Steinkellner: Infrastruktur statt Soziales und Kultur

Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner im Gespräch mit Chefredakteur Thomas Winkler. | Foto: BRS
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  • Infrastruktur-Landesrat Günther Steinkellner im Gespräch mit Chefredakteur Thomas Winkler.
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BezirksRundschau: Was kommt auf die Pendler 2018 und 2019 in Mauthausen zu – Stichwort Donaubrücke?
Steinkellner: Es wird keine ununterbrochene Totalsperre notwendig sein. Mit dieser Lösung ist es uns gelungen, die Belastung für die Wirtschaftsunternehmen sowie für die Bevölkerung auf ein Minimum zu reduzieren. An den Werktagen wird tagsüber durchgehend ein Fahrstreifen frei bleiben, dessen Befahrung durch eine Ampel geregelt wird. Lediglich an einigen Wochenenden sowie teilweise nachts ist eine Totalsperre unvermeidbar.
(Mehr dazu finden Sie hier, Anm. der Redaktion)

Es hat vor Kurzem wieder etwas Bewegung in Sachen RegioTram Richtung Gallneukirchen gegeben. Werden wir das noch erleben?
Das hängt von den finanziellen Möglichkeiten ab. Ich als Verkehrsreferent kann dieses Projekt nur begrüßen. Die RegioTram hat ein großes Potenzial und würde eine Standortverbesserung für Linz mitbringen, weil Pregarten und Gallneukirchen ganz interessante Siedlungsräume sind. Zusätzlich würde der Bus- und Individualverkehr durch eine attraktive Schienenverbindung entlastet.

Aber das Projekt kostet wirklich erhebliche Summen. Es würden die Gemeinden zwar zum Mitzahlen angehalten – wahrscheinlich im Bereich von 20 Prozent, wie bei ähnlichen Projekten. Aber ich kann das erst dann sagen, wenn es eine langfristige Finanzüberlegung gibt. Derzeit haben wir sehr viele Projekte im öffentlichen Verkehr in der „Pipeline", die natürlich ordentliche Summen kosten.

Wann wäre eine Umsetzung realistisch?
Ein kürzestmöglicher Umsetzungszeitraum wäre nur dann zu verwirklichen, wenn das Geld vorhanden ist. Aber vielleicht zum Grundsätzlichen, wie geht man an so ein Unterfangen heran: Es müsste ein Detailprojekt gemacht werden und das kostet natürlich erheblich Geld. Und dazu bräuchte man erst einmal eine Grundsatzentscheidung, ob wir es finanzieren und zu welchem Zeitpunkt wir es finanzieren. Es gibt verschiedene Gespräche über den Sommer – mit dem neuen Finanzreferenten, Landeshauptmann Thomas Stelzer, der sich natürlich auch diese Großprojekte anschaut. Dann können wir realistischer eine Zeittangente – unabhängig der Probleme, die bei Großprojekten in Verfahren immer auftauchen – nennen.

Gehört dieses Projekt zu den Top-Drei Infrastrukturprojekten für Sie?
Das ist ein ganz wichtiges Projekt. Allerdings ist es so, dass die Stadt Linz ihre zweite Schienenachse als Top-Priorität sehen wird. Dort gibt es bereits eine politische Zusage des Finanzreferenten, und wir sind in der Brückenfinanzierung (ehemalige Eisenbahnbrücke, Anm.) in der Vorphase eines sehr großen Projektes. Und da ja auch bei der Durchbindung der Mühlkreisbahn bis zum Hauptbahnhof die Schienen bereits quasi in Sicht sind, ist dieses Projekt natürlich sehr viel weiter als jedes andere. Von der Wirkung her wäre das Projekt Gallneukirchen-Pregarten sehr spannend und hat auch sehr großes Potenzial.

Welche Finanzmittel hat das Verkehrsressort für neue Projekte und für Instandhaltung zu vergeben?
Das Budgetvolumen beträgt ungefähr 305 Millionen Euro – Straßenbau mit 170 Millionen Euro, und für den öffentlichen Verkehr stehen 130 Millionen Euro bereit.

Wie viel Geld bleibt für neue, große Projekte frei?
Für neue Projekte brauche ich zusätzliches Geld, da ist kein Spielraum.

