Eine Frisur, viele Gesichter - Was bleibt Niederösterreich von 25 Jahren Landeshauptmann Erwin Pröll?

"Polarisierend aber stets charismatisch" - Die Politlandschaft Niederösterreich blickt zurück auf ein Vierteljahrhundert "Landesfürst" Erwin Pröll und findet neben nüchterner Kritik auch berechtigtes Lob
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  • "Polarisierend aber stets charismatisch" - Die Politlandschaft Niederösterreich blickt zurück auf ein Vierteljahrhundert "Landesfürst" Erwin Pröll und findet neben nüchterner Kritik auch berechtigtes Lob
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Kurz, knackig und überraschend kühl verkündete Dr. Erwin Pröll vergangene Woche, nach 25 Jahren als Landeshauptmann, seinen Rücktritt mit März.

Schnell wurde über eventuelle Gründe, potenzielle Nachfolger und bundesländerübergreifende Auswirkungen diskutiert. Während viele gespannt in die Zukunft blicken, werfen wir, gemeinsam mit Gefährten und Gegnern des Rekord-Regenten, einen letzten Blick zurück auf ein Vierteljahrhundert "Landesfürst".

"Endlose Liste" an Errungenschaften

Was hat Erwin Pröll für Niederösterreich geleistet: "Seine unbürokratische Hilfe bei Hochwasser war vorbildlich, die überdurchschnittliche Förderung von Kunst und Kultur und die Revitalisierung geschichtsträchtiger, jedoch baufälliger Gebäude war ihm eine heimatliche Herzensangelegenheit,.." sprudelt es aus vielen Politikern auf Gemeinde-, Bezirks- und Landesebene heraus.

Eichgrabens Bürgermeister, LAbg. Martin Michalitsch
, empfindet vor allem die erfolgreiche Realisierung St.Pöltens zu einer vollwertigen Landeshauptstadt als besonders nachhaltig für die Region Wienerwald. "Das hat uns viele Arbeitsplätze, direkt vor der Haustüre, gebracht" so der Landtagsabgeordnete.

Jürgen Maier, Bürgermeister der Stadtgemeinde Horn und ebenfalls Landtagsabgeordneter, zeigt sich voll des Lobes: "Von der Kaserne angefangen, über das Psychosomatikzentrum in Eggenburg oder die Klinik in Gars, bis hin zu etlichen infrastrukturellen Projekten, im Grunde könnte man die Liste endlos fortsetzen."

Ähnlich begeistert zeigt sich die Scheibbser Bürgermeisterein Christine Dünwald, die vor allem von der Handschlagqualität des scheidenden Landesoberhauptes begeistert ist: "Seine Bodenständigkeit, Verlässlichkeit und gerade Linie unterscheidet ihn von vielen Politikern, insbesondere von Populisten, welche nur kritisieren und Zusagen machen, die nicht gehalten werden können."

Die dunkle Seite - Das unheimliche Machtempfinden

Doch nicht jeder war stets im Einklang mit Dr. Pröll. Vielerorts würdigt man zwar einzelne Errungenschaften, zeigt sich aber auch kritisch im Bezug auf Machtgier, angeblich dubiose Geschäfte und unverständliche Vorgehensweisen.

Wolfgang Luftensteiner, ehemaliger Bürgermeister der Marktgemeinde Altlengbach, erinnert sich an einen Vorfall der für ihn stellvertretend für das unheimliche Machtempfinden von Erwin Pröll steht. Als er "es wagte" ausstehende Gelder vom Land einzufordern, ließ ihn der Landeshauptmann spüren, wer hier wem etwas zu sagen hat.

Der Waldviertler Nationalrat Konrad Antoni sieht die Zeit reif für einen politischen Wandel in Niederösterreich, denn "jede Veränderung ermöglicht die Chance auf eine Neuausrichtung der politischen Strategien".

Die "charmante aber streitbare Persönlichkeit" Pröll

Dominic Hörlezeder, Bezirkssprecher der Grünen in Amstetten, sieht den Abgang als "Chance auf mehr Transparenz", zollt den Leistungen Prölls aber dennoch Respekt: "Erwin Pröll ist es gerade auf europäischer Ebene gelungen, Niederösterreich als Region zu etablieren und zu stärken. Mit ihm geht eine der charismatischsten, zugleich aber streitbarsten Persönlichkeiten verloren!"

Für St. Pöltens FPÖ Stadtrat Klaus Otzelberger hat "Pröll eine Marke etabliert", denn sogar seine Haartracht sei untrennbar mit dem Land Niederösterreich verbunden.

Die Grüne Landtagsabgeordnete Amrita Enzinger sieht die "Ära Pröll" mit kritischen Augen: "Positiv ist: Er hat dem Land eine Identität geschaffen, aber es ist auch offensichtlich, dass Pröll kein Sozialpolitiker ist" und verweist dabei auf fehlende Einrichtungen in der Region Gänserndorf wie etwa das fehlende Krankenhaus im Bezirk, das fehlende Frauenhaus, mangelnde Kinderbetreuungseinrichtungen und fehlende Wohnformen für die ältere Bevölkerung.

Matthias Stadler, Bürgermeister der Landeshauptstadt St.Pölten, blickt nach dem überraschenden Rücktritt auf eine gelungene Zusammenarbeit zurück: "Auch wenn wir politisch nicht immer einer Meinung waren, freue ich mich, dass wir gemeinsam so viele wichtige Projekte für die Stadt umsetzen konnten."

Zukunftsorientierter Politiker mit wirtschaftlich katastrophalem Erbe

Josef Baum, Kopf des Verkehrsforum Waldviertel und ehemaliger Schulkollege Prölls, zeigt sich als dessen schärfster Kritiker: "Das Schlimmste war die unbegründete Schließung der Geburtshilfestation in Waidhofen, dann die Verhinderung der Windkraft als lokale erneuerbare Energie, die Einstellung der Bahn Schwarzenau-Waidhofen oder der Abbruch des Projekts der grenzübergreifenden Thayatalbahn trotz durch ihn erfolgten Spatenstichs in Waldkirchen."

Im Pielachtal zeigt sich Weinburgs Bürgermeister Peter Kalteis im Bezug auf den langjährigen "Landesfürsten" philosophisch: "Zu Pröll fällt mir eine Feststellung des mittelalterlichen Philosophen Niccolò Machiavelliein - 'Um ein Volk regieren zu können, muss man viele gute aber auch schlechte Eigenschaften haben.'" Seiner Meinung nach hat sich das Land Niederösterreich sehr gut und zukunftsfähig entwickelt, die wirtschaftliche Lage sei allerdings bedenklich.

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