Grossartiges Sommertheater in Perchtoldsdorf
LESSING, Gotthold Ephraim: „Minna von Barnhelm“
Sommerspiele Perchtoldsdorf
Heuer ist dieser Klassiker der Literatur 250 Jahre alt. Zwar wurde es von Lessing schon 1763 fertig geschrieben, aber 1767 erstmals aufgeführt. Es war ein zeitkritisches Stück, das in die Zeit nach den 7-jährigen Krieg fällt und schildert beziehungsweise kritisiert die gesellschaftlichen Verhältnisse der Nachkriegszeit. Lessing hatte selbst eine Managementfunktion während des Krieges. Obwohl er Sachse war hat er für die Preußen gearbeitet. Mit dieser Erfahrung schrieb er das Stück. Die Hauptkritik Lessings geht in Richtung Friedrich des Großen, der bei Kriegsende alle Soldaten fristlos entlassen hatte. So auch die Hauptfigur des Stücks, der Major Tellheim. Er wurde auch unehrenhaft entlassen, weil er für die Geldeintreibung zuständig war und die Bevölkerung schonte. Eine gute Tat, die bestraft wurde. Er will seine Ehre wieder hergestellt bekommen.
In einem Gasthaus wird er aus seinem Zimmer hinausgeschmissen, weil eine vornehme Dame ankommt. Es ist die verlobte von Tellheim, Minna von Barnhelm. Tellheim will aber nicht heiraten, weil seine Ehre verletzt ist. Minna ist für die damaligen Verhältnisse eine sehr moderne und aufgeschlossene Frau. Sie will Tellheim bekehren. Minna war für das 18. Jahrhundert untypisch. Eine Frau war damals für den Haushalt zuständig und durfte Nichts selbst bestimmen. Lessing hatte solche starken Frauen in Literatursalons kennengelernt.
Der Regisseur hat in Perchtoldsdorf vor der Burg ein neues Szenarium geschaffen: eine Drehbühne, die neben den beiden von Lessing vorgesehenen Bühnenbilder „Wirtshaus“ und „Gästezimmer“ einen Zwischenraum mit Stiegen anbietet. In diesem „Zwischenraum“ werden Übergänge und kurze Szenen gespielt.
Für Perchtoldsdorf und die Festspiele ist es inzwischen auch schon eine Eigenheit, dass Musik ein wichtiger Bestandteil ist. Musiker verdienen sich im Wirtshaus Geld und lockern so die ganze Vorstellung auf.
Generell ist es ein sehr gelungener und aufgelockerter Abend. Alle Schauspieler sind exzellent. Hervorheben würde ich aber – ohne die anderen zu schmälern – die Kammerfrau von Minna Franziska. Sie spielt sehr hingebungsvoll und ausdrucksvoll. Ein Genuss ihr und auch den anderen Akteuren zuzuhören.
So wird Sommertheater nicht zu einem sommerlichen Pausenfüller, bei dem die großen Bühnen der Stadt geschlossen sind. Ein eigenständiges und qualitätsmäßig anspruchsvolles Angebot.
Es wird noch bis 29. Juli 2017 gespielt
www.sommerspiele-perchtoldsdorf.at
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