Neubau: "Polizeilegende" Josef Gaschl geht in Pension
Mehr als 40 Jahre war der Chefinspektor am Neubau im Dienst - nun verabschiedet er sich in die wohlverdiente Pension. Aber: Polizist bleibt Polizist, wenngleich sein "Einsatzgebiet" nun ein anderes sein wird.
NEUBAU. In Wien sagt man ja gerne, jemand sei ein echtes "Original". So oft dieser Begriff zu Unrecht strapaziert wird: Wenn man Josef Gaschl beschreiben möchte, kommt man nicht umhin, das Wort zu verwenden. Denn einen Inspektor wie ihn, wird man so schnell kein zweites Mal finden. Und auch wenn er nur mehr bis zum 1. April offiziell im Dienst sein wird: Josef Gaschl bleibt Polizist mit Leib und Seele. Zwar wird er die Uniform dann endgültig an den Nagel hängen müssen und "nur eine Zivilperson" sein, "wegschauen werd' ich aber sicher nicht", sagt Gaschl bei seiner Abschiedsfeier am Dienstag, zu der die Journalisten - für die Pensionierung eines "Bezirkspolizisten" - außerordentlich zahlreich erschienen sind.
Seine Nachbarn dürfen sich also schon freuen, denn ab April wird sich der Niederösterreicher vermehrt in seinem Heimatort nahe der Schallaburg aufhalten - und auch dort gibt es für den 61-Jährigen genug zu tun. "Kürzlich bin ich nach Hause gekommen und hab zwei Verdächtige bemerkt - denen bin ich gleich nach, über den Feldweg hab ich sie verfolgt, erwischt hab ich sie leider nicht", so Gaschl und muss dabei selbst schmunzeln. Denn gewohnt ist er das nicht, dass ihm jemand entwischt. In seinem Einsatzgebiet am Neubau, ist er eine "Legende", wenn es darum geht, "Taschlziaga z'fonga". Soll heißen: Taschendiebe zu fangen. Auf diesem Gebiet hat er eine einzigartige Bilanz aufzuweisen. Dafür braucht es ein Auge, Ausdauer und auch Talent wie Gaschl erklärt: "Das kann nicht jeder Polizist."
Gaschl konnte es jedenfalls und kann viele Anekdoten erzählen: "Einmal bin ich am Westbahnhof angekommen, am Weg runter über die Mariahilfer Straße in die Inspektion in der Stiftgasse hab ich schon wieder drei gefangen und mit aufs Revier genommen." Das bestätigen auch die jüngeren anwesenden Kollegen, die bei ihm "in der Schule" waren. Regelmäßig mussten sie in zivil ausrücken, um von den hohen Künsten eines Josef Gaschl zu lernen. Einer von ihnen ist Patrick Maierhofer, der heute als Polizei-Pressesprecher im Dienst ist und für die Feierlichkeit keinen geringeren Titel als "Abschied von einer Polizeilegende" - Augenzwinkern inklusive - gewählt hat. Er hat selbst 8 Jahre in der Stiftgasse bei Gaschl Dienst gemacht und findet nur lobende Worte für seinen ehemaligen Vorgesetzten. "Man konnte sehr viel von ihm lernen. Er kennt sich unglaublich gut aus, sei es das Rechtliche, aber auch seine Fähigkeiten im Umgang mit Menschen waren vorbildlich", so Maierhofer. Er habe vor allem viel darüber gelernt, "wie man in eine Amtshandlung hinein geht", wie man den Menschen in so einer Situation mit Respekt begegnet.
Respekt für Generäle und Punks
Denn auch das war ganz offensichtlich eine der Stärken von Josef Gaschl: Bekannt war er im ganzen Bezirk, ausgekommen ist er mit allen. Vom Bezirksvorsteher Blimlinger über die Punks auf der Mariahilfer Straße bis hin zu den Jugendlichen, die in den Parks abhängen - er kannte sie alle und ist jedem Menschen gleich begegnet. "Mir ist das wurscht woher jemand kommt. In unserem Beruf hast mit einem General genauso zu tun wie mit einem Obdachlosen - und mit jedem musst' umgehen können", so Gaschl. Eine Portion Humor schade dabei sicher nicht - wovon er zweifelsohne genug besitzt. Da kam es schon einmal vor, dass er zu jemanden gesagt hat "Du bist a G'frast", aber das hätten die Leute schon richtig verstanden. Das erzählt er mit dem einzigartigem Charme, den man nur von Polizisten seiner Generation und seines Formates kennt.
Und weil er so gut mit allen konnten, hat es ihn auch besonders getroffen, als er einmal "von einer Zeitung ins rechte Eck gestellt wurde". In einem Artikel hat man ihm Rassismus vorgeworfen, weil viele Menschen ausländischer Herkunft unter den Dealern waren, die er verhaftet hat. "Egal wer es war, egal welche Hautfarbe ein Mensch hat - ich hab alle korrekt behandelt". Dafür spricht auch, dass es in seinen 40 Jahren bei der Polizei, keine Beschwerde gegen ihn - etwa wegen einer Festnahme - gegeben hätte. Das kommt nicht oft vor. Er hat damals das Medium geklagt und gewonnen - "diese Vorwürfe haben wirklich weh getan."
Belobigungen und eigens gedichtete Lieder
Aber das war zum Glück ein Einzelfall, dem gegenüber stehen mehr als 220 polizeiinterne Belobigungen und Auszeichnungen, darunter das silberne Verdienstzeichen der Republik Österreich. Auch die Bezirkszeitung hat ihn 2013 zum "Alltagshelden des 7. Bezirks" gewählt. Als solchen kennt man ihn eben auch im Bezirk, einmal habe ihn die Direktorin der Schule in der Burggasse gerufen und als er den Festsaal betreten hat, haben die Schüler überraschend eigens für ihn gedichtete Lieder gesungen.
Während er das erzählt, ist ihm die Rührung anzusehen. So hat auch bei seiner offiziellen Abschiedsfeier in der Stiftskaserne ein Schülerchor gesungen, neben der Polizeiprominenz, die ihm natürlich auch die Ehre erwiesen hat, darunter Landespolizei-Vizepräsident Karl Mahrer und Sicherheits-Direktor Konrad Kogler. Vermissen wird der Niederösterreicher den Neubau und Wien schon sehr: "Vor allem die Leute werden mir fehlen. Aber ich werde sicher noch oft her kommen - für die Dinge, von denen ich im Dienst wenig gesehen habe, Konzerte zum Beispiel."
Und was kommt jetzt?
Und was kommt sonst noch im neuen Lebensabschnitt? An Plänen für die Zukunft mangelt es Gaschl nicht, im Gegenteil. Der passionierte Radfahrer - auch im Dienst war der Untersatz seiner Wahl das Radl - wird die eine oder andere Tour starten, auch motorisiert. Mit seiner BMW GS Adventure plant er 2018 die "Panamericana" zu fahren, rund 30.000 Kilometer von Feuerland bis nach Alaska. Neben einer Ausbildung zum Rettungssanitäter wird er sich außerdem verstärkt um seine Enkerl kümmern, denn die brauchen auch einen "Opa, mit dem man ein bissl mehr darf, wie bei den Eltern." Sei es im Gatsch mit kleinen Schweinderln zu spielen oder ein Sägewerk zu besuchen. Ob sich auch seine Frau freut, dass er nun daheim "im Einsatz" ist? "Also wie ich kürzlich schon einen Tag zuhause war und meine Frau unterwegs war, ist sie um 12.30 nach Hause gekommen und das Essen ist schon am Tisch gestanden. Ich glaub, das kann sich sehen lassen!"
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