Ein langer Weg ins neue Leben
Maria M. arbeitet in einem Wiener Frauenhaus. Wie sie betroffenen Frauen hilft, erzählt sie uns hier.
Wenn Frauen mit ihren Kindern zu uns ins Frauenhaus kommen, befinden sie sich in einem Schockzustand. Die meisten können gar nicht glauben, dass ihnen so etwas passiert ist. Jetzt ist es mal das Wichtigste, den Frauen zu vermitteln, dass sie sich in Sicherheit befinden und durchatmen können.
Wir besprechen mit ihnen das Organisatorische – wo ist mein Zimmer, wo bekomme ich etwas zum Essen, wo finde ich die Mitarbeiterinnen, wenn ich etwas brauche. Also diese ganz simplen Dinge, die oft auf Außenstehende sehr banal wirken, jedoch wesentlich sind. Denn diese Stabilität ist genau das, was Frauen in Notsituationen brauchen. Ihnen klarzumachen, dass sie jederzeit mit uns reden können, ohne bewertet zu werden. Da ist niemand, der sagt: "Na geh, das war doch nicht so schlimm" oder "Jetzt übertreibst du aber".
Der erste Schritt
Indem Frauen zu uns kommen und um Hilfe bitten, haben sie den ersten Schritt für ein neues selbstständiges Leben gesetzt, doch der Weg ist lang und voller Hürden. Es erfordert von uns Sozialarbeiterinnen tagtäglich sehr viel Spontaneität, da wir oft auf akute#+Situationen reagieren müssen. Zum Beispiel wenn eine Frau gegen ihren Mann aussagen muss. Wenn sie ihrem Peiniger zufällig auf der Straße begegnet und erneut bedroht wird. Das alles sind Situationen, die sie zurückwerfen und wir uns sofort mit ihnen zusammensetzen und versuchen, sie#+zu beruhigen und zu stabili-sieren.
Wenn es uns gelingt, dass sie sich wieder auf eigene Beine stellen und ihr eigenständiges Leben leben können, dann ist das natürlich sehr, sehr schön und gibt uns als Sozialarbeiterinnen auch Kraft.
Man muss es akzeptieren
Doch dann gibt es natürlich auch Rückschläge, wo es Frauen nicht schaffen und zu ihrem gewalttätigen Partner zurückkehren. Das müssen wir akzeptieren, auch wenn es uns schwerfällt. Bevor eine Frau zu ihrem Gewalttäter zurückkehrt, gehen wir mit ihr nochmals alle Möglichkeiten durch und versichern ihr, dass sie jederzeit wieder kommen kann. Wir geben ihr einen kleinen Sicherheitsplan mit, was sie vielleicht im Kleinen verändern oder vorbereiten kann. Zum Beispiel eine Notfalltasche zu packen, in der alles drinnen ist, wenn sie schnell flüchten muss, oder dass sie ihre Dokumente oder zumindest Kopien davon an einem sicheren Ort aufbewahrt, um jederzeit Zugriff darauf zu haben. Für uns Mitarbeiterinnen sind solche Momente sehr schwer. Oft gehen wir mit dem Gedanken nach Hause, hoffentlich geht das gut. Hoffentlich passiert ihr nichts. Es ist diese Ohnmacht, mit der wir konfrontiert sind.
Jedoch haben wir auch diese schönen Momente, wenn wir sehen, dass eine Frau wieder die Kontrolle über ihr Leben zurückgewinnt. Dieser Job fordert sehr, aber es macht unsere Arbeit auch so lebendig.
Über die Wiener Frauenhäuser
Der Verein Wiener Frauenhäuser wurde 1978 gegründet. Er unterstützt Frauen mit Gewalterfahrungen in der Ehe, der Lebensgemeinschaft, der eingetragenen Partnerschaft oder im nahen familiären Umfeld.
Es gibt vier Frauenhäuser, die misshandelten und bedrohten Frauen und ihren Kindern Schutz und Hilfe bieten. Insgesamt stehen rund 175 Plätze für Frauen und Kinder zur Verfügung. Der Frauenhaus-Notruf Wien ist unter 05 77 22 Tag und Nacht erreichbar.
Für Frauen, die nicht in einem Frauenhaus wohnen wollen, aber dennoch Hilfe und Beratung brauchen, steht eine ambulante Beratungsstelle zur Verfügung. Dort arbeiten sieben Frauen aus den Fachbereichen Sozialarbeit, Psychologie, Pädagogik sowie fallweise Anwältinnen und eine Ärztin. Die Beratungen sind anonym und kostenlos.
Die Beratungsstelle für Frauen befindet sich im 12. Bezirk in der Vivenotgasse 53 im dritten Stock und ist Mo. und Do. 9 bis 13 Uhr und 15 bis 19 Uhr, Di. und Mi. 9 bis 13 Uhr und Fr. 9 bis 12 Uhr unter 01/512 38 39 erreichbar. Eine Terminvereinbarung ist erforderlich.
Weitere Informationen gibt es unter www.frauenhaeuser-wien.at
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