Hochkarätiger Gast beim "Talk im Turm"

RB-Geschäftsleiter Dir. Georg Moitzi, WK-Obmann Norbert Steinwidder, Referent DI Dr. h.c. Josef Riegler, Bezirkshauptfrau Mag. Ulrike Buchacher, LAbg. Hermann Hartleb und RB-Geschäftsleiter Dir. Johannes Pernthaler. Fotos: Pfister
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  • RB-Geschäftsleiter Dir. Georg Moitzi, WK-Obmann Norbert Steinwidder, Referent DI Dr. h.c. Josef Riegler, Bezirkshauptfrau Mag. Ulrike Buchacher, LAbg. Hermann Hartleb und RB-Geschäftsleiter Dir. Johannes Pernthaler. Fotos: Pfister
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Wirtschaftsbund-Obmann Norbert Steinwidder konnte bei diesem weiteren "Talk im Turm" in Judenburg wieder zahlreiche Besucher und einen hochkarätigen Referenten begrüßen. Gekommen war diesmal kein Geringerer als der ehemalige Vizekanzler Josef Riegler, der sich den Anwesenden kurz vorstellte.
Josef Riegler wurde am 1. November 1938 als Sohn von Bergbauern im Möschitzgraben in St. Peter ob Judenburg geboren. Durch den frühen Verlust des Vaters galt es für den Bergbauernbuben schon in jungen Jahren hart zuzupacken. Dies prägte den Charakter von Josef Riegler nachhaltig. Als dessen Schwester schließlich den Hof übernahm, besuchte er die landwirtschaftliche Fachschule Grottenhof und absolvierte dann die Höhere Bundeslehranstalt für Landwirtschaft in Raumberg bei Irdning. Nach dem Studium an der Universität für Bodenkultur in Wien führte ihn seine Berufslaufbahn als Lehrer an verschiedene landwirtschaftliche Fachschulen in der Steiermark, ehe er 1972 in die Politik einstieg.
Von 1989 bis 1991 war er Vizekanzler und Bundesminister für Föderalismus und Verwaltungsreform sowie Bundesparteiobmann der ÖVP. Darüber hinaus hatte Josef Riegler viele weitere wichtige Funktionen inne. Unter anderem war Josef Riegler Obmann der Raiffeisen-Landesbank Steiermark, ehe er 1972 in die Politik einstieg.
Nach seinem Ausscheiden aus der Regierung gründete DI Dr. h.c. Josef Riegler 1991 das ökosoziale Forum Österreich. Von 2001 bis 2005 übte er die Funktion des Europa-Präsidenten im ökosozialen Forum aus.
Josef Riegler gilt als der Begründer der ökosozialen Marktwirtschaft. Als er vor rund 20 Jahren erstmals seine Idee zur Diskussion stellte, wurde die hohe Qualität seines Modells von den meisten politischen Entscheidungsträgern leider nicht in vollem Umfang erkannt. Es dauerte noch viele Jahre, bis dieses Modell endlich als zukunftsweisende Idee von der Politik aufgegriffen und als erstrebenswertes Lebensmodell erachtet wurde.

Produzierende Wirtschaft vs. Finanzindustrie

Josef Riegler zeigte in seinem Vortrag im Sternenturm unglaubliches Wissen auf allen Ebenen und erläuterte vor allem die Hintergründe der verschiedensten Mechanismen. Ein Thema, das ganz stark polarisiert, ist der durch spekulative Finanzdispositionen provozierte Anachronismus zwischen Geldwirtschaft und Realwirtschaft. "Da mehr Gerechtigkeit herzustellen, ist entscheidend", so Riegler. 10 bis 15 Jahre politische Arbeit hätten ihn zur Idee der ökosozialen Marktwirtschaft geführt. "Weil ich gesehen habe, dass Ökonomie und Ökologie mehr und mehr aufeinanderprallen", erzählte der Referent dem interessiert lauschenden Publikum im Sternenturm. Die EU hat im Lissabon-Vertrag im Jahr 2009 die ökosoziale Marktwirtschaft übrigens programmatisch verankert.

