General-Landtag anstatt Bundesrat?

Schickhofer-Vorschlag regt zum Nachdenken an. Hoffentlich bleibt es nicht nur dabei. Parteiideologe Max Lercher profiliert sich zunehmend mit sachpolitischen Themen. Foto: SPÖ
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  • Schickhofer-Vorschlag regt zum Nachdenken an. Hoffentlich bleibt es nicht nur dabei. Parteiideologe Max Lercher profiliert sich zunehmend mit sachpolitischen Themen. Foto: SPÖ
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Landeshauptmann-Stellvertreter Michael Schickhofer hat mit seinem Vorschlag, den Bundesrat abzuschaffen und stattdessen einen „General-Landtag“ zu installieren, die Föderalismus-Debatte neu eröffnet. Das hat sofort Befürworter und Gegner auf den Plan gerufen. Dass diese Idee in einigen politischen Machtzirkeln abgelehnt wird, ist keine Überraschung. Die meisten Reformen scheitern ja daran, weil man immer die Frösche fragt, ob der Sumpf trockengelegt werden soll oder nicht. Deshalb geht da auch nie etwas weiter. Das musste schon der steirische Ex-Landesrat Gerhard Hirschmann, ein revolutionärer Vordenker in den Reihen der ÖVP, zur Kenntnis nehmen. Die Vorschläge der steirischen Sozialdemokraten hätten in jedem Fall eine Änderung der Bundesverfassung zur Folge. Eine Volksabstimmung und eine Zweidrittel-Mehrheit im Nationalrat sowie im Bundesrat wären dafür notwendig. Womit wir wieder bei den Fröschen wären . . .

Gesetzesdschungel roden

LH-Vize Michael Schickhofer ist der Meinung, dass man in vielen Bereichen mit wesentlich weniger Gesetzen das Auslangen finden und damit viel an Bürokratie abbauen könnte. Viele Unterschiede bei gesetzlichen Regelungen in den Bundesländern sind nicht nur für Otto Normalverbraucher, sondern auch für Juristen nicht nachvollziehbar. Beispiel Jugendschutzgesetz, Bauordnungen, Jagd- und Fischereigesetze, Gemeindeordnungen, Naturschutzgesetze, Tanzschulregelungen, Brandschutzverordnungen, Besoldungsthema und vieles mehr fallen darunter.

„Wir müssen uns die Frage stellen, ob all dieses Durcheinander den Menschen in Österreich nutzt. Haben wir einen Vorteil, wenn wir diverse Bereiche neunmal unterschiedlich regeln?“ Kein Mensch versteht, warum ein Jugendlicher vor dem Semmering anders behandelt wird als hinter dem Semmering. Es macht auch keinen Sinn, neun unterschiedliche Bauordnungen zu haben. Das verursacht nur unnötige Kosten und bringt uns nicht weiter. Daher sage ich: einfach statt neunfach!“, so Schickhofer.

Schickhofer ortet durch eine Vereinheitlichung und Vereinfachung enormes Einsparungspotenzial im Verwaltungsbereich und argumentiert auch mit damit verbundenen Vorteilen für die Wirschaft, die sich ebenfalls viel Geld ersparen könnte. Michael Schickhofer spricht von einem „realistischen Konzept“ und hofft auf die Unterstützung der Landeshauptleute. „Ich erwarte mir von allen Partnern, dass nicht die Macht, sondern der Mensch im Mittelpunkt steht“, so Schickhofer. Den bisherigen Wortmeldungen zufolge darf er sich aus dieser Ecke aber wenig Verständnis erwarten.