Ist das Verkehrsressort von den Sparmaßnahmen – Stichwort Schuldenbremse – betroffen?
Ich hoffe nicht! Aber hierzu kann ich erst nach den Budgetverhandlungen Detailliertes sagen. Aber grundsätzlich lässt sich Folgendes festhalten: Im Straßenbau bei den 170 Millionen Euro bei der Straßenerhaltung bräuchte ich etwa 30 bis 40 Millionen Euro, um den Standard des jetzigen Straßenzustandes zu erhalten. Budgetiert sind derzeit etwa 20 bis 25 Millionen Euro. Wenn allerdings irgendwo Geld überbleibt – z.B. wenn Verfahren einen Neubau verzögern –, dann werden die Gelder sofort umgeschaufelt.
Das Neubaubudget liegt bei rund 50 Millionen Euro. Darin sind Großbauvorhaben wie die B139 oder die B1 und Planungen vorgesehen. Da wird man auch nicht sehr viel anknabbern können. Darüber hinaus ist das Budget seit 2002 nicht inflationiert worden. Im Gegensatz sind natürlich die Baukosten gestiegen. Das heißt, es steht seit 2002 weniger Geld zum Bauen zur Verfügung.

Und ein weiteres Problem sind die Brücken. Die besondere Situation der Linzer Eisenbahnbrücke, die jetzt neu gebaut wird, wurde ja breit diskutiert. Aber es gibt natürlich auch andere Gemeinden mit Brückenproblemen: Beispiel Ebensee. Die Brücken kosten über acht Millionen Euro und ich habe insgesamt 8,5 Millionen Euro Gemeindestraßenförderbudget für ganz OÖ zur Verfügung. Wenn es da nicht zusätzliche Brückenmittel gibt, haben wir keine Unterstützungsmöglichkeit für die Gemeinden.

Und das Budget für den öffentlichen Verkehr?
Da gibt es ganz interessante Projekte. Ich möchte die Bahnen erhalten, weil ich denke, dass es irgendwann mal so sein wird: Trotz der Zersiedelung in unserer Raumordnung fährt ein autonomer Bus, holt die Menschen aus Siedlungen ab, bringt sie zu einer Hauptverkehrsachse. Die ist hoffentlich eine Schiene oder alternativ eine Busverbindung – die die Menschen zu den regionalen Zentren, oder in den Großraum Linz-Wels-Steyr zu den Arbeitsplätzen bringt.

Warum will ich da so auf die Schiene raus? Wenn wir pro Jahr zwei bis drei Prozent Zuwachs im Individualverkehr haben, gibt es trotzdem nicht mehr Flächen, die zur Verfügung stehen. Gerade um die Attraktivität des ländlichen Raums zu erhalten, ist es wichtig, ein öffentliches Verkehrsmittel zu haben, das zeitig in der Früh und spät am Abend verkehrt.
Deshalb die Aufrechterhaltung der Lokalbahnen, die Straßenbahn nach Ansfelden, die Bahn nach Pregarten-Gallneukirchen, Elektrifizierung der Mattigtalbahn, eventuell Verlängerung des Salzburger Verkehrsbereiches nach Braunau. Das ist eine ordentliche finanzielle Herausforderung.

Das hört sich nicht an, als ob das alles mit 130 Millionen Euro finanziert werden könnte.
Nein, das wird sich nicht ausgehen.

Wie viel Geld bräuchten Sie, um diese Projekte umzusetzen?
Ich möchte jetzt bewusst keine Zahlen nennen – aber wir haben einen Rückstau in öffentlichen Verkehrsprojekten und ich bin überzeugt davon, dass der öffentliche Verkehr ganz zentral die Sicherung des Standorts Oberösterreich gewährleisten wird.

Es heißt, die öffentliche Hand habe ein Ausgabenproblem. Trifft das auf Ihr Ressort demnach nicht zu?
Wir haben ein Ausgabenproblem im konsumativen Bereich und nicht im investiven Bereich. Manche sehen jede Investition in jede Veranstaltung, die irgendwo gemacht wird, als Investition. Ich sehe Investitionen als nachhaltige Förderung und Erhaltung der Infrastruktur. Es wird nicht reichen, wenn ich rein auf Digitalisierung setze. Es wird noch eine Zeit dauern, bis das Beamen erfunden ist – und bis dahin brauchen wir immer Wege. Und da ist es wichtig, dass der öffentliche Verkehr jetzt einen richtigen Investitionsschub in OÖ bekommt.

Die budgetierten Schwerpunkte müssen in Zukunft also anders gesetzt werden?
Unbedingt!

Auf wessen Kosten?
Wir werden sehr wohl überlegen müssen, ob wir uns alle Sozialleistungen weiter leisten wollen oder ob diese nicht eine Leistungsfeindlichkeit erzeugen, bei der sich richtige Leistung nicht mehr auszahlt. Und wenn wir für die Zukunft Wohlstand absichern wollen, müssen wir in moderne Technologie investieren. Aber Digitalisierung alleine wird uns nicht helfen, wenn ich die Menschen nicht zum Arbeitsplatz oder das Produkt nicht an den Käufer bekomme.