Destruktive Spekulation

Jeder müsse bei sich selbst anfangen und sein eigenes Handeln in Bezug auf Ökonomie und Ökologie selbstkritisch hinterfragen, wenn die ökosoziale Marktwirtschaft funktionieren soll. Josef Riegler ist mit gutem Beispiel vorangegangen, als ehrlicher politischer Entscheider und glaubwürdiger Meinungsbildner. Er hat die ökosoziale Marktwirtschaft in den politischen Prozess implementiert und seine bahnbrechenden Ideen und Vorschläge auch auf dem glatten Wirtschaftsparkett salonfähig gemacht. "Destruktive Spekulation" sei eine große Gefahr für das gesamte globale Wirtschaftssystem, die Ökologie und die gesamte Menschheit. TTIP dürfe keine zusätzliche "Spielwiese" für knallharte Wirtschaftslobbyisten und Konzerne werden, die nur den eigenen Profit im Auge haben. "Ein gutes Abkommen ja, ein schlechtes Abkommen nein. - Ich hoffe, dass es zu einem guten Abkommen kommt", sagt Josef Riegler, der sich als Beitrag zur Lösung aktueller Probleme auch einen globalen Marshallplan vorstellen kann. "Zumindest einer für Teile Afrikas wäre machbar", so Riegler. Europa sei zwar wirtschaftlich eine Großmacht, politisch aber ein Zwerg. Dies erschwere eine gemeinsame Problemlösung innerhalb der EU.

Diskussionsrunde mit vielen aktuellen Fragen

Zur aktuellen Diskussion rund um die von Ökonomen vorgeschlagene Abschaffung des Bargeldes meinte Josef Riegler: "Ich halte das für eine absurde Idee". Die Argumente der Befürworter würden den dadurch entstehenden negativen Auswirkungen wohl kaum standhalten.
Die Steuerreform sei in Wirklichkeit keine, sondern "eine Tarifanpassung mit Gegenfinanzierung". Die Zeit des Schmähführens sei vorbei, sagte Josef Riegler, der dem steirischen Modell der Reformpartnerschaft zwischen SPÖ und ÖVP die Möglichkeit einer lösungsorientierten Politik bescheinigt. "Ich halte die Reformpartnerschaft in der Steiermark für einen Glücksfall, der für ganz Österreich beispielgebend ist".

"Lebenskonzept" Rieglers im Parteiprogramm der ÖVP

NRAbg. Fritz Grillitsch gab im Sternenturm seiner Freude darüber Ausdruck, dass sich das "Lebenskonzept" der ökosozialen Marktwirtschaft seines Onkels "Joschi" im aktuellen Parteiprogramm der ÖVP wiederfinde. Grillitsch nahm auch zur Reformpartnerschaft der Steirer Stellung und warb um Unterstützung für die Fortführung dieser gemeinsamen Sachpolitik von ÖVP und SPÖ bei der Landtagswahl am 31. Mai 2015. In Richtung FPÖ meinte er, diese könne die anstehenden Probleme sicher nicht lösen.

Von der Reformpartnerschaft zur Zukunftspartnerschaft

Last but not least ergriff auch LAbg. Hermann Hartleb, VP-Spitzenkandidat des Bezirkes Murtal für die bevorstehenden Landtagswahlen, das Wort. Hartleb erläuterte die geplanten Vorhaben, die besonders dem ländlichen Raum viele Vorteile und vor allem neue Perspektiven eröffnen würden. Er habe sich dazu entschlossen, einen Vorzugsstimmenwahlkampf zu führen, "weil das bei der Mandatsvergabe entscheidend sein könnte". Schließlich wurde im Zuge der jüngsten Reformen in der Steiermark ja auch die Anzahl der Mandate im Landtag reduziert.

Gemütlicher Ausklang beim Smalltalk

Die Besucher dieser weiteren gelungenen Veranstaltung hatten im Anschluss noch die Möglichkeit, persönliche Gespräche mit dem großartigen Referenten Josef Riegler und den politischen Verantwortungsträgern zu führen. Riegler signierte einige Bücher seines jüngsten Werkes "Zukunft als Auftrag - Die Welt gehört unseren Kindern". Die vorhandenen Exemplare waren schnell vergriffen. Einige Interessenten gingen leider leer aus.
Auch für das leibliche Wohl war wieder bestens gesorgt. Die Gäste delektierten sich an den vielen Köstlichkeiten des großzügigen Buffets und ließen den Abend beim gemütlichen Beisammensein im Judenburger Sternenturm ausklingen.

Einen Bericht vom "Talk im Turm" am Dienstag, 26. Mai 2015, lesen Sie auch in der nächsten Ausgabe Ihrer Murtaler Zeitung.

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