Niederösterreichs Weg nach oben: Von der Gendarmerie zur "High-Tech-Polizei"
Teil 4 der großen BEZIRKSBLÄTTER Serie: Die Sicherheit in unserem Land von 1989 bis heute.
NÖ. Es war die Zeit, als der Diensthabende auf dem Gendarmerieposten die Protokolle mit gefühlten fünf Durchschlägen in die Olivetti hämmerte, als der Dorfgendarm von früher auf seinem Dienstfahrrad zur Romanfigur Simon Polt des Alfred Komarek verklärt wurde.
Es war die Zeit, da die mobilen Kommunikationsmittel der Exekutive wahre "Ziegel" von Format und Gewicht waren und nach jeder vollendeter Mitteilung oder Frage ein "Kommen!" in das Funkgerät durchzusagen war. Und es war noch 2002 beim großen verheerenden Hochwasser so, dass die Blaulichtorganisationen Polizei, Rettung und Feuerwehr nicht über ein einheitliches System miteinander kommunizieren konnten. Damals war eben noch vieles anders. Ganz anders.
"Früher wurde geschossen"
Zum Thema Sicherheit dieser Zeit und der Zeit bis heute authentisch Auskunft geben kann der Mann, der lange Jahre als Sicherheitsdirektor und später – als es keine Gendarmerie mehr gab – als Landespolizeidirektor oberster Sicherheitsverantwortlicher im Bundesland war: Generalmajor Franz Prucher.
"Was sich geändert hat? Bitte, bis 1989 ist an unserer Nord- und Ostgrenze geschossen worden! Und dann war plötzlich alles anders, auch für die Sicherheitslage. Es gab sicher einen Anstieg der Kriminalität im Grenzraum. Mit Einbrecherbeutezügen. Aber das haben wir relativ schnell in den Griff bekommen. Und was heute unglaublich positiv ist: dass man mit den Nachbarn gut lebt."
Ein Blick auf die Zahlen: "Wir hatten 1989/90 ca. 60.000 Straftaten in Niederösterreich. Das stieg bis 2004 auf Rekordhöhe von 94.000. Wir haben uns jetzt bei ständigem Rückgang im Vorjahr bei 74.000 eingependelt. Ein massiver Rückgang mit hoher Aufklärungsrate. Keine ungeklärten Morde, wenige Banküberfälle, die wenigen bald geklärt."
Mehr Jux und Tollerei
In diesem Zeitraum sind neue Tatbestände dazugekommen: Cybercrime, Euro-Fälschungen, Schlepperunwesen. Und auch eines ganz besonders: "Heute leben wir in einer extrem lebenswerten Zeit. Natürlich geht das einher mit Wohlstandsverwahrlosung. Wir haben 9.000 bis 11.000 Sachbeschädigungen im Jahr. Aus purem Jux. Denen ist fad und sie wollen Spaß, wie sie es nennen, wenn wir sie fassen. Die DNA ist uns da ein sehr wertvoller Kollege. Früher brauchten wir ein Geständnis. Heute haben wir den nicht abstreitbaren Sachbeweis durch DNA. Sei es, dass unsere 'Kunden' einen 'Finger' (-abdruck) hinterlassen, sei es, dass sie auf dem Hochaltar der geschändeten Kirche in Wieselburg einen Haufen Exkremente deponieren."
Was sind für Prucher die markantesten Entwicklungsschritte im Beobachtungszeitraum? "Der Fall des Eisernen Vorhangs, damit beginnt eine komplett neue Ära. Weiters die gefallenen Grenzkontrollen durch die EU. Wir fahren nun nach Mähren wie in die Steiermark. Weiters die Wachkörper- und Behördenreformen, die Zusammenlegungen und Übersiedlungen. Auch die Wandlung der Polizei vom Ordnungsstaat zum Servicestaat."
Und als ganz besonderes Highlight nennt Prucher die Ausrüstung der Polizei mit Hightech. "Sie glauben gar nicht, wie das Smartphone uns hilft! Das macht die Fahndung und die Verfolgung unserer 'Kunden' immens leichter!"
NÖ Meilensteine
1990: Neue Freiheit im Osten
Schon das erste Jahr der neuen Freiheit in Osteuropa war für Niederösterreichs Gendarmerie schwierig. Einzeltäter und Banden verübten Einbrüche, Diebstähle und Raubüberfälle. Die Zahl der Straftaten stieg bis 2004 signifikant, ging dann ebenso wieder zurück.
2008: Fußball-EM bravourös
Die Fußball-Europameisterschaft stellte die Exekutive insgesamt und auch die Polizei in NÖ vor große Aufgaben, die bravourös gemeistert wurden. Keine Zwischenfälle. Dafür gab es auch internationales Lob.
2013: Katastrophe Annaberg
Die Kontrolle eines der Wilderei Verdächtigen wurde zur absoluten Katastrophe. Der Mann entzog sich der Kontrolle. Traurige Bilanz der Verfolgung: drei tote Polizisten und ein toter Rettungsfahrer. Der Wilderer richtete sich selbst.
Mehr zum Thema: Interview mit Polizeidirektor Roland Kogler
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