Interview mit Paul-Julien Robert zum Film "Meine keine Familie"
Paul-Julien Robert ist 1979 in die Kommune am Friedrichshof geboren worden. In seinem ersten Film "Meine keine Familie" setzt er sich mit seinem Aufwachsen, in der vom Aktionskünstler Otto Mühl geleiteten Kommune auseinander und stellt Fragen nach Familie und Zusammenleben im Allgemeinen aber auch nach Verantwortung und Bewusstsein für die Geschehnisse in der Kommune. Vergangenen Freitag hatten wir die Gelegenheit mit dem Regisseur im Rahmen eines Fimabends im Illmitzer Nationalparkkino ein Interview zu führen.
Was war die eigentliche Intention diesen Film zu machen?
Es war eigentlich eine Neugier. Die Kommune ist 1990 zerfallen, ich war damals 12 Jahre alt und ich hatte damals Bilder, was da so passiert ist. Aber das war bloß eine Erinnerung und ich wollte wissen wie nah meine Erinnerung, an dem was wirklich geschehen ist, war, und hab dann angefangen im Archivmaterial zu recherchieren und habe dann gemerkt, dass meine Erinnerung relativ nah an dem ist, was auf dem Material zu sehen war. Mit dem Material bin ich dann an eine Produktionsfirma in Wien herangetreten und wir haben versucht was daraus zu machen.
War auch die Frage, wer dein echter Vater ist, ein Antrieb?
Das war ein bisschen ein dramaturgischer Trick im Film. Ich wusste ja schon von Anfang an, als ich den Film begonnen habe, wer mein Vater ist. Aber diese Antwort, als ich meine Mutter gefragt habe, wer als Vater in Frage kam, das war für mich schon ein neuer Aspekt und dann wollte ich diese Menschen, meine möglichen Väter, kennen lernen.
Du warst mit dem Film schon bei einigen Filmfestivals. Wie haben Menschen darauf reagiert, denen die Kommune und was dort vorgeganen ist, unbekannt war?
Ja, da bin ich sehr froh, dasss das kein Film geworden ist, der speziell die Kommune behandelt, sondern dass es ein Film ist, in dem es um ganz viele Aspekte geht, um Familie im Allgemeinen und den Umgang mit der eigenen Vergangenheit und Verantwortung, und das wurde auch größtenteils so wahrgenommen. Das heißt es ging jetzt wenig um Otto Mühl, weil ich auch keinen Film über ihn machen wollte.
Nach diesen Erfahrungen in der Kommune - wie lebst du heute? In einer Partnerschaft, Kleinfamilie oder Ähnlichem?
Ja, ich lebe in einer ganz klassischen Kleinfamilie. Ich hab´ mich da total angepasst.
In der Szene, in der dein Vater und deine Mutter miteinander reden taucht aufeinmal und ohne, dass du es selbst angesprochen hättest, diese Frage der Schuld auf. Sie sagen, sie ließen sich keine Schuldgefühle machen. Ganz egal scheint ihnen dieses Thema aber dennoch nicht zu sein.
Das ist für mich die schwierigste Szene im Film. Ich hab da einige Screenings gehabt mit ein paar Leuten bevor wir den Film gezeigt haben, und einer davon war ein Psychologe, der mir etwas spannendes gesagt hat, nämlich, dass es interessant ist, dass sie diese Frage ansprechen. Anscheinend ist da doch ein Bewusstsein da und eine gewisse Verantwortung, die sie nicht wahrgenommen haben. Dass sie diese Frage ansprechen, ohne dass ich danach gefragt hätte, spricht für sich.
Wenn man die Zeit bedenkt, 1968, die Leute wollten alte Autoritäten überwinden und waren auf Revolution eingestellt - Wie konnte es dann doch sein, dass man einem Mann wie Otto Mühl folgt, der eben aus dieser autoritären Generation stammte?
Es war vielleicht für einige Menschen, die da hineingekommmen sind notwendig sich ihrer revolutionären Vergangenheit zu stellen. Es war aber auch, glaube ich, relativ früh zu sehen, zumindest von außen, dass das alles relativ schnell zum Scheitern verurteilt war. Otto Mühl ist von Anfang an autoritär aufgetreten, auch durch die Macht, die er hatte.
Wie lange hast du an dem Projekt gearbeitet?
Ich hab damit vor sechs Jahren begonnen. Es war eigentlich nicht als Kinofilm gedacht, sondern als kleines Projekt, als Recherche eigentlich.
Du hast auch ein Interview mit Mühls Frau Claudia gedreht...
Ja, aber sie hat mich nach drei Tagen kontaktiert und mich gebeten das Material nicht zu verwenden. Für mich war es eher ein Teil der Recherche. Ich habe auch gemerkt, und ich habe es ihr auch geglaubt, dass sie sich an viele Sachen nicht mehr erinnern konnte oder eine ganz andere Wahrnehmung davon hatte. Das zeigt auch wie gut der Verdrängungsmechanismus wirkt.
Du hast sechs Jahre an dem Film gearbeitet, wie haben in dieser Zeit ehemalige Kommunarden und Mitglieder des Friedrichshofs auf dein Projekt reagiert? Wurdest du unterstützt, gab es Ablehnung?
Ich war überrascht wie positiv es aufgenommmen wurde und wie viel Unterstützung ich erfahren habe, weil ich da sehr vorsichtig vorgegangen bin. Es ist ja doch das erste Mal, dass dieses Material gezeigt wird, daher bin ich froh, dass sich auch niemand persönlich angegriffen fühlt, sondern es als meine persönliche Geschichte aufgefasst wird. Ich habe das Projekt auch nicht an die große Glocke gehängt, sondern in Ruhe mit meiner Produktionsfirma gearbeitet. Als wir dann den ersten Rohschnitt des Films gezeigt haben, war ich schon sehr skeptisch, ob man uns das Material geben würde. Es war aber eine große Unterstützung da.
Wie wird es weitergehen mit dem Film?
Der Film an sich läuft ganz gut, da muss nicht mehr viel getan werden. Ich habe jetzt die Chance an einem neuen Projekt zu arbeiten und verfolge das.
Danke sehr für das Gespräch!
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Der preisgekrönte Dokumentarfilm (Wiener Filmpreis 2012 - bester Dokumentarfilm) "Meine keine Familie" ist ab sofort im Nationalparkkino Illmitz zu sehen.
http://www.meinekeinefamilie.at/
http://nationalparkkino.at/
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