am 1. April 1993 in die Firma „Gern und Gut GmbH“ ein und feierte am 31. März 2013 sein 20 jähriges Firmenjubiläum.

Das Urlaubsjahr beginnt immer am 1. April eines jeden Jahres. An Vordienstzeiten können ein Jahre und zwei Monaten aus anderen Dienstverhältnissen nachgewiesen werden. Weiteres können noch Schulzeiten aus dem BORG von drei Jahren und drei Monaten angerechnet werden.

Unter Anrechnung der obigen gesamten Vordienstzeiten von vier Jahren und fünf Monaten für den erhöhten Urlaubsanspruch erwirbt Christoph Leitl „bereits“ am 01. November 2013 seinen „unabdingbaren Anspruch“ auf die sechste Urlaubswoche. Zum Beginn des neuen Urlaubsjahres mit 01. April 2014 wird Christoph Leitl ein weiterer „sechswöchiger“ Urlaubsanspruch gutgebucht.

Übrigens, die Verjährungsbestimmungen des § 4 Abs. 5 UrlG schließt die Anwendung der allgemeinen Verjährungsfrist des ABGB und einen „Verfall“ des Urlaubsanspruches aus. Somit könnten auch Sie bereits ab dem 18. Dienstjahr in den Genuss der sechste Urlaubswoche kommen.

Aufgrund der vermehrten Anfragen in Zusammenhang mit der sechste Urlaubswoche soll die obige kurze Zusammenfassung eine Hilfestellung bieten sich persönlich und individuell näher damit zu befassen.

Mehr Informationen zu Ihrem Urlaubsanspruch finden Sie auf der Homepage der Arbeiterkammer Niederösterreich sowie bei einer Beratung in der AK Bezirksstelle Melk. Anmeldung unter Tel. 05/7171-6250

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