Frauenpolitik in Mistelbach
"Klatschen allein reicht uns nicht"

Melanie Erasim, SPÖ Bezirksobfrau und bekennende Feministin, über Gleichstellung und den Weg dazu. | Foto: SPÖ
  • Melanie Erasim, SPÖ Bezirksobfrau und bekennende Feministin, über Gleichstellung und den Weg dazu.
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Frauenpolitik ist mehr als nur am 8. März auf Ungleichheit aufmerksam machen, findet Melanie Erasim (SPÖ) im Bezirksblätter Interview.

BEZIRK MISTELBACH. Sport ist ein brutales Geschäft. Das konnte man gerade bei der nordischen Weltmeisterschaft wieder in aller Deutlichkeit sehen. Österreichs Schispringerinnen bekamen für ihre Goldmedaille im Teambewerb je 5.000 Euro Preisgeld. Ihre männlichen Kollegen im ÖSV erreichten Silber und kassierten dafür 21.000 Euro.
Nun sind zwar die wenigsten Frauen Spitzensportlerinnen; von der "gläsernen Decke", die sich manchmal nach Beton anfühlt, sind aber die allermeisten betroffen. Ein Umstand den auch SPÖ- Bezirksparteivorsitzende Melanie Erasim kennt.

BEZIRKSBLÄTTER: Die teils massive Gehaltsschere lässt sich kurz gefasst mit mehr Verpflichtungen im unbezahlten Sektor begründen. Warum glauben vor allem Frauen, dass es ihre Aufgabe ist, diese unbezahlte Familienarbeit zu leisten?

ERASIM: Ich denke, das sind über hunderte Jahre manifestierte Rollenbilder, die leider noch immer in unserer Gesellschaft viel Platz haben. Gerade jetzt in Krisenzeiten - aber auch schon in den letzten Jahren - müssen wir (und das bestätigen alle diesbezüglichen Studien) einen massiven Rückschritt in Gleichstellungsfragen verzeichnen. Andererseits bemerke ich auch oft, dass wenn viele ehrenamtlichen Tätigkeiten nicht von Frauen übernommen werden würde, es Vieles nicht geben würde.

Dass eine gesetzliche Verankerung eines Verbots von Ungleichbezahlung etwas bringt, zeigt das Beispiel Island ganz deutlich. Dort ist es verboten – und die Strafen bei Verstoß sind auch nicht ohne – bei gleicher Arbeit unterschiedliche Gehälter zu bezahlen. Unternehmen mit über 25 Personen, müssen dies auch jährlich belegen. Da würde es Mut brauchen das auch in Österreich umzusetzen - Mut der sich aber auszahlen würde.

Auch eine Aufwertung typischer Frauenberufe ist meines Erachtens unerlässlich. Frauen waren in vielen Bereichen der Krise nicht nur systemrelevant, sonder sie waren ein Großteil des Systems. Klatschen alleine reicht nicht und vom Geklatsche bezahlen sich auch keine Rechnungen oder werden Kinder satt. Auch unsere Forderung nach gratis Ganztagesbildungseinrichtungen für alle die es möchten, wäre ein wichtiger Schritt in Richtung besserer Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Und die Männer dürfen wir auch nicht ganz aus der Pflicht nehmen. Denn das was den Buben von heute als Vorbild vorgelebt wird – wird den Frauen von morgen das Leben entweder erleichtern oder eben erschweren. Aus meinem Alltag als Bezirksvorsitzende kann ich berichten, wenn sich die Frauen nicht bereit erklären zum Beispiel bei Veranstaltungen die Verpflegung zu übernehmen, dann gibt es diese Veranstaltungen bald nicht mehr – und das ist bei allen Parteien oder auch bei Vereinen oder der Feuerwehr ziemlich ähnlich.

Die frühen Sozialistinnen haben die Frauenfrage der sozialen hinten an gestellt in der Hoffnung, sie würde später gelöst. Wann geben die SPÖ Frauen diese Hoffnung auf und fordern provokant, was ihnen zusteht?

