Prozess am Landesgericht Wiener Neustadt
Haftstrafe für brutale IS-Propaganda
Er ist nie nach Syrien gereist und hat keinen Anschlag verübt.
Verteidiger Clemens Handler über seinen Mandanten
WIENER NEUSTADT, NEUNKIRCHEN. Wegen des Verbrechens der terroristischen Vereinigung und der kriminellen Organisation musste sich am Mittwoch-Nachmittag ein jetzt 19-Jähriger, zur Tatzeit noch Minderjähriger vor einem Schöffengericht in Wiener Neustadt (Vorsitzende Richterin Petra Harbich) verantworten. Der junge Mann hat - so die Anklage und auch sein eigenes Schuldbekenntnis - als Mitglied der Terrororganisation "Islamischer Staat" über eine eigene Whatsapp-Plattform und über IS-Programme an die 30 Propagandavideos und rund 20 Kampflieder des IS verbreitet. Und auch, wenn er nicht selbst in Syrien gewesen ist, so sei er laut Verfassungsschutz sehr nah dran gewesen. "Allein durch die Verbreitung habe er in Österreich und Deutschland viele sehr junge Menschen beeinflusst", so ein Beamter.
In Neunkirchen radikalisiert
Der Bursche, gebürtiger Georgier, hat in Neunkirchen mit seinen sehr dem orthodoxen Glauben zugehörigen Eltern gelebt. Diverse Schul- und Persönlichkeitsprobleme haben ihn durch einen guten Freund, einen Tschetschenen, zum Islam wechseln lassen. Mit der Zeit wurde er immer radikaler. Er hatte Probleme mit seiner Einstellung während der Lehrzeit, als er ein Mädchen überreden wollte, die Burka zu tragen und ihm nach Syrien zu folgen und seine Internet-, Whatsapp- und Instagrambeiträge wurden immer blutrünstiger. Auszüge daraus wurden vor Gericht vorgelesen, darin wird meistens "Ungläubigen" der Gewalttod angedroht. Er zitierte dabei auch einschlägig bekannte deutsche Islamprediger.
Diese zunehmenden Veränderungen setzten auch den Vater in große Sorge - er war es schließlich, der seinen eigenen Sohn der Polizei meldete und ihr auch dessen Mobiltelefone aushändigte. Schwere Entscheidung zum noch richtigen Zeitpunkt.
In den Handys fanden die Beamten das belastende Material, seit Jänner ist der Angeklagte in Untersuchungshaft - die ihn nach eigenen Aussagen geläutert haben soll: "Ich entschuldige mich bei ganz Österreich. Ich bin jetzt nicht mehr radikal, ich habe sehr gute Eltern, alle Menschen sind gleich." Dagegen ein Beamter des Verfassungsschutzes: "Ich glaube nicht an eine so schnelle Deradikalisierung, wir waren sehr überrascht wie sehr radikalisiert der Bursche war."
Stellte sich die Frage: Was tun mit so einer Person?
Das Gericht kam zu folgender Entscheidung: 30 Monate, davon 10 Monate unbedingte Haft, Bewährungshilfe und die Weisung mit einem Deradikalisierungsverein zusammen zu arbeiten.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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