Interview der Woche mit Rainer Bierbaumer
"Moldawien war eine lehrreiche Zeit, aber ich bin froh wieder zuhause zu sein!"

Rainer Bierbaumer ist nach zwei Jahren Moldawien wieder in "seinem" Bezirk Neusiedl am See.
2Bilder
  • Rainer Bierbaumer ist nach zwei Jahren Moldawien wieder in "seinem" Bezirk Neusiedl am See.
  • hochgeladen von Charlotte Titz

Rainer Bierbaumer war war zwei Jahre als Polizeiattaché in Moldawien. Seit März diesen Jahres ist er wieder zurück, seit 1. Oktober wieder Bezirkspolizeikommandant in Neusiedl am See. Stationiert war er in der moldawischen Hauptstadt Chișinău.

Was war Ihre Aufgabe in Moldawien?
Bierbaumer: "Der Kontaktaufbau und die Kontakthaltung mit der Polizei, aber auch im sicherheitspolitischen Bereich zwischen Österreich und Moldawien. Speziell auch der Erfahrungsaustausch in allen polizeilichen Aufgabenbereichen, z.B. waren moldawische Polizisten auch einmal eine Woche bei der Cobra, um unser System kennenzulernen, usw. Es kommt auch immer wieder vor, dass moldawische Straftäter in Österreich unterwegs sind, da haben wir gemeinsam gearbeitet, was auch sehr spannend und interessant war." 

Wie ist das Leben in Chișinău?
"Die Bevölkerung ist sehr arm. Es gibt viele arme Leute, eine schmale Mittelschicht und ein paar Hyperreiche. Dementsprechend wenig Kriminalität gibt es auch im Land. Wem will man etwas stehlen, wenn nichts da ist. Für einen Österreicher ist es auf jeden Fall eine gravierende Umstellung. Sowohl vom Lebensstandard her, als auch von der kulinarischen Seite. Richtige Kaisersemmeln hat es in Chișinău zB erst seit Oktober des Vorjahres gegeben, weil da ein deutscher Supermarkt aufgesperrt hat. Ansonsten gibt es vor allem das süße, russische Schwarzbrot. Kartoffelsalat z.B., so wie wir ihn kennen, findet man dort auch nicht. Dafür wird viel Polenta gegessen und natürlich Borschtsch, die traditionelle Rote-Rüben-Suppe. Autofahren ist wegen teilweise mangelnder Disziplin, dem technischen Zustand mancher Fahrzeuge und dem Straßenzustand auch eher eine gewagte Sache. Einerseits fahren manche Autofahrer einfach wie sie wollen, andererseits gibt es knöcheltiefe Schlaglöcher. Die Frau eines moldawischen Kollegen ist im Jänner am Gehsteig niedergefahren worden, sie liegt noch immer im Koma. Aus Sicht eines Österreichers, der einen gewissen Standard gewöhnt ist, kann man sagen, dass das Leben in Moldawien doch sehr mühsam ist. Belastend ist es auch, oftmals soviel Armut so vor Augen zu haben."

Was war für Sie in Moldawien besonders positiv?
"Das super Miteinander auf der österreichischen Botschaft. Ich habe sowohl die Botschafterin, als auch die Konsulin, die später nach Chișinău gekommen ist, schon aus Bratislava gekannt. Die Zusammenarbeit und das Miteinander war von der Botschafterin bis zum Angestellten eine sehr gute. Ich habe außerdem sehr sehr viele nette Menschen, vor allem Polizisten kennengelernt, die wirklich bemüht sind. Aber im Bereich der Korruptionsbekämpfung und der dringend nötigen Reform der Justiz muss in diesem Land noch sehr viel passieren." 

Wie sieht es mit Bildung und Zukunftschancen der Jugend aus?
"Es gibt gute Schulen und auch Hochschulen. Das Problem ist einfach: Fast jeder, der etwas erreicht hat verlässt das Land, um im Ausland zu leben und zu arbeiten, weil es in Moldawien kaum Perspektiven gibt. Der Brain Drain (Brain Drain beschreibt die Abwanderung von gut ausgebildeten Arbeitskräften in andere Länder.) ist wirklich ein sehr großes Problem in diesem Land. Vor allem im ländlichen Bereich findet man fast nur Kinder und deren Großeltern. Die Altersschicht dazwischen arbeitet im Ausland und schickt das Geld nach Hause. Es gibt in Moldawien aber auch kaum nennenswerte Industrie oder Landwirtschaft."

Vier Jahre Moldawien waren geplant, warum sind Sie jetzt nach zwei Jahren wieder zurück?
"Letztendlich waren es vor allem persönliche Gründe. Es ist einfach schwierig sich alles einzuteilen, wenn man so weit von zuhause weg ist, sogar wenn es um so banale Dinge wie das Pickerl fürs Auto geht. Ich bin aber auch wegen meiner Frau früher zurückgekommen. Wir haben einen Garten, das Haus - meine Frau hat einen irrsinnig stressigen Job und musste sich um alles fast alleine kümmern. Ich habe dann auch gefunden, ab einem gewissen Alter, sollte man so einen Job nicht mehr machen." 


