Zweitwohnsitzer bald ohne zweite Stimme
Bislang dürfen Zweitwohnsitzer in allen Orten an der Gemeinderatswahl teilnehmen, an denen sie gemeldet sind. Und auch Wiener dürfen den Nö. Landtag wählen, wenn sie hier ein Haus besitzen. Doch das könnte sich nun ändern. Künftig muss man den „wirtschaftlichen, beruflichen oder gesellschaftlichen Mittelpunkt“ seines Lebens in Niederösterreich haben, um hier seine Stimme abgeben zu dürfen. Die Krux dabei: Am Ende entscheidet der Bürgermeister, denn zwangsläufig ist das Stimmrecht nicht weg. Die Bezirksblätter haben sich das Prozedere am Beispiel Wolkersdorf mal angesehen.
Kontrolle
"Die Briefe werden gerade vorbereitet", bestätigt Wolkersdorfs Ortschefin Anna Steindl die Umsetzung der Vorgaben. Die Begeisterung hält sich in Grenzen, ist doch ein erheblicher Aufwand damit verbunden. Schließlich müssen alle Zweitwohnsitzer, egal ob sie das Wählerevidenzblatt nun ausfüllen oder nicht, kontrolliert werden. Liegen Gründe vor, Personen aus der Liste zu streichen, werden diese schriftlich informiert.
Dagegen kann der Zweitwohnsitzer ein Berufungsverfahren anstrengen, erklärt Peter Anerinhof von der Abteilung für Staatsbürgerschaft und Wahl des Landes Niederösterreich. Bei besagten Gründen handle es sich weiters nicht um neue Kriterien und ein entsprechender Erlass samt umfassender Schulung der Gemeindemitarbeiter und Amtsträger sei bereits im Juli an die Gemeinden ergangen.
Ganz angekommen sind die Informationen dort aber nicht. Nachfragen über das Prozedere in mehreren Amtsstuben bringen unterschiedliche Ergebnisse. Einig ist man sich im Ärger.
Persönlichkeitsrechte
Umweltgemeinderätin Susanne Gruber ist empört über diesen Eingriff in die höchstpersönlichen Lebensbereiche der Menschen: "Ich halte das für demokratiepolitisch sehr bedenklich, wenn ich erst ein Naheverhältnis angeben muss, um wählen zu dürfen." Die Grüne Gemeinderätin fordert transparente und nachvollziehbare Kriterien, nach denen das Wahlrecht erteilt wird, anstatt willkürlicher Einzelentscheidungen.
Gegencheck
Es empfiehlt sich jedenfalls, Einsicht in die Wählerevidenz zu nehmen und gegebenenfalls Einspruch zu erheben, will man seine Bürgerpflicht ernst nehmen.
Ausschließungsgründe
Nö. Gemeinderatswahlordnung 1994, Auszug: § 18 Wählerverzeichnis
Ein ordentlicher Wohnsitz gilt insbesondere dann nicht als begründet, wenn der Aufenthalt
a) bloß der Erholung oder Wiederherstellung der Gesundheit dient,
b) lediglich zu Urlaubszwecken gewählt wurde oder
c) aus anderen Gründen offensichtlich nur vorübergehend ist; Gleiches gilt, wenn die Begründung des ordentlichen Wohnsitzes nur auf Eigentum oder Besitz an Baulichkeiten oder Liegenschaften gestützt werden kann.
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