Diese Erfahrungen schärften Hongs Willenskraft und stärkten ihren Kampfgeist im Falle von Schwierigkeiten.
Manchmal können weiche Schultern schwere Lasten tragen

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Text und Zeichnung von Yu Hui

Hui lief in Eile mit ihren kleinen Schritten, um ihre Familie, die vor ihr
schon weit voraus gegangen war, einzuholen.

Sie fragte ihre älteste Schwester Hong: „Hong, wie weit ist es noch
bis zum Fluss?“

Hong erwiderte ihr sehr nett: „Bald sind wir da, bist du schon müde?
Komm, ich kann dich ein Stück weit dorthin tragen.“ Während ihrer
Antwort hockte sich Hong gewöhnlich nieder und wartete darauf,
dass Hui auf ihren Rücken kletterte.

„Danke!“ Hui umklammerte glücklich den Hals ihrer Schwester mit
ihren Armen, ließ ihre Füße an deren Hüfte festklemmen. Hong hielt
den Atem an und ging noch weiter in die Knie, dann stand sie auf. Jetzt
hielt Hui sich schon an ihrem Rücken fest. Zu dieser Zeit war Hong
erst 12 Jahre alt und Hui bald 6. Aber Hui wuchs so schnell, sodass sie
nur eineinhalb Köpfe kleiner als Hong war.

Seit ihrer Kindheit nahm Hong die Verantwortung als älteste Schwester
für ihre beiden Schwestern sehr ernst wahr, indem sie sich liebevoll um
die beiden kümmerte. Sie bot Hui freiwillig immer gerne an, sie unterwegs
zu tragen. Über das Gewicht der kleinen Hui beschwerte sie sich nie. Hui
genoss einfach ihre Liebe und die von ihr vorgeschlagene Bequemlichkeit.
Nach fast zehn Minuten wechselte sich Hong mit dem Vater ab und er trug
nun Hui weiter vorwärts.

Hui, die von ihrer Mutter fast an Fremde verschenkt worden wäre, wurde
bei ihrem Aufwachsen von ihrer ältesten Schwester Hong und ihrem Vater
besonders bevorzugt. Es schien in diesen vergangenen Jahren, als hätte
Hui in einem Honigtopf gelegen, was ihr sehr gut schmeckte.

Hong diente den beiden jüngeren Schwestern als Vorbild. Nicht nur waren
alle ihrer Noten in der Schule sehr gut, sie konnte auch in der Pekingoper
gut singen und tanzen, was die beiden Jüngeren bewunderten. Und zu
Hause spielte Hong fast die Rolle eines Teils ihrer Eltern, indem sie sorgfältig
auf die beiden Schwestern aufpasste. Für die beiden war sie eine
Zufluchtsstätte und Symbol für einen starken Menschen.

Immer, wenn einige langweilige Buben hinter dem keinen Mädchen Hui
herliefen und lachend riefen: „Rechter Welpe! Rechter Welpe!“,
begegneten sie sofort Hong, als hätte Hong schon lange auf sie am Weg
gewartet. Die Buben wollten dann so schnell als möglich vor ihr
verschwinden.

Ihr Vater war als „Rechter“ von der Kulturbewegung eingesperrt.
Zusätzlich sollte sich ihre Mutter von ihrem Mann distanzieren und eine
entsprechende Erklärung dazu verfassen, was sie nicht tat. Daher durfte
auch sie eine Woche lang nicht nach Hause gehen und musste in ihrer
Schule, wo sie unterrichtete, bleiben.

Genau in dieser Zeit bekam Hui hohes Fieber, so um die 40 Grad, wofür
sich Hong große Sorgen machte und hilflos war, weil sie plötzlich allein
die Verantwortung trug. Die Angst, dass sie Hui verlieren könnte, führte
zu einer mutigen Aktion. Ohne eine Minute zu zögern, die kleine Hui auf
dem Rücken tragend, was sie immer trainiert hatte und die andere um
2 Jahre jüngere Schwester Nan an der Hand haltend machte sich Hong
auf den Weg zur Mutter.

Schon lange hatte die Mutter von der Schule, wo sie mit ihrem Mann
zusammen unterrichte, zu einer anderen Schule gewechselt. Ihre
neue Schule war weit weg von zuhause. Sie musste mit dem Bus zwei
Stationen fahren und dann zu Fuß über einen Berg gehen, bis sie die
unten am Berg liegende Schule erreichte.

Um das Geld für die Bustickets zu sparen, ging Hong mit ihren zwei
jüngeren Schwestern die ganze Strecke zu Fuß. Beim Gehen auf dem
steinernen Weg des Berges musste Hong mehrmals versuchen eine
Steinbank zu finden, um sich kurz von Hui zu befreien, damit sie sich
ein bisschen von der Anstrengung erholen konnte. Inzwischen folgte
ihr Nan sehr brav und wartete geduldig neben ihr bei diesen kurzen
Pausen. Auf diesem langen Weg war Hong so erschöpft, dass sie
mehrmals dachte, den Weg nicht mehr fortsetzen zu können, weil
Hui immer „schwerer“ wurde. Die arme erkrankte Hui war von dem
Fieber schlaftrunken geworden. Hong hätte gerne aufgegeben, den
Boden geküsst und sich lange ausgeruht.

Aber Hong hörte immer eine Stimme aus ihrem Inneren: "Nein, nein,
ich muss Hui zur Mutter bringen. Die erkrankte Hui braucht die Hilfe
meiner Mutter. Wenn ich aufhöre weiter zu gehen, könnten wir Hui
vielleicht verlieren."

Nach 5 Stunden erreichten die drei Kinder endlich die Schule ihrer
Mutter. Sie hatten einen ganzen Nachmittag bis dorthin gebraucht.

Als die Mutter ihre Töchter ansah, die müde und blass waren, waren
Hongs Lippen durch die Sonne voller Blasen, so konnte sie die
Tränen nicht zurückhalten. Ihre freundlichen Kollegen bereiteten
schnell ein Bett für die todmüden Kinder zu, der Koch Liu in der
Lehrerkantine kochte drei Schüssel mit heißen Eiernudeln für die
drei Kinder. Aber als er mit dem Essen zu den Kindern kam, waren
Hong und Nan im Bett bereits eingeschlafen und Hui wurde schon
von ihrer Mutter ins Krankenhaus gebracht.

Als Hui nach ihrer Schulzeit vier Jahre lang an der Universität in
ihrer Heimat studiert hatte, trug Hong immer am Semesteranfang
das Gepäck für Hui in das Studentenheim und am Semesterende von
dort wieder nach Hause. Wie früher, als sie die kleine Hui gerne
getragen hatte, übernahm Hong den Transport als ihre eigene
Verpflichtung, als wäre sie ein starker Junge.

Diese Erfahrungen schärften Hongs Willenskraft und stärkten ihren
Kampfgeist im Falle von Schwierigkeiten. Anfang der neunziger
Jahre kündigte die junge Hong ihren Beruf als Englischlehrerin
auf einem Gymnasium, obwohl sie dort unkündbar war. Sie bewarb
sich bei einer Filiale der US-amerikanischen Disney Animation
Company in Shenzhen um einen Englischdolmetscher. Sie hatte
die Stelle bekommen und verließ die Heimat.

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