Die SPÖ fordert das auch provokant ein – siehe die Sondersitzung des Nationalrates anlässlich des Internationalen Frauentages, bei der auch viele Anträge eingebracht wurden, die sehr rasch eine Erleichterung der angespannten momentanen Situation von Frauen mit sich bringen würde. Allerdings sind einem als Oppositionspartei da sehr die Hände gebunden. Und auch in Regierungszeiten war es eindeutig die ÖVP die hier grundkonservative und oft rückschrittliche Gesellschaftsbilder manifestieren wollten. Der Vorwurf, den man der SPÖ machen kann, ist ,dass der Koalitionsfriede wichtiger war, als die großen Würfe in der Frauenpolitik. Da wäre mir so manches auch lieber gewesen.

Johanna Dohnal hatte es als erste Frauenstaatssekretärin auch innerhalb der SPÖ sehr schwer. Schaut man sich das innerrote Match Bund gegen Burgenland oder Tirol an, scheint das Frauenbild der Genossen doch recht antiquiert. Braucht es eine neue Dohnal/Prammer/Oberhauser und wer könnte diese Lücke füllen?

Sie haben gerade die drei großen Frauenpolitikerinn der letzten 50 Jahre genannt. Ihnen, aber auch vielen fordernden Frauenorganisationen und fortschrittliche denkenden Männern wie Bruno Kreisky, haben wir die rechtliche Gleichstellung zu verdanken. Damals waren die Ungleichberechtigungen noch viel offensichtlicher. Beispielsweise durften Frauen ohne Zustimmung des Mannes nicht arbeiten gehen oder einen Reisepass für ihr Kind beantragen. Jetzt ist es viel subtiler und oft auch schwieriger zu benennen. Damals war es das Gesetz, jetzt ist es die Gesellschaft in der ein Umdenken passieren muss. Frauen sind immer in einer Rechtfertigungsrolle. Egal ob man Kind und Karriere, nur Kind, nur Karriere und beides nicht hat – frau muss immer begründen und es wird suggeriert, dass sie ein schlechtes Gewissen haben müsse. Das habe ich selbst auch schon sehr oft erlebt.

Gerade das Burgenland ist, was Frauenpolitik betrifft, in vielen Bereichen Vorreiter. Durch den gesetzlichen Mindestlohn von 1.700 Euro im Landesdienst, haben viele Frauen profitiert. Burgenland war das erste Bundesland welches das durchgesetzt hat.

Frauenministerinnen, die sich selbst nicht als Feministinnen bezeichnen, die nicht wütend werden angesichts des geschlechterspezifischen Ungleichgewichts der Einkommen und auch gegen Quoten sind: Wie wütend macht Sie das?

Für mich haben solche Politikerinnen den Titel Frauenministerin nicht verdient. Feigenblatt würde das schon viel besser betiteln. Das ist auch etwas was ich mit Subtilität meine. Das Frauenbild das insgesamt von dieser Regierung ausgeht, empfinde ich als sehr beschämend. Schade, dass diese so wichtigen Positionen nicht genutzt werden um zu zeigen, welch tolle, gescheite und tüchtige Frauen wir in unserem Land haben. Aber auch schon in der vergangenen türkis/blauen Regierung hat die Frauenministerin gegen das Frauenvolksbegehren gestimmt und es nicht einmal unterschrieben. Da hat frau dann nicht verstanden, was ihr Job wäre!

Fordernde Frauen werden gerne als "emotional" oder gar "hysterisch" herabgesetzt. In sozialen Medien sind Politikerinnen und Aktivistinnen signifikant öfter von sexistischen Drohungen und angriffen ausgesetzt. All das sind unterschwellige Werkzeuge Frauen klein zu halten. Wie gut schützt hier das erst kürzlich in Kraft getretene Gesetz?

Das ist ein erster kleiner Schritt. Durch die sozialen Medien haben verbale Übergriffe und Frauenbashing eine andere Dimension bekommen, der man noch restriktiver entgegentreten muss. Es muss den Menschen klar sein, dass auch in der scheinbaren Anonymität des Netzes ein Übergriff ein Übergriff ist. Noch nie war es möglich seine Emotionen – egal ob positiv oder negativ – so rasch und direkt, oft ohne Reflexion – gegen jemanden zu richten. Das wäre auch ein wichtiger Punkt der in Schulen schon von der Volksschule an in digitaler Grundbildung vermittelt werden müsste.

Danke für das Interview.

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