Also Einsparungen im Sozialbereich …?
Man wird den Kulturbereich durchforsten müssen, den Sozialbereich. All jene Bereiche in denen sich ein Förderunwesen eingeschlichen hat.

Sollte man den Kulturbereich – analog zum Sozialressort – von außen durchleuchten lassen?
Ich gehe davon aus, dass in diesen Bereichen ordentlich gespart wird. Wenn ich es dort nicht schaffe, müssen wir bei der Infrastruktur sparen. Und wenn wir dort sparen, gefährden wir die Zukunftssicherung des Landes.

Sollte man die Mindestsicherung noch weiter senken?
Die Mindestsicherung und alle Sozialmaßnahmen sind zu überprüfen. Es muss sich Leistung lohnen – und Leistungsanreiz durch Arbeit muss gesichert werden. Eine 100-prozentige Vollkaskogesellschaft ist nicht mehr finanzierbar. Nachdem wir bei den Steuern und Abgaben im europäischen Spitzenfeld liegen, wird es nicht möglich sein, dass man mehr Geld vom Steuerzahler organisiert. Vielmehr muss man genau überlegen, wie man das Geld optimal einsetzt. Das gilt im Übrigen auch für mich.

Wäre es dann nicht fast logisch, über Mautsysteme an Bundesstraßen nachzudenken – und diese Mittel für die Instandhaltung zweckzubinden?
Ein Mautsystem auf Bundesstraßen würde einer österreichweiten Regelung bedürfen. Wir Oberösterreicher haben uns dagegen ausgesprochen. Denn das würde bedeuten, dass ich einen Standort abseits der Autobahn noch einmal unattraktiver mache. Denn wer investiert dann in den ländlichen Räumen?

Jetzt gibt es andererseits in vielen Landesteilen ein Thema mit Mautflüchtlingen – muss das dann mit mehr Fahrverboten geregelt werden?
Wir prüfen, wenn solche Anfragen kommen, exakt. Es ist natürlich auch eine schwierige Aufgabe für die Exekutive, das zu kontrollieren. Bei den meisten Überprüfungen stellt sich aber heraus, dass ein sehr, sehr hoher Prozentsatz der Fahrzeuge Ziel- und Quellverkehr ist. Wobei: Das subjektive Empfinden ist oft ein anderes, das ist mir klar. Aber ich scheue mich auch nicht, wo es legitim, nachweisbar und dokumentiert ist, ein entsprechendes Verbot zu verhängen.

Müsste man da auch höhere Strafen andenken?
Das kann ich mir durchaus vorstellen.

Nach ein paar Unfällen hat man zuletzt wieder gesehen, dass die Rettungsgasse oft gar nicht funktioniert. Soll man die Rettungsgasse wieder abschaffen?

Bedauerlicherweise gibt es in Europa bei drei Spuren keine einheitliche Rettungsregelung. Das ist absurd. Es gibt Länder, in denen ist die Rettungsgasse anders zu befahren als bei uns. Es muss einfach eine europäische Regelung geben. Das Problem ist dort, wo ein Pannenstreifen zur Verfügung steht, geht es meistens eh. Aber es gibt auf vielen Autobahnen keine Pannenstreifen.

Wären stärkere Kontrollen und strengere Strafen eine Lösung?
Ich kann mir vorstellen, dass man in diesem Bereich noch mehr mit Kameras machen kann.

Thema Maut: In Deutschland soll eine Maut mit gleichzeitiger Begünstigung von Staatsbürgern kommen. Wäre das ein Modell für Österreich, falls die Deutschen damit durchkommen?
Wenn wir da eine Chance haben, das durchzubringen – selbstverständlich. Denn: Was für die Deutschen in Deutschland gilt, sollte für die Österreicher in Österreich auch gelten.
Für mich gibt es aber ein weiteres wichtiges Thema, bei dem uns viele Gelder vorenthalten bleiben: Bei Verkehrsstrafen von ausländischen Lenkern sollte man, anstelle der Verfolgung des Lenkers, den Fahrzeughalter bestrafen – so wie es bei Anonymverfügungen gemacht wird. Und wenn der Fahrzeughalter nicht zahlt, bekommt er höhere Strafen angedroht, wenn er wieder nach Österreich fährt und erwischt wird. Da würde man sehr viele Strafeinnahmen lukrieren.

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