"Beim Impfen sind wir Entwicklungsland" – Oberösterreicher lehnen HPV-Impfung ab
Nur 50 Prozent der Viertklässler in OÖ wurden 2015 gegen HPV geimpft. Mediziner: Tod von 19-jährigem Mädchen lässt Eltern zweifeln. Impfquote bei Masern, Mumps und Röteln beträgt auch nur 80 Prozent – kein "Herdenschutz".
OÖ. "Was das Impfen betrifft, sind wir fast schon ein Entwicklungsland", kritisiert Professor Klaus Schmitt, Leiter der Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde am Linzer Kepler Universitätsklinikum. Die Impfquote bei Masern, Mumps, Röteln liegt in Oberösterreich nur knapp über 80 Prozent. Laut nationalem Impfplan sollte sie eigentlich bei etwa 95 Prozent liegen. "Viele Leute glauben mittlerweile, dass das normale Kinderkrankheiten sind und eine Impfung nicht notwendig ist. Dabei können beispielsweise Masern sehr schwere Verläufe haben", warnt die zuständige Ärztin in der Landessanitätsabteilung, Eva Magnet.
Nur mehr bei Diphtherie, Tetanus und Polio liegen die Impfraten bei über 90 Prozent. Erst dann greift der sogenannte "Herdenschutz". Damit ist jener Schwellenwert gemeint, ab dem eine gesamte Bevölkerung gegenüber einem Krankheitserreger immun ist. Dieser Herdenschutz umfasst auch nicht geimpfte Personen, da sich der Krankheitserreger durch eine hohe Impfquote nicht ausbreiten kann.
HPV-Impfung kein Erfolg
Vollends schutzlos sind die meisten Österreicher gegen "Humane Papillom Viren", kurz HPV. Seit Ende 2014 wurde die HPV-Impfung, die unter anderem Gebärmutterhalskrebs bei Frauen vorbeugt, ins staatliche Schulimpfprogramm aufgenommen. Erfolg: keiner! Laut vorläufigen Hochrechnungen wurden 2015 nur knapp 50 Prozent der Viertklässler in Oberösterreich gegen HPV geimpft. Gerechnet hätte man mit einer 80-Prozent-Quote, bestätigt das Landessanitätsbüro.
Noch trister sind die Zahlen aus den Bezirken. Beispiel Braunau: Hier liegt die Impfquote nur bei einem Drittel. Oder im Bezirk Freistadt: Dort wurden seit Schulbeginn im Herbst nur 263 von 696 Kindern geimpft – also 38 Prozent. Ebenso im Keller ist die Impfbeteiligung in Wels-Land, sie liegt dort bei 35 Prozent. Ernüchternde Zahlen. Aber warum ist das so? Offensichtlich zweifeln viele Eltern an der HPV-Impfung aufgrund eines Todesfalls im Jahr 2007, heißt es in Medizinerkreisen. Damals starb eine Studentin vermeintlich an den Spätfolgen einer HPV-Impfung. Dass die Impfung die Oberösterreicherin umbrachte, schließt man heute aus. "Man konnte nachweisen, dass da überhaupt kein Zusammenhang bestand", sagt Schmitt.
Doch das glauben die meisten Impfskeptiker ohnehin nicht. Für sie ist der HPV-Impfstoff für gesundheitliche Schäden – von Multipler Sklerose bis hin zur Hirnblutung – verantwortlich. Jene Skeptiker, die es auch in der Ärzteschaft gibt, wollen sich aber oft nur hinter vorgehaltener Hand dazu äußern. Auch alle von der BezirksRundschau angefragten – "impfkritischen" – Mediziner lehnten eine Stellungnahme hierzu ab.
HPV-Impfung für Buben
Kinderarzt Schmitt empfiehlt jedenfalls, Mädchen und Buben gegen HPV zu impfen. Die Impfung schütze nicht nur vor Gebärmutterhalskrebs, sondern beuge auch Kopf-Hals-Tumoren vor. Generell empfiehlt er allen Eltern: "Lassen Sie Ihre Kinder impfen. Impfungen sind sehr gut verträglich."
Kommentare
Du möchtest kommentieren?
Du möchtest zur Diskussion beitragen? Melde Dich an, um Kommentare zu verfassen.