Schwieriger Reformprozess

Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg, meint man. Im Thema Verwaltungsreform scheint es aber vor allem am Willen zu fehlen. Das gilt auch für viele weitere Reformbestrebungen im Land, die auf die lange Bank geschoben wurden und die viele von uns wohl nicht mehr erleben werden. Sowohl führende Wirtschafts- als auch Arbeitnehmervertreter können dem Schickhofer-Vorschlag etwas abgewinnen, weisen aber auf die dafür notwendige Konsensbereitschaft aller Parteien hin. Genau da liegt auch das Problem. Es geht hier nicht um eine sachliche, sondern um eine politische Entscheidung: Die Systemerhalter sollen selbst über ihre Abschaffung entscheiden. Nachdem sich oft schon eine Veränderungsbereitschaft im Promillebereich in Grenzen hält, ist eine solche Entscheidung mehr als unwahrscheinlich. Dieser neuerliche Versuch, im Reformprozess endlich etwas Vernünftiges und für alle Sichtbares weiterzubringen, trägt auch Handschrift des Murtaler Landtagsabgeordneten und SPÖ-Landesgeschäftsführers Max Lercher, der kürzlich auch mit einer interessanten Wortmeldung zum Pensionsthema aufhorchen ließ.

LAbg. Gabriele Kolar sieht in einem „General-Landtag“ ebenfalls einen Schritt in die richtige Richtung. Im Bezug auf die derzeitige Gesetzgebung brachte sie als Beispiel das „Campingplatzgesetz“, das einzig und allein in der Steiermark noch nicht geregelt sei. „Das spielt bei uns weit in den Tourismus hinein und eine Lösung ist auch für uns im Murtal wegen der vielen Großveranstaltungen wichtig. Wir befassen uns damit gerade im Steiermärkischen Landtag“, so Kolar.

Meinungen zum Thema

Die 2. Landtagspräsidentin LAbg. Manuela Khom zum Schickhofer-Vorschlag: „Ich verstehe nicht, wie man die Landtage erhalten soll, wenn man ihnen gleichzeitig die Kompetenzen entzieht. Ein Landtag ohne Gesetzgebung? Was ist dann unsere Aufgabe? Ich sehe in der Diskussion keine Stärkung der Landtage, sondern eher eine Debatte über ihre Abschaffung. Dort, wo es Sinn macht, Gesetze zu vereinheitlichen, muss man sich das anschauen. Welche Entscheidungen braucht es im Gro-ßen, welche im Kleinen. Diese Diskussion würde ich unterstützen, alles andere halte ich für Populismus“, so Khom.

VP-Landtagsabgeordneter Hermann Hartleb: „Das Ganze ist falsch aufgezogen, die Sache ist einfach zu komplex. Schade ist, dass das vorher offenbar weder in den eigenen Reihen noch mit anderen abgesprochen und gleich über die Medien gespielt wurde“, so Hartleb.

Nationalratsabgeordneter Fritz Grillitsch äußert sich auf telefonische Anfrage der Murtaler Zeitung wie folgt. „Das ist im Prinzip eine alte Hirschmann-Idee, die immer noch aktuell ist. In jedem Fall sollte man darüber diskutieren und sich das genau anschauen. Ziel sollte ein Bürokratie- und Mehrkostenabbau sein“, so Grillitsch. Es gelte, die Verwaltungsstrukturen einfacher und kostengünstiger zu gestalten. Diese Diskussion solle aber unabhängig vom Vorschlag über einen „General-Landtag“ geführt werden. Er selbst habe im Jahr 2005 als Bauernbundpräsident allen Unkenrufen zum Trotz ja auch ein bundesweites Tierschutzgesetz - „das beste, das wir je hatten“ - auf die Schiene gebracht, so Grillitsch.

NRAbg. Wolfgang Zanger: Diskutieren kann man alles, was den Föderalismus betrifft. Aus realpolitischer Sicht ist die Schickhofer-Forderung zurzeit unmöglich, das zeigen ja die Reaktionen darauf. Man bräuchte da eigentlich nur die Rechnungshof-Vorschläge aufgreifen. Wir haben dazu auch schon viele Vorschläge gemacht. Handlungsbedarf gibt es da in vielen Bereichen“, so der Rechnungshofsprecher der FPÖ.

LAbg. Liane Moitzi: „Man müsste da näher auf die einzelnen Bereiche eingehen. Beim Jugendschutz zum Beispiel halte ich eine bundesweite Vereinheitlichung für sinnvoll. Ich weise hier aber auch auf die bereits vorhandenen Rechnungshofvorschläge hin. Ich sehe in den Schickhofer-Vorschlägen eine reine Medienkampagne, um Aufmerksamkeit zu erregen und von den parteiinternen Problemen abzulenken.“

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