Und wie ist es wieder zuhause?
"Ich bin sehr froh wieder zuhause zu sein und auch die Rückkehr ins Bezirkspolizeikommando in Neusiedl macht mich glücklich. Die Arbeit in Neusiedl am See ist zwar um ein Vielfaches mehr als in Moldawien, aber das ist der Job den ich kenne und es macht mir auch Freude. Außerdem ist die Lebensqualität bei uns einfach unbezahlbar. Es hat sich zwar sehr viel geändert in den knapp drei Jahren, in denen ich weg war, aber der polizeiliche Dienstbetrieb im Bezirk Neusiedl am See läuft nach wie vor sehr gut. Die Leute sind aufeinander eingespielt und können sich aufeinander verlassen. Es ist einfach eine Freude wieder da zu sein."

Gibt es etwas, das im Herbst im Bezirk ansteht?
"Wir versuchen soviel wie möglich draußen unterwegs zu sein, wir wollen bewusst für die Bevölkerung sichtbar sein. Einerseits im Sinne der Verkehrssicherheit, andererseits aber beginnt im Herbst immer die Saison der Dämmerungseinbrüche, deshalb sind wir derzeit so viel wie möglich unterwegs und dadurch auch so sichtbar wie möglich. Wenn wir dadurch auch nur einen Unfall oder Einbruch verhindern, ist es schon etwas Gutes. Außerdem hätte ich eine Bitte, vor allem an die jüngere Generation. Der Bezirk Neusiedl am See ist auf der Corona-Ampel orange. Tragt Mund-Nasen-Schutz, wenn ihr ins Lokal oder ins Geschäft geht. Es macht uns allen keinen Spaß, aber ich glaube es ist ganz einfach notwendig und macht viel Sinn. Meine Bitte: Einfach nicht allzu sorglos mit dem Virus umzugehen. Ich glaube nämlich, dass es unsere moralische Verpflichtung ist, auf die Schwächeren in der Gesellschaft, z.B. die älteren oder ohnehin gesundheitlich angeschlagenen Menschen, für die das Virus in der Regel viel gefährlicher sein kann, aufzupassen."

Neusiedler Bezirkspolizeikommandant geht nach Moldawien
Rainer Bierbaumer ist nach zwei Jahren Moldawien wieder in "seinem" Bezirk Neusiedl am See.

Du möchtest regelmäßig Infos über das, was in deiner Region passiert?

Dann melde dich für den MeinBezirk.at-Newsletter an

Gleich anmelden

Kommentare

?

Du möchtest kommentieren?

Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.

Neu auf MeinBezirk.at
Sudoku - gratis und so oft du willst, spiele jetzt!

Jetzt kannst du Sudoku auf MeinBezirk.at spielen - gratis und unbegrenzt. So spielst du Sudoku: Wähle deinen gewünschten Schwierigkeitsgrad: leicht, mittel, schwer. Klicke ins gewünschte Feld, setze eine Zahl von 1 bis 9 ein - und fülle alle leeren Felder. Ziel des Rätsels: In jeder Zeile (waagrecht), Spalte (senkrecht) und jedem Block (3 mal 3 Zellen) soll jede Ziffer genau nur einmal vorkommen.

Hier findest du den aktuellen Mondkalender ab sofort. Jeden Monat neu. | Foto: RegionalMedien Burgenland
1 3

Gesundheit, Haushalt, Garten & Schönheit
Dein Mondkalender für den April 2024

Die RegionalMedien Burgenland präsentieren den aktuellen Mondkalender für April 2024. Ein Mondzyklus dauert ca. 28 Tage. Dabei durchläuft er verschiedene Phasen, die unterschiedliche Qualitäten haben. Nach alter Überlieferung sollte man bestimmte Arbeiten also stets zur richtigen Zeit erledigen. Vom Einpflanzen der Tomaten 🍅 bis hin zum Haare schneiden 💇 – die Mondphase kann darüber entscheiden, ob die roten Früchtchen zur Attraktion in der Nachbarschaft und dein Kopf zur Löwenmähne 🦁 wird....

Benzin- & Dieselpreise
Die billigsten Tankstellen im Burgenland

Hier erfährst du täglich, wo im Burgenland die billigsten Tankstellen zu finden sind, wie man günstig tankt, und wie man Sprit sparen kann - immer AKTUELL. BURGENLAND. In ganz Österreich ist es immer am günstigsten, am Vormittag zu tanken. Denn Tankstellen dürfen nur einmal täglich um 12 Uhr die Spritpreise erhöhen. Preissenkungen sind jedoch jederzeit in unbegrenzter Anzahl und Ausmaß möglich. Wir aktualisieren die Liste der günstigsten Tankstellen im Burgenland täglich mit den aktuell...

UP TO DATE BLEIBEN

Aktuelle Nachrichten aus dem Burgenland auf MeinBezirk.at/Burgenland

Neuigkeiten aus dem Burgenland als Push-Nachricht direkt aufs Handy

Bezirksblätter auf Facebook: MeinBezirk.at/Burgenland

ePaper jetzt gleich digital durchblättern

Storys aus dem Burgenland und coole Gewinnspiele im wöchentlichen MeinBezirk.at-Newsletter


Du möchtest selbst beitragen?

Melde dich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.